Deutscher Gewerkschaftsbund

04.06.2018

Faire Mode nur mit Guter Arbeit

Vor fünf Jahre, am 24. April 2013, stürzte das sogenannte Rana-Plaza Gebäude in Sabhar in Bangladesch in sich zusammen. Dabei wurden 1.135 Arbeiterinnen und Arbeiter getötet und über 2.400 Menschen verletzt. Diese Katastrophe war der Höhepunkt von vielen vorher gegangenen Bränden und Einstürzen. Sie öffnete der breiten Öffentlichkeit die Augen für die Missstände in der Textilindustrie, die nicht nur den Zustand der Gebäude betraf, sondern auch die Arbeitsbedingungen. Arbeit in der Textilindustrie ist oft geprägt von schlechter Bezahlung, überlangen Arbeitszeiten, schlechtem Arbeits- und Gesundheitsschutz und Unterdrückung von Arbeiterinnen und Arbeitern, die sich zu Gewerkschaften zusammenschließen wollen.

Asiatische Frauen arbeiten an Nähmaschinen in Textilfabrik

DGB/hxdbzxy/123rf.com

Rana-Plaza offenbarte auch ein Geschäftsmodell, das ein hohes Risiko von Verletzungen grundlegenden Rechte von Menschen beinhaltet, die entlang der textilen Lieferkette arbeiten. Schätzungsweise 60 Millionen Menschen arbeiten in der Textilindustrie und es stellt sich die drängende Frage, wer für die Einhaltung der Rechte von diesen Menschen Verantwortung trägt.

Deutschland hat den größten Textilmarkt in Europa mit einem Umsatz von 31 Milliarden EURO. Die meisten deutschen Textilhersteller und Textilhandelshäuser lassen in Asien, der Türkei, Osteuropa und zunehmend auch in Afrika produzieren. Mit diesem Umsatzvolumen tragen auch diese Firmen Verantwortung für die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in der textilen Wertschöpfungskette.

Dies war der Grund für den Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, im Herbst 2014 das Bündnis für nachhaltige Textilien, kurz Textilbündnis, zu initiieren. Damit sollten die sozialen und ökologischen Produktionsbedingungen in der globalen Textilproduktion nachhaltig verbessert werden.

Das Textilbündnis ist eine Multi-Akteurs-Partnerschaft bestehend aus den fünf Anspruchsgruppen Wirtschaft, Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Standardorganisationen und Bundesregierung und garantiert damit eine heftige Diskussionskultur über die Ziele und Arbeitsweise des Textilbündnisses. Das Textilbündnis umfasst rund 150 Mitglieder. Die Wirtschaft ist durch rund 100 Mitgliedsunternehmen vertreten und repräsentiert knapp über 50% des Textilmarktes in Deutschland.

Es liegt in der Natur von Multi-Akteurs-Partnerschaften, dass die aufeinandertreffenden unterschiedlichen Interessen und Denkweisen zu Konflikten führen, die eine Konsensfindung nicht immer leicht machen. So gab es zu Beginn des Textilbündnisses heftige Auseinandersetzungen über Themen der gewerkschaftlichen Präsenz in Unternehmen oder dem Thema existenzsichernde Löhne. Dennoch gelang es Standards zu formulieren, die nicht auf dem Niveau der ILO-Kernarbeitsnormen verharrten, sondern darüber hinausgingen. Bei der Verfolgung der gesetzten Ziele bei den Sozialstandards, bei Chemikalien- und Umweltmanagement sowie Naturfasern, setzen die Mitglieder des Textilbündnisses auf ihre individuelle Verantwortung, gemeinsames Engagement und gegenseitige Unterstützung.

Ende 2016 konnte mit der konkreten Umsetzung der Bündnisziele begonnen werden. Im Sinne der prozesshaften Verbindlichkeit sind seitdem alle Mitglieder verpflichtet, jährlich individuelle Umsetzungspläne zu erstellen und nach Ablauf des Jahres einen Fortschrittsbericht vorzulegen. Ab diesem Jahr werden die Umsetzungspläne veröffentlicht und ab dem nächsten Jahr auch die Fortschrittsberichte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Dem Textilbündnis stehen in nächster Zukunft größere Herausforderungen bevor. Es muss beweisen, dass sich etwas spürbar zum Guten verbessert in der globalen textilen Wertschöpfungskette. Als eine Priorität für dieses und nächstes Jahr hat sich das Bündnis die Erreichung existenzsichernder Löhne vorgenommen. Dabei wird es darum gehen, ob es gelingt in den textilproduzierenden Ländern die Löhne stärker anzuheben, als es die Mindestlohnpolitik der Länder zulässt. Aus Sicht aller Akteure wären tarifvertraglich ausgehandelte Löhne der beste Weg, die Einkommen positiv anzuheben. Bereits jetzt gibt es eine Initiative von 16 weltweit operierenden Textilmarken gemeinsam mit industriALL, die Akteure in asiatischen Ländern zu motivieren durch flächendeckende Tarifverträge die Lohnsteigerungen zu vereinbaren. Für viele Länder ist dies Neuland. Die Initiative nennt sich ACT und hat eine Kooperationsvereinbarung mit dem Textilbündnis geschlossen, um bei diesem Thema gemeinsam vorzugehen.

Für den DGB war der Eintritt in das Textilbündnis nicht ohne Widersprüche. Natürlich wären gesetzliche Regelungen, z.B. zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen für die Einhaltung von Menschenrechten, der beste Weg Unternehmen bei der Einhaltung sozialer Rechte in die Pflicht zu nehmen. Aber nach Rana Plaza war klar, dass nicht mehr gewartet werden kann, bis sich Gesetzgeber in Berlin oder sogar Brüssel aufmachen.

In der Zwischenzeit gilt das Textilbündnis als ein gelungener Branchendialog, der zudem mit einer Art freiwilliger Verbindlichkeit die Sorgfaltspflichten abverlangt. Nichtsdestotrotz ist eine gesetzliche Regelung notwendig, um auch die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen, die nicht bereit sind in diesem Bündnis mitzuwirken.

Frank Zach (DGB)


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