Deutscher Gewerkschaftsbund

03.01.2017
Köln und Hamburg

Silvester-Einsätze: Was sagt die Gewerkschaft der Polizei?

Für die Polizei-Einsätze in der Silvester-Nacht in Städten wie Köln und Hamburg gab es viel Lob – und auch Kritik. Sogar Rassismusvorwürfen sah sich die Polizei ausgesetzt. Zu Unrecht, sagt die Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Polizeiauto mit Blaulicht in nächtlicher Straßenszene mit "Partygästen"

flickr.com / Zeitfixierer (CC BY-SA 2.0; changes made)

In der Silvester-Nacht 2015/16 war es in Köln, aber auch in anderen Städten wie Hamburg, zu hunderten sexuellen Übergriffen und Straftaten gegenüber Frauen gekommen.

"Wiederholung der schlimmen Ereignisse verhindern"

"In der Silvesternacht 2015/2016 waren auf der Domplatte und im Kölner Hauptbahnhof 1300 Feiernde beraubt oder sexuell belästigt worden. Von den 333 Tatverdächtigen, die von der Polizei ermittelt werden konnten, stammten 95 aus Algerien, 82 aus Marokko und 36 aus dem Irak. Nur 26 Beschuldigte waren Deutsche", beschreibt die GdP Nordrhein-Westfalen die Situation von vor einem Jahr.

"Das sind die Fakten, an denen die Polizei ihr Handlungskonzept ausrichten muss, um eine Wiederholung der schlimmen Ereignisse der Kölner Silvesternacht zu verhindern", so der GdP-Vorsitzende von Nordrhein-Westfalen Arnold Plickert.

Rassismus-Vorwürfe aus Teilen der Politik

Was bedeutet "Racial Profiling"?

"Als Racial Profiling (auch 'ethnisches Profiling' genannt) bezeichnet man ein häufig auf Stereotypen und äußerlichen Merkmalen basierendes Agieren von Polizei-, Sicherheits-, Einwanderungs- und Zollbeamten, nach dem eine Person anhand von Kriterien wie 'Rasse', ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder nationaler Herkunft als verdächtig eingeschätzt wird und nicht anhand von konkreten Verdachtsmomenten gegen die Person."

Quelle: Wikipedia (CC-by-sa-3.0)

Dennoch sahen sich die Polizistinnen und Polizisten in Köln und Hamburg Rassismus-Vorwürfen ausgesetzt. Die Bundesvorsitzende der Grünen, Simone Peter, hatte etwa gegenüber der Rheinischen Post kritisiert, die Polizei habe Männer "mit nordafrikanischem Aussehen" diskriminiert – sie seien offenbar allein aufgrund ihrer Herkunft kontrolliert worden. Andere PolitikerInnen warfen der Polizei "Racial Profiling" vor. Auch ein Tweet der Kölner Polizei, in dem der Begriff "Nafris" verwendet wurde (Abkürzung für "Nordafrikaner", der zum Beispiel in Polizeifunksprüchen verwendet wird), sorgte für Kritik.

Gewerkschaft der Polizei weist Vorwürfe zurück

Die GdP hat diese Vorwürfe gegen die Kolleginnen und Kollegen, die Silvester in Köln und Hamburg im Einsatz waren, zurückgewiesen. Zur Situation in Köln sagte die GdP-Nordrhein-Westfalen: Das Vorgehen der Kölner Polizei, in der Silvester-Nacht die Identität von rund 600 Personen nordafrikanischer Herkunft zu überprüfen, sei eindeutig eine "notwendige polizeiliche Maßnahme" gewesen, "um einen ruhigen Verlauf der Silvesternacht sicherzustellen". "Wer der Polizei Rassismus unterstellt, nur weil sie die Identität von Menschen überprüft, bei denen es Anhaltspunkte dafür gibt, dass von ihnen Störungen zu erwarten sind, hat nichts aus den massiven Übergriffen während der Silvesternacht 2015/2016 gelernt", sagte der GdP-Landesvorsitzende Plickert.

Auch der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Jörg Radek nahm die Polizistinnen und Polizisten in Schutz: Die Polizei habe nach den Erfahrungen der Kölner Silvester-Vorfälle beim Jahreswechsel 2015/2016 entsprechend reagiert und ein funktionierendes Präventionskonzept durchgesetzt.

Entschuldigung des Kölner Polizei-Präsidenten für "Nafri-Tweet"

"Dass in der Silvester-Nacht in einem Tweet die Formulierung 'Nafri' gewählt wurde, hat der Kölner Polizeipräsident bereits bedauert", erklärte der nordrhein-westfälische GdP-Vorsitzende Plickert. "Dies stellt aber den sehr guten Einsatz der Polizei nicht in Frage, sondern zeigt vielmehr, dass wir offen mit Kritik umgehen."

Hamburger GdP-Vorsitzender schildert Situation vor Ort

Besonders eindringlich hat der Hamburger GdP-Landesvorsitzende Gerhard Kirsch auf Facebook auf die Kritik der Grünen-Vorsitzenden Peter reagiert. Kirsch war beim aktuellen Silvester-Einsatz am Hamburger Jungfernstieg selbst vor Ort. Er schildert, dass Personen eben nicht ohne konkrete Verdachtsmomente kontrolliert oder in Gewahrsam genommen wurden:

"Am Jungfernstieg hatte sich gegen 21.45 Uhr eine große Menschenmenge angesammelt - fast ohne Ausnahme offenbar überwiegend junge Personen mit Migrationshintergrund. Zu diesem Zeitpunkt wurden ungezählte Feuerwerkskörper in der Menschenmenge zur Detonation gebracht - Feuerwerkskörper wurden rücksichtslos in die Menschenmenge geworfen. (...) Besonders aggressive Personen wurden von den Kolleginnen und Kollegen überprüft und in Gewahrsam genommen."

(aus dem Facebook-Eintrag des Hamburger GdP-Vorsitzenden Gerhard Kirsch vom 2. Januar 2017)

"Die ganze Zeit über hatte man das Gefühl, buchstäblich auf einem 'Pulverfass' zu sitzen", so Kirsch weiter. "Die Kolleginnen und Kollegen haben mit einem großartigen Fingerspitzengefühl die Lage im Griff behalten."


Der komplette Facebook-Post

So reagierte der Hamburger GdP-Vorsitzende Kirsch auf die Vorwürfe der Grünen-Vorsitzenden Peter


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