Vor 70 Jahren schlossen sich 16 Gewerkschaften zum DGB zusammen. Auf dem Gründungskongress waren 14 Frauen als Delegierte anwesend. Wir stellen einige von ihnen vor.
DGB
Im Oktober 1949 trafen sich GewerkschafterInnen aus ganz Deutschland in München, um den Deutschen Gewerkschaftsbund als Dachverband der deutschen Gewerkschaften zu gründen. Unter ihnen waren 14 Frauen, von denen viele sich schon vor der Nazi-Diktatur für die Arbeiterbewegung engagiert haben und teilweise auch im Widerstand aktiv waren. Mit dabei waren unter anderem Liesel Kipp-Kaule, Maria Weber, Ingeborg Tönnesen, Clara Sahlberg und Thea Harmuth. Viele von ihnen hatten später wichtige Funktionen im DGB oder den Mitgliedsgewerkschaften inne.
Liesel Kipp-Kaule
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Liesel Kipp-Kaule, 1906 - 1992, war gelernte Näherin und bis 1933 Betriebsrätin. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute sie die Gewerkschaft Textil-Bekleidung-Leder in der Britischen Zone mit auf. Ab 1946 war sie Gewerkschaftssekretärin und ab 1947 Sachbearbeiterin für Frauen und Jugend.
1947 wurde sie als einzige Frau in den Vorstand des DGB für die Britische Zone gewählt. Von 1949 bis 1963 war sie Mitglied im Hauptvorstand der Gewerkschaft Textil-Bekleidung für das gesamte Bundesgebiet und West-Berlin - sie wurde sechs mal wiedergewählt. Von 1949 bis 1965 war sie ebenfalls Mitglied des Bundestages (SPD), wo sie maßgeblich am Mutterschutzgesetz beteiligt war.
Thea Harmuth
DGB
Thea Harmuth, 1906 – 1956, begann bereits mit 15 eine Lehre als Stenotypistin und war seit 1922 Mitglied im Verband der weiblichen Handels- und Büroangestellten. 1925-26 besuchte sie die Akademie der Arbeit in Frankfurt am Main, anschließend war sie Frauensekretärin in mehreren Konsum- und Verbrauchergenossenschaften.
1934 ging sie nach München, um wieder als Stenotypistin zu arbeiten, da ihr die Gewerkschaftsarbeit unter den Nazis nicht möglich war. Harmuth wurde auf dem DGB-Gründungskongress 1949 als einzige Frau – mit 10 Kollegen – in den Geschäftsführenden Bundesvorstand (GBV) gewählt. Sie setzte sich gegen Liesel Kipp-Kaule durch. Sie blieb GBV-Mitglied und Leiterin der DGB-Abteilung „Frauen“ bis zu ihrem Tod am 10. Januar 1956.
Clara Sahlberg
DGB
Clara Sahlberg, 1890 – 1977, war gelernte Schneiderin und seit 1909 erst Bürohilfskraft, ab 1912 Gewerkschaftssekretärin beim Gewerkverein der Heimarbeiterinnen für Kleider- und Wäschekonfektion. Ab 1914 war sie dort Beisitzerin im Hauptvorstand.
Nach der Zerschlagung der Gewerkschaften durch die Nazis 1933 war sie zunächst arbeitslos. Dann arbeitete sie beim Arbeitsamt Berlin. Dort verhalf sie als Gegnerin des Regimes anderen Verfolgten zu „Unbedenklichkeitsbescheinigungen“. Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 half sie dem untergetauchten christlichen Gewerkschaftsführer und Widerstandskämpfer Jakob Kaiser und seiner Frau mit gefälschten Arbeitsbüchern und Lebensmittelkarten.
Nach Kriegsende wirkte Clara Sahlberg zunächst in der Ost-CDU und dem FDGB in der sowjetischen Zone. 1948 ging sie jedoch in den Westen und war dort bis zu ihrem Ruhestand 1955 für die ÖTV (heute ver.di) tätig.
Ingeborg Tönnesen
DGB
Ingeborg Tönnesen, 1912 – 2009, war ausgebildete Schneiderin und Krankenschwester. Seit 1928 engagierte sie sich gewerkschaftlich im Deutschen Bekleidungsarbeiterverband. Während ihrer Aktivitäten im gewerkschaftlichen Widerstand war sie während der Nazi-Diktatur ab 1936 im KZ Fuhlsbüttel inhaftiert. Nach Kriegsende meldete sie sich freiwillig als Krankenschwester im befreiten KZ Bergen-Belsen. Sie gründete mit anderen den „Bund freier Schwestern“ (Krankenschwestern).
1947 besuchte Tönnesen als Delegierte den Vereinigungsverbandstag der ÖTV (heute ver.di). 1948 übernahm sie den Vorsitz des Bundes freier Schwestern in der ÖTV in der britischen Besatzungszone und leitete das Frauendezernat der ÖTV in den Westzonen. Später repräsentierte sie die ÖTV im Bundesfrauenausschuss des DGB.
Maria Weber
DGB
Maria Weber, 1919 – 2002, wurde 1956 als Nachfolgerin von Thea Harmuth Mitglied im Geschäftsführenden Bundesvorstand des DGB und 1972 zur ersten weiblichen Vize-Vorsitzenden. Das Amt hatte sie bis 1982 inne.
Sie begann nach der Schule eine Schneiderlehre, die sie 1938 beendete. Ab 1939 arbeitete sie zunächst als Telefonistin, anschließend als Werkstoffprüferin in einem Großbetrieb. Ihren Wunsch, zu studieren, konnte sie nicht verwirklichen, obwohl sie durch Abendkurse versuchte, die erforderliche Zulassung zu erlangen.
Nach dem Krieg wurde sie Betriebsrätin und später stellvertretende Betriebsratsvorsitzende und trat der IG Chemie-Papier-Keramik (IG CPK) bei. 1947 und 1948 besuchte sie die Akademie der Arbeit in Frankfurt.
Sie wurde 1947 in den Zonenfrauenausschuss des DGB in der britischen Zone gewählt und arbeitete seit 1950 hauptamtlich für den DGB in Düsseldorf und war dortBetriebsratsvorsitzende.