Eine neue Ordnung der Arbeit fordert der DGB angesichts der zunehmenden Spaltung des Arbeitsmarktes, der Ausweitung von prekärer Arbeit, Niedriglöhnen und miesen Arbeitsbedingungen. Jetzt sind die Parteien gefordert, Politik wieder für die ArbeitnehmerInnen zu machen.
„Wir brauchen eine neue Ordnung der Arbeit, weil der deutsche Arbeitsmarkt tief gespalten ist nach drei Jahrzehnten neoliberaler Deregulierung und Abbau von Arbeitnehmerrechten“, forderte DGB-Vorsitzender Michael Sommer bei der gemeinsamen Tagung unter dem Titel ‚Konturen einer Neuen Ordnung der Arbeit’ von DGB und Hans-Böckler-Stiftung am 29. Mai in Berlin. Betriebs- und Personalräte, VertreterInnen aus Politik und Wissenschaft diskutierten über die Herausforderungen einer Neuordnung des Arbeitsmarktes.
DGB/Simone M.Neumann
Zwar hat die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze zu- und die Arbeitslosigkeit abgenommen. Aber Niedriglöhne und prekäre Beschäftigungsverhältnisse verbreiten sich immer mehr. Deutschland hat inzwischen den größten Niedriglohnsektor in Europa. „Mit Niedriglöhnen nimmt die Erwerbsarmut zu und mit ihr die Altersarmut. Welche Langfristfolgen das haben wird, können wir heute nur erahnen“, warnte Michael Sommer.
Leiharbeit, Werkverträge, Minijobs oder befristete Arbeitsverhältnisse sind Synonyme für schlecht bezahlte Arbeit und oftmals miese Arbeitsbedingungen. Scharfe Kritik übte der DGB-Vorsitzende an der hohen Zahl so genannter Aufstocker: „Es ist schon eine perfide Strategie mancher Arbeitgeber, die Leute so schlecht zu bezahlen, dass der Lohn auch bei Vollzeit nicht mehr zum Leben reicht.“
DGB/Simone M. Neumann
Auch bei den so genannten Normalarbeitsverhältnissen, also regulärer, unbefristeter Beschäftigung, nehmen die Probleme zu. „Auch hier wächst die Unsicherheit zum Beispiel durch Umstrukturierungen, Arbeitsplatzabbau und Tarifflucht“, sagte Michael Sommer. Arbeitsdruck und die Leistungsverdichtung steigen, gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen wie ständige Erreichbarkeit, Überstunden, Nacht- und Schichtarbeit werden nicht oder nur halbherzig bekämpft.
Um die Arbeit neu zu ordnen, braucht es starke Tarifpartner sowie Betriebs- und Personalräte. Die Tarifbindung und die Mitbestimmung müssen gestärkt werden. „Die Sozialpartner können viel und leisten noch viel mehr. Aber sie können nicht allein reparieren, was die Politik zerstört hat“, sagte Michael Sommer. Die Wirkungsmöglichkeit der Sozialpartner bleibt begrenzt, wenn es nicht gelingt, die Geltung von Tarifverträgen und die Tarifbindung wieder zu stärken.
Den politischen Entscheidungsträgern warf der DGB-Vorsitzende vor, dass sie die „schützenden Deiche eingerissen und den Arbeitsmarkt mit Befristungen, Minijobbern, Solo-Selbständigen und Hartz-IV-Aufstockern geflutet haben“. Politische Entscheidungen seien maßgeblich verantwortlich „für den verwahrlosten Zustand auf dem Arbeitsmarkt“. „Darum steht an allererster Stelle die Politik in der Pflicht, für eine neue Ordnung der Arbeit zu sorgen“, erklärte Michael Sommer.
Neue Regeln braucht es für:
„Nachdem man sich jahrzehntelang an den Bedürfnissen des Marktes orientiert hat, ist es an der Zeit, sich den Bedürfnissen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zuzuwenden“ forderte Michael Sommer.
Die Gewerkschaften erwarten von den Parteien im Bundestagswahlkampf, dass sie das Thema Ordnung der Arbeit im Interesse der vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer Familien in den Mittelpunkt stellen: „Wir wollen einen Politikwechsel hin zu Guter Arbeit“, machte Sommer deutlich.
Die Rede von Michael Sommer zum Download:
Rede des DGB-Vorsitzenden Michael Sommer auf der Tagung von WSI und DGB am 29. Mai 2013 in Berlin
Dokumentation der gemeinsamen Tagung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung und des DGB am 29. Mai 2013 in Berlin