Immer mehr Städte und Gemeinden wollen durch digitale Angebote effizienter, technologisch fortschrittlicher, grüner oder sozial inklusiver werden. Aber wie sind E-Scooterverleih per App, Chatbots für Verwaltungen oder smarte Verkehrslenkung aus gewerkschaftlicher Sicht zu bewerten? Der Smart-O-Meter des DGB soll dabei helfen, Smart City-Vorhaben besser einschätzen zu können. Anhand von Fragen aus den vier Themenblöcken „Gemeingut“, „Teil-habe und Demokratie“, „Gute Arbeit“ sowie „Datensouveränität, Transparenz und Sicherheit“ erfahren Nutzer*innen, welche Kriterien für eine Bewertung von Smart-Cities aus gewerkschaftlicher Sicht eine Rolle spielen und wie digitale Angebote einer Stadt oder Kommune zu bewerten sind.
Gerade in den letzten Jahren haben die Smart City-Initiativen vieler deutscher Städte und Kommunen zugenommen. Das liegt auch an den Förderprogrammen der Bundesregierung. Seit 2019 unterstützt das Wirtschaftsministerium sogenannte „Modellprojekte“ in 74 Regionen mit einem Fördervolumen von 820 Millionen Euro[1]. Smart Cities kann man als Städte bezeichnen, die durch Digitalisierung und Vernetzung, intelligente Lösungen für ganz unterschiedliche Bereiche der Stadtentwicklung wie Infrastruktur, Gebäude, Mobilität, Dienstleistungen oder Sicherheit bereitstellen[2]. Dabei gibt es verschiedene Leitvorstellungen, was eine Smart City leisten soll. Die Bedürfnisse der Verbraucher*innen sollen besser befriedigt werden. Wirtschaftsverbände sprechen gerne von einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Städte. Aus Nachhaltigkeitsperspektive steht die Energie- und Ressourceneffizienz von Gebäuden oder im Verkehr im Vordergrund. Aber auch die Verwaltung soll durch Smart City-Vorhaben leistungsfähiger werden oder die soziale Teilhabe der Bevölkerung verbessert werden.
Aus gewerkschaftlicher Sicht geht es vor allem darum, die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen in den Blick zu nehmen. Smart City-Vorhaben sollten sich immer an den realen Bedürfnissen vor Ort und am Gemeinwohl orientieren, egal ob es sich um ein digitales Ticketsystem im ÖPNV oder eine smarte Logistik handelt. Dabei müssen Gute Arbeit, ein barrierefreier Zugang zu den Angeboten und ein angemessener Datenschutz im Mittelpunkt stehen. Zudem geht es um eine bessere Beteiligung der Zivilgesellschaft und um mehr Mitbestimmung für die Beschäftigung. Und nicht zuletzt um Produkte und Lösungen, die lokal entwickelt und zur Marktreife gebracht werden und so die Wertschöpfung vor Ort stärken. In diesem Zusammenhang sprechen wir auch von einer sozialen Smart City, die auf ökonomisch und ökologisch dauerhaft tragfähige Wirtschaftsstrukturen abzielt.
Viel zu lange haben große Technologie-Unternehmen die öffentliche Debatte um Smart Cities bestimmt, deren Unternehmensstrategie nur selten dem Gemeinwohl dient. Ihnen geht es um ihre Produkte: Selbstfahrende Autos, Drohnen oder Apps, mit denen sich auch kommerziell nutzbare Daten sammeln lassen. Sie sind daran interessiert, ihre Produkte als Standards zu etablieren, um eine Monopolstellung mit möglichst hohen Gewinnen zu erreichen. Es besteht die Gefahr, dass klassische kommunale Dienstleistungen von Google, Amazon und Co. übernommen werden, die auf prekärer Arbeit und Datenmissbrauch beruhen und darüber hinaus nicht für alle Bürger*innen zugänglich sind.
Um digitale Angebote aus einer sozialen, gewerkschaftlichen Perspektive zu bewerten, hat der DGB den Smart-O-Meter entwickelt. Ein Tool, dass es möglich macht, die vor Ort geplanten oder bereits umgesetzten digitalen Anwendungen im Kontext von Smart Cities vom Deutschen Gewerkschaftsbund bewerten zu lassen. Mithilfe von verschiedenen Fragen zu den vier Themenbereichen „Gemeingut“, „Teilhabe und Demokratie“, „Gute Arbeit“ sowie „Datensouveränität, Transparenz und Sicherheit“ soll ein Verständnis für die gewerkschaftlichen Anforderungen vermittelt werden. Am Ende erhalten Nutzer*innen eine Übersicht, welche Kriterien positiv oder negativ zu bewerten sind, wo ggf. noch Informationen für eine Bewertung fehlen und eine kurze Erläuterung der gewerkschaftlichen Position. Wir hoffen, dass der Smart-O-Meter einen Beitrag dazu leistet, die digitalen Anwendungen vor Ort besser einzuschätzen und Anregungen für Verbesserungen zu geben. Viel Spaß beim Ausprobieren!
[1] vgl. BMWI (2021). 28 Modellprojekte Smart Cities für die dritte Staffel ausgewählt. in: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2021/07/smart-city.html
[2] vgl. Libbe, J. (2014). Orientierungen für kommunale Planung und Steuerung. Ein Handlungsleitfaden. in: https://difu.de/publikationen/2014/orientierungen-fuer-kommunale-planung-und-steuerung.