Deutscher Gewerkschaftsbund

04.06.2018
Internationale Themen auf dem 21. Ordentlichen DGB-Bundeskongress:

„Ein starkes soziales Europa für eine faire Globalisierung“

Berlin ist immer eine Reise wert. Insbesondere, wenn der Deutsche Gewerkschaftsbund Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter aus aller Welt einlädt, an den Debatten auf seinen Bundeskongressen teilzuhaben. Zum 21. Ordentlichen Bundeskongress (13.-17.5.2018) kamen gleich 145 internationale Gäste aus vier Kontinenten, darunter auch viele Sozialreferent*innen an deutschen Auslandsvertretungen sowie ein Jahres-Lehrgang von Studierenden der Global Labour University in Berlin. Die internationalen Gäste verfolgten einen hervorragend organisierten Kongress, der von durchgehend konstruktiv-kritischen Debatten geprägt war.

Fahnenmasten mit Flaggen diverser Staaten

Colourbox.de

Der DGB-Vorsitzende forderte in seiner Grundsatzrede eine „faire Globalisierung“: „Auch für die Globalisierungspolitik muss gelten: Solidarität statt Spaltung! Nur so können wir dem aufkommenden Nationalismus wirksam begegnen. Eine faire Globalisierung - das heißt für uns: Internationale Arbeits-, Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards regulieren das Geschehen auf den Kapital-, Güter- und Dienstleistungsmärkten – und diese Standards werden weiterentwickelt und besser durchgesetzt.“ Mit ihrem neoliberalen Kurs habe sich die Globalisierung selbst in die Sackgasse manövriert.

Zu einer fairen Globalisierung gehöre dringend ein Kurswechsel in Europa, das seine Rolle als soziales Referenzmodell wiederherstellt: „Wir wollen, dass Schluss ist mit Lohn- und Sozialdumping und der Deregulierung nationaler Schutzvorschriften im Sozial- und Arbeitsrecht – ebenso wie mit der Demontage unserer Unternehmensmitbestimmung. Wir wollen ein soziales Fortschrittsprotokoll, das Arbeitnehmerrechten und dem Sozialschutz Vorrang vor den Binnenmarktfreiheiten einräumt.“

Überhaupt kamen internationale Themen anders als auf DGB-Kongressen der Vergangenheit zur Sprache, als im Wesentlichen Grußworte von EGB, IGB und ILO verlesen wurden. Mit einem runden Tisch zum Thema „Ein starkes soziales Europa für eine faire Globalisierung“ nahm das soziale Europa einen wichtigen Platz im Programm des DGB-Bundeskongresses ein. Zum ersten Mal war ein französischer Gewerkschaftsführer eingeladen, vor dem Kongress zu sprechen. Laurent Berger, Generalsekretär der CFDT, forderte in einem flammenden Plädoyer die Gewerkschaften dazu auf, ihre Rolle als Beobachter und Kommentatoren aufgeben und im Kontext technologischer und klimatischer Veränderungen zu einer gestaltenden Kraft zu werden. „Europa ist eine Chance“, wiederholte Berger unter Applaus in seinem Impulsreferat, „es muss Garant für soziale Gerechtigkeit in der Welt sein“. Berger betonte die Rolle des "deutsch-französischen Motors" für den europäischen Fortschritt und das europäische Friedensprojekt. "Das müssen wir den Regierungen noch mal sagen", so der CFDT-Vorsitzende. Die Generalsekretärin des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) Sharan Burrow hob hervor: "Ein soziales Europa ist nicht nur wichtig für Europa, es ist wichtig für die ganze Welt." Sie forderte eine ILO-Konvention für internationale Liefer- und Wertschöpfungsketten, um die Würde der Arbeit weltweit wieder herzustellen.

Darüber hinaus konnte der runde Tisch den Delegierten aus der Praxis darlegen, wie Europäische Betriebsräte zur Schaffung von sozialen Normen auf europäischer Ebene beitragen können – dies untermauerten Albert Kruft (IGBCE), Sekretär des EBR von Solvay, mit Blick auf die neueste Charta zur Anerkennung der Fähigkeiten von Arbeitnehmervertretern oder auch Bianca Cuciniello (UIL, Italien), stellvertretende Sekretärin des EBR von Groupama, einem französischen Versicherungskonzern, die auf eine Charta über die Digitalisierung hinwies, die in Kürze zwischen Unternehmensleitung und EBR unterzeichnet wird. Ausgegangen wird von der Vorstellung, dass das soziale Europa auf vielen verschiedenen Ebenen konstruiert und gestaltet wird und dabei die Unternehmensebene nicht vernachlässigt werden darf. Albert Kruft erinnerte zudem daran, dass soziale Fortschritte nicht nur mit der deutschen Mitbestimmung erreicht werden, man könne auch von den Nachbarländern lernen. Peter Scherrer, stellvertretender Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB), forderte die Kongressteilnehmer ebenfalls dazu auf, EBRs als ein nützliches Werkzeug zur Beteiligung und Demokratisierung in den Unternehmen zu sehen.  Ferner rief er zusammen mit Laurent Berger die deutsche und die französische Regierung auf, in die Stärkung des sozialen Europas zu investieren, denn es sei „nicht nur wichtig für Europa, es ist wichtig für die ganze Welt“, betonte Sharan Burrow, Generalsekretärin des Internationalen Gewerkschaftsbundes.

Eine eigens für die internationalen Gäste in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung veranstaltete halbtägige Konferenz bot darüber hinaus die Gelegenheit, zu zwei Themen miteinander ins Gespräch zu kommen: Arbeit der Zukunft und das FES-Projekt „Gewerkschaften in Transformation“, wo erfolgreiche Fälle gewerkschaftsorganisatorischen Wandels vorgestellt und diskutiert wurden.

von Andreas Botsch (DGB)und Frédéric Turlan, Industrial Relations Share*

*www.irshare.eu/de/abonnieren-sie-den-ir-notes-_54.html


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