Deutscher Gewerkschaftsbund

27.06.2022
Reihe "Darf mein*e Chef*in....?"

Darf mein*e Chef*in genehmigten Urlaub wieder streichen?

DGB-Expert*innen beantworten Fragen aus dem Arbeitsrecht

Der Urlaub wurde schon vor Wochen genehmigt, das Hotel ist gebucht, der Koffer so gut wie gepackt – und dann macht die Chefin einen Rückzieher, weil ein großer Auftrag reingekommen oder ein Kollege krank geworden ist. Ist das erlaubt? Und kann sie verlangen, dass ich im Notfall meinen Urlaub sogar abbreche?

Zwei Liegen am Strand bei Sonnenuntergang

DGB/siraphol/123rf.com

Darf mein*e Chef*in genehmigten Urlaub wieder streichen?

Nein. Wenn der Arbeitgeber den Urlaub einmal genehmigt hat, ist er an seine Zustimmung gebunden und kann sie nicht widerrufen. Eine Ausnahme von dieser Regel ist nur im absoluten Notfall möglich, also bei einem unvorhersehbaren, existenzgefährdenden Ereignis. Und dann auch nur, wenn es zwingende betriebliche Gründe und keinen anderen Ausweg gibt.

Das heißt: Wenn die Arbeitskraft einer bestimmten Arbeitnehmerin oder eines bestimmten Arbeitnehmers für einen bestimmten Zeitraum benötigt wird, etwa um dem Zusammenbruch eines Unternehmens zu verhindern, und es für den Arbeitgeber nicht zumutbar ist, den schon genehmigten Urlaub zu gewähren, darf er ihn streichen – aber auch wirklich nur dann. Bloßer Personalmangel etwa rechtfertigt diese Maßnahme nicht. Das hat unter anderem das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln im Fall einer Verkäuferin, die ihren Urlaub wegen einer geplanten Sonntagsöffnung unterbrechen sollte, entschieden.

Hat der oder die Beschäftigte den Urlaub bereits angetreten, hat der Arbeitgeber grundsätzlich kein Recht dazu, jemanden aus dem Urlaub zurückzuholen – selbst dann nicht, wenn es aus seiner Sicht zwingende oder dringende betriebliche Gründe dafür gibt. Beschäftigte sind deshalb auch nicht verpflichtet, ihre Urlaubsadresse zu hinterlassen.

Vereinbarungen, mit denen sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin verpflichtet, den ihm oder ihr gesetzlich zustehenden Urlaub bei Bedarf abzubrechen und die Arbeit wieder aufzunehmen, sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts rechtsunwirksam. Mehr noch: Urlaub, der unter solchen Voraussetzungen angetreten wird, gilt als nicht genommen. Und: Wenn sich eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer entscheidet, einem so genannten Rückruf zu folgen und den Urlaub vorzeitig zu beenden, geschieht das freiwillig und im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber. Dieser muss darüber hinaus alle Kosten, die dadurch entstehen, übernehmen. Das betrifft zum Beispiel Ausgaben für Flüge sowie Stornokosten.

Fazit:

Einmal genehmigter Urlaub kann nur in ganz bestimmten Notfällen wieder gestrichen werden, der Chef oder die Chefin kann auch keine Rückkehr aus dem Urlaub fordern. Er oder sie muss sich also vorher überlegen, ob der Urlaub in dem betreffenden Zeitraum möglich ist oder nicht. Doch auch dabei gilt: Wenn keine dringenden betrieblichen Gründe dagegen sprechen, muss der Arbeitgeber die Wünsche des oder der Beschäftigten berücksichtigen – und aktiv darauf drängen, dass der Urlaub, der ihm oder ihr zusteht, auch genommen wird.

Rechtliche Grundlage: Bundesurlaubsgesetz (BurlG)

Dieser Artikel ersetzt keine Rechtsberatung. Keine Gewähr für Vollständigkeit und Aktualität, Haftung ausgeschlossen.


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