Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 008 - 20.01.2011

Hexel: Aufsichtsrat ist Berufung, kein Beruf

Anlässlich der heute in Frankfurt beginnenden zweitägigen Konferenz für Arbeitnehmervertreter/innen im Aufsichtsrat börsennotierter Unternehmen erklärt Dietmar Hexel, DGB-Vorstandsmitglied und Mitglied der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex.

„Gute Corporate Governance beweist sich vor allem in der Krise – oder besser gesagt, in ihrer Vermeidung. Aufsichtsräte müssen dabei Sparringspartner der Vorstände, professionell, unabhängig im Denken und Handeln sowie profunde Kenner des Unternehmens sein. Der Sirenengesang, Aufsichtsratsarbeit als eigenständigen Beruf von angeblich unabhängigen Experten zu begreifen und fürstlich zu bezahlen, führt zum Kentern des Unternehmensschiffes. Wer im Aufsichtsrat Verantwortung übernimmt, sollte aus der Praxis der Wirtschaft und Gesellschaft kommen. Wir brauchen gestandene Persönlichkeiten mit einem breiten Schatz an praktischer Erfahrung.

Viele der angeblichen Experten aus Ratingagenturen, Unternehmensberatungen und Rechtsanwaltskanzleien waren maßgeblich am Entstehen der Finanz- und Wirtschaftskrise beteiligt. Sie hatten keine Bodenhaftung in der realen Wirtschaft. Entsprechend groß war die Katastrophe als Folge ihrer Beratung oder ihres Handels. Ein Unternehmen kann man nicht nach kurzfristigen Kennzahlen oder einseitigen Shareholder-Interessen führen.

Vertreter der Anteilseigner, die auf langfristige und nachhaltige Unternehmenswerte setzen, arbeiten im Interesse des Unternehmens. Sie müssen ebenso wie die Arbeitnehmervertreter/innen in den Aufsichtsräten etwas vom Geschäft verstehen. Sie bringen unverzichtbares Know-how in den Aufsichtsrat ein: tiefes Wissen über Abläufe im Unternehmen sowie umfassende Branchenkenntnisse. Die Mitbestimmung in den Aufsichtsräten in Deutschland war die Konsequenz aus der großen Krise des 20. Jahrhunderts – aus Faschismus und Krieg. Sie hat sich in der jüngsten Wirtschaftskrise hervorragend bewährt. Mitbestimmte Unternehmen stehen heute gut da.

Aufsichtsratsarbeit ist anspruchsvoller geworden und kostet Zeit, besonders wenn zusätzliche Ausschussarbeit hinzukommt. Die Vergütung der Aufsichtsräte darf nicht den explodierten Managergehältern folgen. Verantwortung und Augenhöhe entsteht nicht durch noch mehr Geld. Die Gewerkschaftsvertreter führen ihre Vergütungen zu 90 % an eine Stiftung ab. Besonders Anreizsysteme sind falsch, sie enthalten eine eingebaute Verführung, auch an sich selbst zu denken. Feste Vergütungen wie bei Siemens oder Allianz sind der richtige Weg – deren Höhe ist jedoch keine Benchmark. Nahezu alle Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner haben finanziell ausgesorgt. Niemand braucht für vier bis sechs Sitzungen im Jahr Vergütungen jenseits von 100.000 Euro. Ein Kodex, der auch ethisch ernst genommen werden will, muss eine Begrenzung setzen.“


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