Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 032 - 11.03.2011

Euro-Gruppe: Teuflischer Plan

Anlässlich des Treffens der Euro-Gruppe zum EU-Wettbewerbspakt in Brüssel sagte Claus Matecki, DGB-Vorstandsmitglied, am Freitag in Berlin:

„Dieser ,Pakt für Wettbewerbsfähigkeit` ist kein Pakt der ökonomischen Vernunft und der sozialen Verantwortung für Europa, sondern gefährdet den europäischen Zusammenhalt. Daran ändern auch die weicheren Formulierungen im neuen Entwurf nicht viel.

Es klingt gut, wenn nun die Tarifautonomie der Sozialpartner ausdrücklich gewahrt bleiben und Sozialmodelle gesichert werden sollen. Doch von Entwarnung keine Spur: Es bleibt bei der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit auf Kosten der ArbeitnehmerInnen, der RentnerInnen und nicht zuletzt der öffentlichen Haushalte in Europa.

Die Lohnentwicklung steht nach wie vor im Mittelpunkt des Wettbewerbsmodells: Gewünscht ist ein europaweiter, überwachter Wettbewerb der Lohnstückkosten, der einen Wettbewerb der niedrigsten Löhne und Lohnzuwächse auslösen wird. Deutschland stand Pate, Hauptbetroffene werden insbesondere die Krisenländer sein. Auch die ,Dezentralisierung der Lohnfindungssysteme' wird gefordert. Im Klartext: Tarifabschlüsse auf Unternehmensebene, jeweils einzeln nach Kassenlage.

Im Bereich der Sozialversicherungssysteme läuft der Pakt auf die Anpassung des Rentensystems an die demographische Entwicklung und damit auf die Anhebung des Renteneintrittsalters in Europa hinaus: Es droht eine faktische Rentenkürzung wie bei der Rente mit 67 in Deutschland. Zudem solle nun auch das Gesundheitssystem auf seine ,finanzielle Nachhaltigkeit' überprüft werden. Übersetzt: Welche Leistungen können wir den Kranken noch kürzen? Welche Zusatzbeiträge noch aufbrummen?

Die Pläne zur Schaffung einer einheitlichen Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage oder Festlegung einer Mindestinvestitionsrate in Forschung, Entwicklung, Bildung und Infrastruktur bleiben kümmerlich: Sie sind unkonkret und sollen nur die Arbeitsmobilität in Europa fördern, ohne den sozialen Mindeststandard zu nennen. Kein Wort auch von längst überfälligen Vermögens- und Finanztransaktionssteuern. Mindestsätze für Körperschaftssteuern, die das Steuerdumping einschränken könnten, werden sogar explizit abgelehnt!

Auch die Europäisierung der deutschen Schuldenbremse ist völlig inakzeptabel. Eine Schuldenbremse in Europa ohne Finanzausgleichmechanismen würde das ohnehin sehr schwache Wachstum vor allem in den Krisenländern massiv beeinträchtigen. Aber auch die deutsche Wirtschaft wäre negativ betroffen, wenn dem deutschen Hauptabsatzmarkt die öffentliche Kaufkraft genommen wird.

Ein Festhalten an dieser falschen Politik wird die Stabilität des Eurosystems gefährden und zu massiven ökonomischen, politischen und sozialen Verwerfungen in allen beteiligten Ländern führen.

Europa braucht stattdessen ein ambitioniertes Innovations- und Investitionsprogramm zur Förderung nachhaltiger Zukunftsinvestitionen. Nur so werden die Euroländer mit moderner Infrastruktur, zukunftsfähigen Industrien, innovativen Handwerksleistungen und qualitativ hochwertigen Dienstleistungen sowie Bildungsangeboten versorgt."

Single-Market-Act_Stellungnahme_DGB_Endversion.pdf (PDF, 171 kB)

Die EU-Kommission hat am 27.10.2010 eine öffentliche Konsultation zu einer neuen Binnenmarktstrategie veröffentlicht. Aus Sicht des DGB sind die 50 Vorschläge der Kommission zur Vorbereitung der Binnenmarktakte in ihrem Aufbau, ihrer Struktur und ihren Schwerpunkten in weiten Teilen inakzeptabel. Die Kommission bleibt den angekündigten „Neustart für den Binnenmarkt“ schuldig und setzt stattdessen auf eine Fortsetzung ihrer Politik, die im Wesentlichen auf eine weitere Entfesselung des Binnenmarktes setzt. Im Mittelpunkt einer neuen Strategie müssen die BürgerInnen und allen voran die ArbeitnehmerInnen stehen.


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