Deutscher Gewerkschaftsbund

22.06.2019
DGB-Index Gute Arbeit

Wenn die Arbeit zum Knochenjob wird

Ständiges Sitzen, Lasten heben, Arbeiten über Kopf oder in der Hocke: Mehr als die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland muss oft in ungünstigen Körperhaltungen arbeiten, rund ein Drittel verrichtet regelmäßig körperlich schwere Arbeit. Daran hat auch die Digitalisierung nichts geändert.

Junge, gebückte Frau trägt großen Karton auf dem Rücken, Schriftwolke "Stress"

DGB/Ion Chiosea/123rf.com

Schwerarbeit ist keine Männersache

Auch in Zeiten fortschreitender Digitalisierung besteht der Alltag vieler Beschäftigten aus körperlich harter Arbeit. Das geht aus der bundesweiten repäsentativen Befragung zum DGB-Index Gute Arbeit hervor. Danach müssen 27 Prozent der Arbeitnehmerinnen und 33 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland sehr häufig oder oft körperlich schwere Arbeit leisten. Mehr als die Hälfte der Befragten arbeitet oft oder sehr oft in in ungünstigen Körperhaltungen.

Das gilt nicht nur Menschen, die in der Produktion oder auf dem Bau arbeiten. Auch in vielen Dienstleistungsbereichen ist die Arbeit körperlich belastend, in der Pflege zum Beispiel oder im Verkauf. Entsprechend sind Frauen fast genauso stark oder häufig belastet wie Männer: Über alle Branchen hinweg gesehen liegt der Anteil der Männer, die sehr häufig oder oft körperlich schwer arbeiten, bei 33 Prozent, bei den Frauen sind es 27 Prozent. In einigen Berufen sind Frauen jedoch sogar deutlich höher belastet als Männer. Dazu gehören unter anderem Sicherheits- und Reinigungsberufe, Berufe aus dem Bereich Erziehung, Soziales und Kultur oder Lehrberufe.

 

Tortendiagramm: Anteil der Beschäftigten, die körperlich schwer arbeiten

Tortendiagramm: Anteil der Beschäftigten, die in ungünstigen Körperhaltungen arbeiten

Diagamm: Berufsgrupperm ,oz dem höchsten Anteilen sehr häufig/oft körperlich schwer Arbeitender

Zusammenhang mit Einkommen und Psyche

Ein weiteres Ergebnis der Befragung: Körperlich schwere Arbeit wird besonders oft von Menschen geleistet, die ohnehin unter schwierigen Verhältnissen arbeiten, zum Beispiel in der Schicht- oder Zeitarbeit. Auch das Bildungsniveau spielt eine Rolle: Während von den Beschäftigten mit Abitur nur 12 Prozent sehr häufig oder oft körperlich schwer arbeiten, sind es bei den Beschäftigten mit Hauptschulabschluss 52 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Einkommen. Wer zwischen 800 und 2000 Euro brutto im Monat verdient, muss sehr viel öfter (42 Prozent) körperlich hart arbeiten als jemand, der mehr als 4.000 Euro Euro bekommt (6 Prozent).

Diese Belastungen wirken sich auch auf die Psyche und das Gesamtbefinden aus. Körperlich harte Arbeit ist insgesamt mit mehr Hetze am Arbeitsplatz verbunden, die Beschäftigten erfahren weniger Respekt und Wertschätzung. Gleichzeitig sind sie höheren Anfordeurngen an die emotionale Selbstkontrolle ausgesetzt, müssen ihre Gefühle also häufiger als andere verbergen. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass Menschen, die regelmäßig hart arbeiten, ihren Gesundheitszustand schlechter einschätzen als andere - und dass sie häufiger davon ausgehen, dass sie nicht bis zum gesetzlichen Rentenalter arbeiten können.

Abbildung zeigt Beschäftigtengruppen mit besonders hohen Anteieln körperlich schwer Arbeitender

Balkendiagramm: Zusammenhang zwischen körperlichen Belastungen und gesundheitlicher Verfassung

Herausforderung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz
Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied

DGB/Simone M. Neumann

Annelie Buntenbach, Mitglied im DGB-Bundesvorstand:

"Körperlich harte Arbeit ist für viele Beschäftigte immer noch an der Tagesordnung. Deshalb ist es wichtig, wo immer möglich für Entlastung zu sorgen, etwa durch einen Wechsel der Tätigkeit oder durch zusätzliche Pausen. Beschäftigte, die solche Entlastungsmöglichkeiten haben, bewerten ihren Gesundheitszustand deutlich besser. Anderenfalls drohen schwerwiegende gesundheitliche Risiken. Ein Knochenjob lässt sich nicht bis zum Rentenalter durchhalten. Für die Betroffenen brauchen wir dringend mehr Prävention und gleitende Übergänge in den Ruhestand."

Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall Dr. Hans-Jürgen Urban

IG Metall

Hans-Jürgen Urban, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall:

"In der Debatte um die moderne digitale Arbeitswelt kommt das Thema körperliche Belastungen bislang vielfach zu kurz. Daraus ergibt sich ein arbeitspolitischer Handlungsauftrag, dem sich Politik und Arbeitgeber nicht entziehen dürfen. Körperlich harte Arbeit wird unter Bedingungen geleistet, die als gestaltbar eingeschätzt werden und es auch sind.

Das Potenzial dafür wird von Beschäftigten, die keine Entlastungsmöglichkeiten von körperlich harter Arbeit haben, deutlich höher eingeschätzt, also von denjenigen, die solche Möglichkeiten vorfinden. Wir plädieren mit Nachdruck dafür, die Instrumente einer präventiven Arbeitsgestaltung gerade heute, in der historischen Phase des Umbruchs, im Sinne eines vorausschauenden Gesundheitsschutzes zu nutzen. Daher hat die IG Metall eine Initiative ‚Runter mit der Last‘ gestartet, um die Beseitigung der unzumutbaren Belastungen durchzusetzen."


Der komplette Report als PDF zum Download:

DGB-Index Gute Arbeit Sonderauswertung 2018_Körperlich harte Arbeit (PDF, 4 MB)

Ständiges Sitzen, Lasten heben, Arbeiten über Kopf oder in der Hocke: Mehr als die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland muss oft in ungünstigen Körperhaltungen arbeiten, rund ein Drittel körperlich schwere Arbeit verrichten. Daran hat auch die Digitalisierung nichts geändert.


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