Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 201 - 10.11.2010

Sachverständigenrat: Analyse und Schlussfolgerung „unzureichend“

Anlässlich der Veröffentlichung des Jahresgutachtens der „Wirtschaftsweisen“ stellte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki am Mittwoch in Berlin kein gutes Zeugnis für den ökonomischen Sachverstand des Sachverständigenrats aus.

„Im Wettlauf um höhere Wachstumsprognosen hat der Sachverständigenrat einen Zahn zugelegt. Er erwartet für 2010 3,7 Prozent und für 2011 2,2 Prozent Wachstum und sieht damit höhere Steuereinnahmen voraus.

Der Sachverständigenrat liegt in der Analyse und Schlussfolgerung der gegenwärtigen wirtschaftlichen Erholung völlig falsch. Der Boom hat nichts mit den rot-grünen Arbeitsmarktreformen zu tun. Im Gegenteil: Die Hartz-Gesetze haben maßgeblich zu wachsender Armut und damit zur Schwächung der binnenwirtschaftlichen Wachstumskräfte geführt. Umso absurder ist es, dass die Sachverständigen diese Fehlentwicklungen weiter fortsetzen wollen. Das betrifft auch die Vorschläge für die Anhebung des Renteneintrittsalters auf  67 –  sie entbehren jeder beschäftigungs-, renten- und sozialpolitischen Realität.

Steuerpolitisch schlagen die Wirtschaftsweisen die Abschaffung der Gewerbesteuer und die Einführung der Zuschläge auf Einkommen- und Körperschaftssteuer vor. Das hätte zur Folge, dass sich das Gefälle zwischen strukturschwachen Regionen und den Wachstumszentren weiter vergrößert.

Wie der Sachverständige Prof. Peter Bofinger weist auch der DGB den Vorstoß für einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz für alle Güter zurück.

In der Gesundheitspolitik plädieren die Wirtschaftsweisen für eine Abkopplung der Finanzierung der Krankenkassen von Einkommen - damit würde der Kopfpauschale Vorschub geleistet. Und in der Fiskalpolitik wird für die strikte Einhaltung der Schuldenbremse, die Umsetzung des 80 Mrd. schweren Sparpakts und eine rasche Haushaltskonsolidierung plädiert, obwohl höhere Steuereinnahmen einen großen fiskalpolitischen Handlungsspielraum zulassen. Diese Vorschläge führen zur weiteren Belastung der  Ärmsten, und auch für die wirtschaftliche Erholung wäre das kontraproduktiv.

In einem Punkt stimmen wir dem Gutachten zu: Angesichts der Kassenlage der öffentlichen Hand gibt es keinen Spielraum für Steuersenkungen. Insofern nimmt die gebetsmühlenartige Forderung des Bundeswirtschaftsministers Brüderle nach Steuersenkungen langsam religiöse Züge an. Die FDP sollte sich lieber der öffentlichen Verantwortung stellen und den klammen Kommunen helfen, statt deren Finanzierungsbasis zu unterhöhlen, indem sie ihr vermögendes Klientel mit Steuergeschenken beglückt.

An die Adresse der Kanzlerin Merkel gerichtet: Wir haben fast drei Millionen registrierte Arbeitslose und 1,4 Millionen weitere, die sich in perspektivlosen Maßnahmen befinden. Vor diesem Hintergrund ist es unangemessen, von Vollbeschäftigung zu reden. Dazu kommen noch rund 13 Millionen Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten und kaum über die Runden kommen.

Wir sagen: Deutschland braucht gute Arbeit, anständige und Existenz sichernde Löhne und gleichen Lohn für gleiche Arbeit.

Würden Zeugnisnoten vergeben, wäre die Versetzung des Sachverständigenrates gefährdet. Dasselbe gilt für die schwarz-gelbe Bundesregierung.“


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