Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 109 - 12.06.2014

Ein-Personen-Gesellschaft: EU-Vorschlag unterläuft deutsche Mitbestimmung

Den Richtlinienvorschlag der EU-Kommission für eine neue europäische Ein-Personen-Gesellschaft hat die in Brüssel tagende Exekutive des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) abgelehnt. Dazu sagte Reiner Hoffmann, DGB-Vorsitzender, am Donnerstag in Berlin:

„Mit diesem Richtlinienvorschlag setzt die EU-Kommission auf das falsche Pferd, denn sie verzichtet auf jegliche Regelung zur Mitbestimmung. Für die hiesigen Unternehmen wäre dies ein Freibrief die deutschen Mitbestimmungsgesetze zu umgehen. Nicht nur kleinere und mittlere Unternehmen, sondern auch große mitbestimmte Konzernunternehmen – zum Beispiel die als Ein-Personen Gesellschaft firmierende Galeria-Kaufhof GmbH -  könnten entsprechende Schlupflöcher nutzen, sollte dieser Kommissionsvorschlag Wirklichkeit werden. Die Gewerkschaften werden einen Ausverkauf des Erfolgsmodells Mitbestimmung nicht hinnehmen.“

Hintergrund:

Laut am 9. April vorgelegten Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission soll die Ein-Personen-Gesellschaft ("Societas Unius Personae", SUP) eine haftungsbeschränkte Gesellschaft mit nur einem Gesellschafter sein, deren rechtliche Grundlagen sich in erster Linie aus der Richtlinie, im Übrigen aus dem jeweiligen nationalen Recht ergeben. Der Richtlinienvorschlag ermöglicht, Satzungs- und Verwaltungssitz eines Unternehmens auf verschiedene EU-Mitgliedstaaten aufzuspalten: Unternehmen können sich demnach gezielt in einem Mitgliedstaat registrieren lassen, der geringe Anforderungen an das Wirtschafts- und Sozialsystem stellt. Ihre Geschäftstätigkeit können diese Unternehmen aber zugleich in einem anderen Mitgliedstaat mit einem hohen Schutzniveau, beispielweise Deutschland, ausüben, ohne an dieses Schutzniveau gebunden zu sein. Damit wird die Möglichkeit eines ruinösen Wettbewerbs der Steuer- und Sozialstandards eröffnet.

Auch sieht der Richtlinienvorschlag die Möglichkeit einer Online-Gründung ohne Identitätsprüfung vor. In puncto Gläubigerschutz und Richtigkeitsgewähr des Handelsregisters wäre daher mit einem deutlichen Absenken deutscher Standards zu rechnen.

Die EGB-Exekutive ist nach dem EGB-Kongress das höchste Gremium des Europäischen Gewerkschaftsbundes und tritt viermal im Jahr zusammen.


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Stellungnahme zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter - SUP

Dokument ist vom Typ application/pdf.

Die EU-Kommission hat den Richtlinienvorschlag für eine haftungsbeschränkte Einpersonengesellschafft SUP ein gereicht. Damit solle „potentiellen Unternehmensgründern" und Klein- und Mittelunternehmen die Gründung von Gesellschaften im Ausland zu erleichtert werden. Der DGB lehnt den Vorschlag ab. Dieser ist geeignet, die schutzwürdigen Interessen von ArbeitnehmerInnen, Gläubigern und VerbraucherInnen zu untergraben.

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