Deutscher Gewerkschaftsbund

31.08.2016
Umgang mit der AfD

Gegen eine Politik der Angst und Spaltung

einblick 14/2016

Seit ihrem Parteitag 2015 ist die AfD auf einem stramm rechten Kurs. Der Rechtsextremismus-Experte Fabian Virchow analysiert den Strategiewechsel und zeigt, was man den Positionen der AfD entgegenhalten kann.

Malerei von Kindern auf Wand: Kinder mit Flaggen unterschiedlicher Länder Hand in Hand

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In den letzten Wochen stand die AfD aus zwei Gründen im Rampenlicht: Vor laufenden Kameras lieferten sich die Parteispitzen Frauke Petry und Jörg Meuthen ein Scharmützel über die Frage, wer in der Partei das Sagen hat und wer die Partei in den Bundestagswahlkampf 2017 führen wird. Auslöser war die Spaltung der AfD-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg.

Zum anderen beschäftigte sich die Berichterstattung ausgiebig mit den anhaltend hohen Umfragewerten der AfD, obwohl die Partei sich hartnäckig weigert, eine klare Abgrenzung nach Rechtsaußen vorzunehmen. Auch die inhumanen Forderungen aus der AfD-Führung, Schusswaffen gegen Schutzsuchende einzusetzen oder die Annäherung an extrem rechte Parteien wie den Front National (Frankreich) und die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) hatten keinen Einfluss auf die Umfrageergebnisse.

Die AfD setzt stark auf eine Politik der Angst und der rassistischen Ausgrenzung.

Um den politischen Wandel zu verstehen, muss man einen Blick in die jüngere Historie der AfD werfen. Als die Partei im Februar 2013 gegründet wurde, hatte sie einen starken marktradikalen Flügel, der auch im Vorstand prominent vertreten war. Ein zentraler Meilenstein auf dem Weg nach rechts war der Parteitag in Essen Anfang Juli 2015. Dort wurde der damalige Vorsitzende Bernd Lucke durch das Duo Petry und Meuthen ersetzt und die Rechtsdrift der Partei damit auch personell besiegelt. Die nationalistische Kritik an der EU und am Euro ist in den Hintergrund getreten. Die AfD setzt seitdem – angesichts der Ankunft einer großen Zahl schutzsuchender Menschen in Deutschland – stark auf eine Politik der Angst und der rassistischen Ausgrenzung.

Foto Fabian Virchow

Fabian Virchow, 56, ist Professor im Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften der Hochschule Düsseldorf. Seine Forschungsschwerpunkte sind Rechtsextremismus udn Neonazismus. Foto: privat

Sie nimmt dabei auf Befürchtungen und Vorurteile in Teilen der Bevölkerung Bezug, die Zuwanderung skeptisch oder ablehnend gegenüberstehen. Die AfD setzt vor allem auf ein einseitiges und negatives Bild des Islam. Zudem bedient die AfD eine Klientel, die traditionelle Familienmodelle als gesellschaftliche Norm durchsetzen wollen. Die Partei inszeniert sich als Gegenstimme zu den „Alt-Parteien“. Den meisten Wählerinnen und Wählern ist dabei die Programmatik der AfD im Detail unbekannt. Ihnen genügt das öffentliche Bild, das über die AfD im Umlauf ist: gegen Einwanderung, gegen den Islam, gegen die EU. Die AfD stellt die deutsche Bevölkerung als Opfer und Benachteiligte dar, die angeblich von politischer Mitwirkung ausgeschlossen sind und die Folgen politischer Entscheidungen finanzieren soll.

Tatsächlich sind mit Migrationsbewegungen größeren Ausmaßes zahlreiche Herausforderungen verbunden – beispielsweise, wenn es darum geht, die Geflüchteten menschenwürdig und sicher unterzubringen oder ihre gesellschaftliche Integration zu organisieren. Ohne Zweifel gibt es Beschäftigte und Erwerbslose in erheblicher Zahl, die jeden Monat erneut darum kämpfen, einigermaßen über die Runden zu kommen. Sie fragen angesichts ihrer eigenen schwierigen ökonomischen Lage vielfach zu Recht, ob sich durch die notwendigen finanziellen Aufwendungen, um die Geflüchteten zu unterstützen, ihre eigene Situation weiter verschlechtert.

Auf all diese Herausforderungen ist die AfD aber keine Antwort – das muss in allen Diskussionen deutlich gemacht werden: Wirtschafts- und sozialpolitisch dominiert weiterhin eine marktradikale Sichtweise, die die Reichen entlasten und die Daseinsfürsorge weiter privatisieren will. Wenn in der Partei vereinzelt vom Mindestlohn gesprochen wird, ist dies lediglich ein falsches Aushängeschild einer angeblich „sozialen Seite“ der AfD.

Wirtschafts- und sozialpolitisch dominiert weiterhin eine marktradikale Sichtweise, die die Reichen entlasten und die Daseinsfürsorge weiter privatisieren will.

Einfluss gewonnen hat zudem die Strömung um Björn Höcke. Kräfte in der AfD werden einflussreicher, die einen völkischen Nationalismus vertreten. Ihr Ziel ist eine grundsätzliche Umgestaltung der Gesellschaft. Ein gleichberechtigtes Miteinander von Menschen, die in Deutschland aufgewachsen sind, und jenen, die eingewandert sind, wird grundsätzlich ausgeschlossen. Dieser völkische Nationalismus zielt auf die Entrechtung eines erheblichen Teils der in Deutschland lebenden Menschen.

Er steht damit fundamental den gewerkschaftlichen Grundsätzen entgegen. Gewerkschaften haben in den Betrieben und Verwaltungen stets gegen eine Spaltung in „Deutsche“ und „Ausländer“ gekämpft. Vielmehr haben sie sich für Teilhabe und Integration eingesetzt, etwa für ein kommunales Wahlrecht von MigrantInnen. Diese solidarische Haltung gilt es in der Auseinandersetzung mit der AfD und ihrer Politik der Angst und Spaltung zu verteidigen.

Zur detaillierten Analyse von Fabian Virchow auf GEGENBLENDE - dem DGB-Debattenportal


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