Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 095 - 12.06.2012

In die falsche Richtung - Erste internationale Gewerkschaftsumfrage macht tiefes Misstrauen in wirtschaftliche Entscheidungsträger deutlich

Zur Gewerkschaftsumfrage* des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) in 13 Ländern erklärte Michael Sommer, DGB-Vorsitzender und Präsident des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB), am Dienstag in Berlin:

„Die Umfrage spricht eine deutliche Sprache. Sie ist eine Mahnung an die Staats- und Regierungschefs, endlich Schuss zu machen mit ihrer falschen Kürzungspolitik und dem Abbau von Schutzrechten. Die Menschen brauchen eine wirkliche Perspektive für ihr Leben.

Die Regierungen müssen endlich auf die Menschen hören und nicht auf die Lobbyisten der Finanzwirtschaft. Seit Ausbruch der Krise im Jahr 2008 warten die Menschen darauf, dass die Verursacher der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise endlich an der Krisenbewältigung beteiligt werden. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ist längst überfällig, um die verantwortlichen Banken und Spekulanten zur Kasse zu bitten. Ich fordere die Bundesregierung auf, mit Engagement und Durchsetzungswillen in der EU für die Einführung der Finanztransaktionssteuer zu kämpfen.

Aber statt endlich Nägel mit Köpfen zu machen, wird schon wieder auf Zeit gespielt. Erst hat die FDP blockiert, jetzt sind angeblich europäische Partnerländer schuld, dass es nicht schneller geht. Als es aber darum ging, Spardiktate für die Krisenländer durchzudrücken, Renten und Löhne zu kürzen und Arbeitnehmerrechte zu schleifen, wurden Widerstände im Eiltempo beiseite geräumt. Da wundert es nicht, dass eine deutliche Mehrheit den zu großen Einfluss der Banken auf wirtschaftliche Entscheidungen beklagt.

Die Bundesregierung sollte zur Kenntnis nehmen, dass eine Zwei-Drittel-Mehrheit der weltweit Befragten mehr staatliche Investitionen in Wachstum und Beschäftigung fordert, um die Schulden abbauen zu können. Der rigide Sparkurs der Bundesregierung ist nicht nur falsch, er hat auch keine Mehrheiten hinter sich.“

*Umfrageergebnisse:

Befragt wurden Menschen in Belgien, Brasilien, Bulgarien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Indonesien, Japan, Mexiko, Südafrika, Großbritannien und den USA:

  • 58% der Befragten glauben, dass sich ihr Land in die falsche Richtung bewegt
  • 66% glauben, dass es künftige Generationen schlechter haben werden
  • 67% glauben, dass internationale Banken und Finanzinstitutionen zu viel Einfluss auf die wirtschaftlichen Entscheidungen der Regierungen haben. Hingegen glauben 67%, dass die Wähler nicht genug Einfluss auf die wirtschaftlichen Entscheidungen haben.

Aus der Umfrage geht zudem eine wachsende Unsicherheit des Familieneinkommens und des Arbeitsplatzes hervor:

  • Ein Siebtel der Befragten sind arbeitende Arme, die nicht genügend Geld für die grundlegenden Dinge des Lebens wie Wohnung, Lebensmittel und Strom haben
  • Für 58% der Menschen ist ihr Einkommen hinter die Lebenshaltungskosten zurückgefallen
  • Jeder Dritte glaubt, dass sein Arbeitsplatz heute weniger sicher als vor zwei Jahren ist

Die Umfrage macht die deutliche Ablehnung der von einigen Regierungen verfolgten Sparpolitik und die Befürwortung von Investitionen in Arbeitsplätze und die Infrastruktur deutlich.

  • 78% glauben, dass internationale Banken und Finanzinstitutionen mehr für die globale Finanzkrise bezahlen sollten
  • 45% glauben, dass kleine Unternehmen weniger für die Finanzkrise bezahlen sollte.
  • 50% glauben, dass die Beschäftigten weniger für die Krisenbewältigung zahlen sollten

Erstmals wurde zudem in der Umfrage danach gefragt, was die Bevölkerung in den 13 Ländern von grundlegenden Arbeitsgesetzen hält

  • 70% halten den gesetzlichen Schutz bezüglich der Sicherheit des Arbeitsplatzes nicht für ausreichend
  • 89% sind für das Recht auf einen Gewerkschaftsbeitritt
  • 86% sind für das Recht auf Tarifverhandlungen
Anmerkung:

Die Ergebnisse dieser Untersuchung spiegeln die Meinung von mehr als 1,4 Milliarden Menschen bzw. von 20 Prozent der derzeitigen Weltbevölkerung wider. 14% der Beteiligten waren Gewerkschaftsmitglieder.

 TNS Opinion hat die Umfrage vom 10. April – 6. Mai 2012 durchgeführt. Es wurden Quotenstichproben verwendet, um eine repräsentative Zusammensetzung der Bevölkerung nach Alter, Geschlecht und Region widerzuspiegeln. In jedem Land wurden etwa 1.000 und insgesamt 13.087 Personen befragt.

Informationen: Die gesamte Studie finden Sie unter:

http://www.dgb.de/-/fHz

Die Studie auf den Seiten des IGB finden Sie unter:

http://www.ituc-csi.org/first-international-poll-by-global.html


Länder-Übersichtstabellen

Frage: Würden Sie sagen, dass sich Ihr Land insgesamt in die richtige oder die falsche Richtung bewegt? Anm. Gesamtzahl=13.087

 

Gesamt

G20

EU

DE

FR

UK

US

ID

MX

BR

SA

CA

JN

BG

EL

BE

Die richtige Richtung

38

41

39

49

26

39

35

39

27

64

47

61

20

41

9

38

Die falsche Richtung

58

56

59

51

73

61

65

52

69

29

41

39

79

47

87

62

Weiß nicht

4

3

2

0

0

0

0

9

4

7

12

0

0

12

4

0

Künftige Generationen werden es nicht besser haben

Frage: Sind Sie der Meinung, dass es künftige Generationen insgesamt besser oder schlechter haben werden als Ihre Generation? Anm. Gesamtzahl =13.087

 

Gesamt

G20

EU

DE

FR

UK

US

ID

MX

BR

SA

CA

JN

BG

EL

BE

Besser

27

28

21

15

7

22

21

59

27

45

36

23

17

47

15

13

Schlechter

66

65

77

85

93

79

78

26

50

24

58

77

83

43

77

87

Genauso gut/schlecht

5

6

0

0

0

0

0

10

20

29

1

0

0

2

4

0

Weiß nicht

2

1

2

0

0

0

0

4

2

1

5

0

0

9

4

0

Differenz ‘Besser - Schlechter’

-39

-37

-56

-70

-86

-57

-57

33

-23

21

-22

-54

-67

4

-62

-74

Steigende Gefahr der Arbeitslosigkeit

Frage: Ist die Gefahr der Arbeitslosigkeit oder unzureichender Beschäftigung für Sie und Ihre Familie in den letzten zwei Jahren gestiegen, zurückgegangen oder gleichgeblieben? Anm. Gesamtzahl =13.087.

 

Gesamt

G20

EU

DE

FR

UK

US

ID

MX

BR

SA

CA

JN

BG

EL

BE

Gestiegen

35

31

40

21

49

46

36

22

27

22

23

32

31

46

67

37

Zurückgegangen

14

16

10

14

8

8

10

18

35

25

22

12

11

7

6

12

Gleichgeblieben

49

52

50

65

43

47

54

59

38

48

51

56

58

43

27

51

Weiß nicht

1

1

1

0

0

0

0

2

1

5

5

0

0

5

1

0

Differenz ‘Gestiegen - Zurückgegangen’

21

14

30

7

42

38

25

4

-8

-3

1

20

20

40

61

25

Einfluss auf wirtschaftliche Entscheidungen

Frage: Bitte sagen Sie mir zu jeder der folgenden Gruppen, wie viel Einfluss diese Ihrer Meinung nach auf die wirtschaftspolitischen Entscheidungen der Regierung hat. Anm. Gesamtzahl =13.087.

Zu viel Einfluss

Gesamt

G20

EU

DE

FR

UK

US

ID

MX

BR

SA

CA

JN

BG

EL

BE

Banken/Finanzinstitutionen

67

66

76

86

84

80

75

55

61

83

23

68

42

50

88

80

Großkonzerne

65

64

69

82

72

72

76

57

57

76

27

76

46

58

81

60

Arbeitnehmer und Gewerkschaften

25

28

18

12

15

30

35

39

28

14

46

33

23

4

16

28

Wähler

13

13

4

3

4

3

5

35

22

18

24

4

14

6

22

5

Kleine Unternehmen

10

11

4

3

3

3

5

27

19

13

11

5

23

4

7

5


Zu wenig Einfluss

Gesamt

G20

EU

DE

FR

UK

US

ID

MX

BR

SA

CA

JN

BG

EL

BE

Kleine Unternehmen

71

69

82

86

83

85

80

32

52

57

69

77

69

82

73

75

Wähler

67

66

80

85

78

85

82

33

45

58

48

82

70

73

61

81

Arbeitnehmer und Gewerkschaften

50

46

60

62

66

44

41

25

43

54

27

41

60

79

66

49

Großkonzerne

16

17

13

7

12

11

10

13

27

11

38

9

28

15

9

19

Banken/Finanzinstitutionen

14

15

10

7

7

8

9

14

19

7

34

9

32

18

6

9

Befürwortung von Arbeitsgesetzen

Frage: Bitte sagen Sie mir in Bezug auf die folgenden Gesetze, ob Sie jeweils voll und ganz dafür, eher dafür, eher dagegen oder voll und ganz dagegen sind. Anm. Gesamtzahl =13.087. Die am stärksten befürworteten Gesetze stehen am Anfang.

 

Gesamt

G20

EU

DE

FR

UK

US

ID

MX

BR

SA

CA

JN

BG

EL

BE

Gesetze zum Schutz der Gesundheit und Arbeitssicherheit von Arbeitern und Angestellten

94

95

93

98

96

95

96

97

95

98

85

96

92

82

95

93

Gesetze zur Festlegung und zum Schutz eines akzeptablen Mindestlohns für Arbeiter und Angestellte

89

91

89

93

94

95

90

94

90

96

76

93

89

74

88

88

Gesetze, die Arbeitern und Angestellten das Recht auf kollektive Tarifverhandlungen verleihen, damit sich diese für gerechtere Löhne/Gehälter und Arbeitsbedingungen zusammenschließen können

86

86

87

90

91

86

76

92

91

93

72

84

89

86

91

83

Gesetze, die Arbeitern und Angestellten das Recht auf Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft verleihen

84

84

86

91

88

89

77

89

84

86

76

77

87

79

81

82


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