Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 136 - 13.08.2010

Ungleiche Erholung: Wachstum auch im Inland organisieren

Claus Matecki, DGB-Vorstandsmitglied, sagt zu den jüngsten Quartalszahlen des Statistischen Bundesamtes am Freitag in Berlin:

„Die deutsche Wirtschaft durchläuft nach den jüngsten statistischen Zahlen eine ungleiche Erholung. Einerseits boomt die deutsche Exportwirtschaft wieder und sorgt insgesamt für ein ansehnliches Wachstum. Gegenüber dem ersten Quartal wuchs die deutsche Wirtschaft um 2,2 Prozent, gegenüber dem Vorjahr um 3,7 Prozent. Damit erreicht die deutsche Wirtschaft erst das Niveau des vierten Quartals des Jahres 2006.

Auf diese Zahlen kann man nur mit Zurückhaltung reagieren, denn das deutsche Wachstum wird einseitig von der Auslandsnachfrage getragen. Dank Konjunkturprogrammen in den asiatischen und arabischen Ländern erhält die deutsche Industrie immer mehr Aufträge. Ein Entwicklungsland wie Saudi-Arabien startet ein 400-Milliarden-Euro-Programm, um damit Bildungssystem, Infrastruktur und Zukunftsinvestitionen zu finanzieren, damit das Land gut für eine Zukunft ohne Erdöl aufgestellt ist. Ostasiatische Schwellenländer und andere Golfstaaten tun das Gleiche. Sie investieren in ihre Zukunft. Davon profitieren wir und bekommen immer mehr Aufträge aus diesen Ländern.

Wachsende deutsche Exporte beflügeln aber auch die Einfuhren von Vorprodukten, die bei Fertigstellung von Exportgütern verwendet werden. Von dem Boom auf den außereuropäischen Märkten profitieren nicht nur deutsche Exporteure sondern auch unsere ausländische Zulieferer. Außereuropäisches Ausland wird zur Konjunkturlokomotive nicht nur für uns, sondern auch für unsere europäischen Zulieferer.

Andererseits bleibt der private Konsum nach wie vor sehr schwach und trägt nur wenig zum Wirtschaftswachstum bei. Stagnierende Löhne und wachsende Niedriglöhne sind hiefür verantwortlich. Das hat zur Folge, dass die deutsche Wirtschaft immer mehr und immer stärker von der Auslandsnachfrage abhängig wird. Das erhöht die Krisenanfälligkeit des deutschen Wachstums. Turbulenzen auf den ausländischen Märkten können jederzeit zu Verwerfungen bei uns führen, ohne dass wir etwas Nennenswertes dagegen unternehmen könnten.

Überall dort, wo gute Wachstumsraten zu verzeichnen sind, haben Regierungen mit milliardenschweren Konjunkturprogrammen das Wachstum erst in Gang gesetzt. Von einem selbsttragenden Aufschwung ist immer noch keine Spur! Würden Länder wie China aufgrund der Überhitzungsgefahren ihre konjunkturpolitischen Maßnahmen zurückfahren, dann bekommen wir weniger Impulse und geraten erneut in Schwierigkeiten.

Deutschland benötigt einen starken und robusten Binnenmarkt. Er ist neben einer starken außenwirtschaftlichen Position Deutschlands entscheidend für die Stabilität unseres Wirtschafts- und Sozialsystems. Hierfür brauchen wir flächendeckende Mindestlöhne und endlich höhere Reallöhne sowie eine massive Ausweitung der öffentlichen Investitionen zur Modernisierung unserer Infrastruktur, unseres Bildungssystems und unserer sozialen Sicherungssysteme. Deutschland muss seine Wachstumsstrategie neu justieren, seinen Binnenmarkt stärken und seine Abhängigkeit vom Ausland reduzieren. Wachstum muss auch im Inland organisiert werden.“


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