Deutscher Gewerkschaftsbund

17.01.2019
Frauen

100 Jahre Frauenwahlrecht: Es ist noch viel zu tun

DGB-Vize Elke Hannack fordert gerechte Verteilung von Macht und Verantwortung

Vor 100 Jahren wurde das Frauenwahlrecht in Deutschland eingeführt. Ein wichtiger Schritt - doch von einer wirklichen Gleichstellung sind wir immer noch weit entfernt. Auch heute noch werden Fauen schlechter bezahlt, auch heute noch leisten sie einen Großteil der Familienarbeit - während Männer nach wie vor die Führungsetagen in Politik und Wirtschaft dominieren.

Lächelnde junge Frau hält Megafon in der Hand

DGB/lithian/123rf.com

100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts ist der Anteil weiblicher Abgeordneter im Bundestag niedriger als vor über 20 Jahren. Deshalb startet der Deutsche Frauenrat mit dem
Aufruf #mehrfrauenindieparlamente
eine Kampagne für Parität in der Politik. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack gehört zu den Erstunterzeichnerinnen.

"Gläserne Decke" existiert nach wie vor

Seit 100 Jahren gibt es das Frauenwahlrecht in Deutschland. Doch „auch wenn Frauen seit 1918 mitbestimmen können, welche Persönlichkeiten welche Politik in diesem Land gestalten - von einer wirklichen Gleichstellung von Frauen und Männern sind wir noch weit entfernt", kritisiert die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. "Denn noch nie waren und noch immer sind Frauen eben eines nicht: gleich beteiligt. Noch immer nehmen sie nicht angemessen Einfluss in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Noch immer haben Frauen schlechtere Aufstiegschancen. Die „gläserne Decke“ existiert nach wie vor. Im Jahr Hundert nach dem Frauenwahlrecht gibt es Bundesministerien, deren Führungsspitze komplett aus Männern besteht. Frauen werden schlechter bezahlt. Sie erledigen immer noch einen Großteil der Familienarbeit zu Hause – wohlgemerkt unbezahlt. Frauen arbeiten häufiger in Minijobs, sie sind schlechter sozial abgesichert und hängen dadurch oft immer noch am Geldbeutel des finanziell besser gestellten Mannes."

100 Jahre Frauenwahlrecht

12. November 1918 Der Tag gilt als die Geburtsstunde des Frauenwahlrechts in Deutschland. Es ergeht ein Aufruf "An das Deutsche Volk" vom Rat der Volksbeauftragten. Darin heißt es: "Alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften sind fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht auf Grund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen."
30. November 1918 Das Reichswahlgesetz tritt in Kraft. Darin enthalten: das allgemeine aktive und passive Wahlrecht – auch für Frauen.
19. Januar 1919 Frauen können erstmals wählen und gewählt werden.
12. November 2018 In Berlin findet ein Festakt mit Bundeskanzlerin und Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend statt.
Rechtspopulisten wollen die politische Rolle rückwärts

"Auch wenn in den letzten Jahren Bewegung in das Thema gekommen ist – mit dem Elterngeld, das eben auch Väter in Anspruch nehmen, mit der Quote für mitbestimmte und börsennotierte Unternehmen, mit dem Entgelttransparenzgesetz, mit dem Recht auf Brückenteilzeit – diese Gesetze waren und sind in der politischen Auseinandersetzung hoch umkämpft", so Elke Hannack weiter. "Und die Kompromisse, die gegen den erbitterten Widerstand von Arbeitgebern und Union erzielt wurden, gehen uns Frauen, uns Gewerkschaften, ja dem progressiven Bevölkerungsteil nicht weit genug. Aber immerhin ging es voran.

Heute, mit dem Erstarken rechtspopulistischer Kräfte, droht ein Roll-Back. Die Rechtspopulisten stehen für Heimchen am Herd, sie stehen für ein antiquiertes Familienbild. Diese Leute wollen keine selbstbestimmten Frauen und schon gar keine Frauen in Chefsesseln.

Wir schauen mit Sorge in den Deutschen Bundestag und in die Landesparlamente, in die bei den letzten Wahlen wieder weniger Frauen eingezogen sind. Im Bundestag sitzen heute so wenig Frauen, wie zuletzt vor 20 Jahren (30,7 Prozent). Laut Interparlamentarischer Union* belegt Deutschland damit Platz 46 im Staatenranking. Platz 1 belegt Ruanda mit 61,3 Prozent."

(* auch IPU genannt, eine 1889 gegründete internationale Vereinigung von Parlamenten)

Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes

DGB/Simone M. Neumann

Die Forderungen des DGB

Damit sich an der Situation etwas ändert, formuliert DGB-Vize Elke Hannack konkrete Forderungen an die Politik.

  • Bei der anstehenden Reform des Wahlrechts gehört die paritätische Beteiligung von Frauen auf die Agenda. Damit Frauen entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung auch in den Parlamenten vertreten sind, müssen die Parteien mehr Frauen zur Wahl aufstellen.

  • Wo es um Beteiligung geht, geht es letztlich um die Verteilung von Macht und Verantwortung. Das gilt auch für die Verteilung der (Arbeits-)Zeit zwischen den Geschlechtern. Als Gewerkschaften fordern wir, den Begriff der Arbeit an die Lebensrealität der Menschen angepasst wird. Wir brauchen eine breite Debatte über den Begriff der Arbeit, der neben der bezahlten Erwerbsarbeit auch die gesellschaftlich notwendige, unbezahlte Haus- und Sorgearbeit umfasst. Gerade letztere wird zumeist von Frauen erledigt – dieselbe Anerkennung wie männlich dominierte Erwerbsarbeit findet sie jedoch nicht. Das muss sich ändern.

  • Um einen deutlichen gleichstellungspolitischen Schub zu erreichen, sollte die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag vereinbarte ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie endlich auf den Weg bringen. Alle Gesetzesvorhaben sollten geprüft werden, damit sie die strukturelle Benachteiligung von Frauen nicht weiter verstärken sondern dazu beitragen, sie zu vermindern. Die ebenfalls angekündigte Bundesstiftung Gleichstellung sollte dabei beratend zur Seite stehen und ein regelmäßiges Monitoring durchführen.

    Heute muss es darum gehen, endlich das Versprechen des Grundgesetzes einzulösen: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

"Gleichberechtigung ist ein Grundrecht und nicht verhandelbar!"


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