Deutscher Gewerkschaftsbund

14.03.2018

Ist die internationale Gewerkschaftsbewegung zukunftsfähig?

Gewerkschaften sind die Interessenvertretung eines breiten Spektrums der arbeitenden Mittelschicht und in der einzigartigen Position einer institutionalisierten und gleichzeitig kritischen Gegenstimme zum Wirtschaftsgefüge und zu konservativen Politikforen. Jedoch stellen viele der heutigen Trends sowohl die deutsche wie auch die internationale Gewerkschaftsbewegung vor Herausforderungen.

Europäische Flagge auf einer Mauer mit Schatten einer Menschenkette

DGB/lightwise/123RF.com

Längst ist Normensetzung für die Welt der Arbeit auch international und wird zunehmend von internationalen Organisationen und Institutionen, bi- und multilateralen Abkommen und nicht zuletzt von multinationalen Unternehmen beeinflusst. Gleichzeitig nimmt die Geschwindigkeit zu, mit der politische Antworten gefunden werden müssen. Während die Nachwirkungen der Finanzkrise vielen Volkswirtschaften, Arbeitsmärkten und Sozialsystemen nach wie vor in den Knochen steckt, schüren neue Entwicklungen wie zunehmende Migration, Klimawandel und Automatisierung Zukunfts- und Existenzängste in der Bevölkerung. Die Ideen- und Mutlosigkeit der großen Volksparteien hat ihr Übriges dazu beigetragen, dass nationalistische Gruppierungen und Parteien Zulauf erfahren. Der Zusammenhalt zwischen den westlichen Demokratien und die Akzeptanz des multilateralen Systems sind am Bröckeln.

Internationale Gewerkschaftsarbeit muss begeistern, nicht diktieren

In diesem Kontext ist die Arbeit der internationalen Gewerkschaftsstrukturen heute wichtiger denn je. Allerdings müssen die internationalen Gewerkschaftsorganisationen, allen voran der Internationale Gewerkschaftsbund und die Globalen Gewerkschaftsföderationen demokratische Werte leben, wollen sie diese glaubwürdig und wirksam verteidigen. Dazu müssen sie im demokratischen Dialog auf Augenhöhe gemeinsam mit den nationalen Mitgliedsorganisationen Positionen erarbeiten, die Strategien gegen diese Existenzängste adressieren. Das Gefüge von lokaler, sektoraler, nationaler, regionaler und internationaler Gewerkschaftsarbeit ist dabei nicht als Hierarchie, sondern als Arbeitsteilung zu verstehen, die Kooperation erfordert. Die schnelle und flexible Erarbeitung von Lösungen setzte eine klare Benennung von Kompetenzen und Prozessen voraus. Nur wenn sich Mitglieder und ihre Organisationen mitgenommen fühlen, kann eine gegenseitige Unterstützung erfolgen und Einheit und damit Stärke erreicht werden – das ist bei einer Streikabstimmung genauso der Fall wie bei internationalen Aktionen und Positionen. Sie muss begeistern nicht diktieren.

Die Einigung auf Positionen zur Verbesserung der Arbeitnehmerinteressen setzt allerdings voraus, dass alle nationalen Mitglieder ebenfalls demokratische Werte teilen und im kritischen Austausch mit ihren jeweiligen Regierungen stehen. Nur im Konsens von unabhängigen und demokratisch legitimierten Gewerkschaften kann eine politische Lähmung der Gewerkschaftsorganisationen bis hin zum Zerfall verhindert werden.

Stärke durch Einheit, nicht durch Gleichheit

Gleichzeitig muss auf internationaler Ebene den nationalen und regionalen Besonderheiten Rechnung getragen werden. Gewerkschaft bedeutet Stärke durch Einheit und nicht durch Gleichheit. Nur wenn organisationsspezifische Unterschiede in Struktur und Prioritätensetzung auch bei der internationalen Gewerkschaftsarbeit Berücksichtigung finden, kann ein demokratischer Dialog und effektive Partizipation erreicht werden.

Daneben steht die Herausforderung, den Fokus inhaltlich auf das Wesentliche zu beschränken. Das Mandat für international agierende Gewerkschaftsbünde ist, Arbeitnehmerinteressen über Landesgrenzen hinweg zu repräsentieren und zu stärken. Dieser Fokus muss durchgehalten werden, will man mit begrenzten Ressourcen die Gewerkschaftsinteressen global vorantreiben.

Die vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit beinhalten das Potential, internationale Gewerkschaftsarbeit zu stärken - vorausgesetzt es gelingt, die internationale Gewerkschaftsstruktur zu erneuern und die Prinzipien demokratischer Gesellschaften auch im internen Diskurs zu stärken. Der Internationale Gewerkschaftsbund hält vom 2.-7. Dezember diesen Jahres seinen vierten Weltkongress in Kopenhagen ab. Bis dahin gibt es, gerade in Hinblick auf die Ausführungen oben, noch eine Menge Arbeit zu tun.

Von Carolin Vollmann (DGB)


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