Deutscher Gewerkschaftsbund

04.12.2014
Themenschwerpunkt Arbeitszeitgestaltung

DGB-Index Gute Arbeit 2014: Schlechte Noten wegen Zeitdruck und Arbeitshetze

Knapp 60 Prozent der Beschäftigten in Deutschland arbeiten länger als in ihrem Arbeitsvertrag vereinbart. Und jede/r vierte Beschäftigte leistet pro Woche mehr als fünf Überstunden. Dies sind einige der zentralen Befunde des DGB-Index Gute Arbeit Report 2014, der sich mit dem Themenschwerpunkt Arbeitszeitgestaltung befasst. Die langen Arbeitszeiten vieler Vollzeitbeschäftigter entsprechen in der Regel nicht dem Wunsch der Beschäftigten: Zwei Drittel würden ihre Arbeitszeit gerne reduzieren.

Im Rahmen der Repräsentativumfrage DGB-Index 2014 wurden 5823 abhängig Beschäftigte danach gefragt, welche Möglichkeiten sie haben, auf die Gestaltung ihrer Arbeitszeit Einfluss zu nehmen. Dabei zeigt sich eine sehr ungleiche Verteilung von Gestaltungsoptionen. Auffällig ist, dass Beschäftigte mit größerer Arbeitszeitsouveränität im Durchschnitt einem geringeren Zeitdruck ausgesetzt sind als diejenigen, die nur einen geringen oder gar keinen Einfluss auf die Arbeitszeitgestaltung haben.

Verlässliche/Unverlässliche Vereinbarungen

38 Prozent der Beschäftigten sind bei einem Arbeitgeber angestellt, der sich tatsächlich an die im Arbeitsvertrag vereinbarte Länge der Arbeitszeit hält. Institut DGB-Index Gute Arbeit

Aus Sicht der Beschäftigten lassen sich viele Arbeitgeber von ihren Angestellten subventionieren, indem sie Überstunden finanziell nicht abgelten. Insgesamt 49 Prozent der ArbeitnehmerInnen sind der Meinung, dass ihr Einkommen ihren Leistungen gar nicht (11 Prozent) oder nur in geringem Maße (38 Prozent) gerecht wird.  Von den Beschäftigten, die länger als vertraglich vereinbart arbeiten, sagen 24 Prozent, dass sie sehr häufig oder oft unbezahlte Arbeit leisten, weitere 26 Prozent, dass sie es selten tun.

Mehr Möglichkeiten mit Betriebs- und Personlarat

Wo Betriebs- und Personalräte wirken, können Beschäftigte mehr Einfluss auf die Gestaltung ihrer Arbeitszeit nehmen: So können 22 Prozent der Beschäftigten in Betrieben mit Betriebs- oder Personalrat ihre Arbeitszeiten für einige Wochen verkürzen, nur 14 Prozent sind es dagegen im betriebsratslosen Unternehmen. 42 Prozent der ArbeitnehmerInnen, die von einem Personal- oder Betriebsrat vertreten werden, haben große Spielräume bei Arbeitsbeginn und -ende. In Betrieben ohne Interessenvertretung haben nur 26 Prozent der Beschäftigten solche Einflussmöglichkeiten.

Mehr Druck bei mehr Freiheit?

Auch das gibt es: Wo Beschäftigte ihre Arbeit in hohem oder sehr hohem Maße selbstständig planen und einteilen können, sie aber wenig andere Einflussmöglichkeiten haben, liegt der Anteil der gehetzt Arbeitenden mit 64 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt (56 Prozent) für alle Beschäftigten.

Mehr Möglichkeiten, kurzfristig freizunehmen - weniger Arbeitshetze

Je größer die Möglichkeiten der Beschäftigten sind, sich kurzfristig einen arbeitsfreien Tag zu nehmen, desto geringer ist unter ihnen der Anteil der gehetzt Arbeitenden. Institut DGB-Index Gute Arbeit

Je weniger die Beschäftigten über ihre Pausenzeiten selbst bestimmen können, desto weniger fühlen sie sich von ihren Vorgesetzen wertgeschätzt. Der DGB-Index offenbart eine große Spanne: Von den Beschäftigten ganz ohne Einfluss auf Pausenregelungen sehen sich 44 Prozent nicht oder kaum wertgeschätzt. Beschäftigte mit sehr hohen Spielräumen in Sachen Erholungszeiten fühlen sich dagegen nur 22 Prozent nicht oder kaum wertgeschätzt.

Mehr Stress und Zeitdruck durch ständige Erreichbarkeit

Auf die Frage "Wie häufig wird von Ihnen erwartet, dass Sie außerhalb Ihrer normalen Arbeitszeit z.B. per Mail oder per Telefon, für Ihre Arbeit erreichbar sind?" antworteten insgesamt 23 Prozent der Befragten "sehr häufig" (12 Prozent) oder "oft" (11 Prozent).  Beschäftigte, die auch außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit häufig für betriebliche Belange erreichbar sein müssen, sehen sich insgesamt überdurchschnittlich stark der Arbeitshetze und Zeitdruck ausgesetzt. Mehr als die Hälfte der Befragten haben sogar den Eindruck, dass sie in hohem (15 Prozent) und sehr hohem (36 Prozent) Maß mehr Arbeit in der gleichen Zeit als vorher schaffen mussten.

Der Jahresreport des DGB-Index Gute Arbeit zeigt: Wo die Arbeitszeiten häufig vom Arbeitgeber - vor allem kurzfristig - verändert werden, sind Arbeitshetze und ein Mangel an Wertschätzung überdurchschnittlich stark verbreitet. 50 Prozent der ArbeitnehmerInnen, deren Arbeitszeiten sehr häufig oder oft geändert werden, fühlen sich nicht oder nur in geringem Maß von ihren Vorgesetzten wertgeschätzt.

Arbeitsqualität in Deutschland: Schlecht bei Einkommen und Arbeitsintensität

Wie die Beschäftigten die Arbeitsbedingungen in Deutschland beurteilen, zeigt die Repäsentativumfrage des DGB-Index Gute Arbeit. Befragt nach Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, Betriebskultur, Sinn der Arbeit, Arbeitszeitlage, Arbeitsintensität und Einkommen fällt das Urteil der Beschäftigten über die Arbeitsbedingungen unter den Kriterien der Arbeitsintensität und des Einkommens schlecht aus, gut steht es nur um den Sinn der Arbeit. Die Gesamtarbeitsqualität liegt im unteren Mittelfeld.

DGB-Index Gute Arbeit 2014 - Das Ergebnis nach Kriterien der Arbeitsqualität

Institut DGB-Index Gute Arbeit

Auf der Web-Seite des Instituts DGB-Index Gute Arbeit finden Sie alle Ergebnisse der Umfrage und detaillierte Informationen zum Jahresreport 2014 .

Der Report zum Download:


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DGB-Index Gute Arbeit - Der Report 2014

Dokument ist vom Typ application/pdf.

Wie die Beschäftigten die Arbeitsbedingungen in Deutschland beurteilen