Deutscher Gewerkschaftsbund

22.06.2023

Deine Rechte bei Extremwetter am Arbeitsplatz

Von Hitzefrei bis Schneechaos: die häufigsten Fragen und Antworten rund um Temperaturen auf der Arbeit

Wie heiß oder kalt darf es eigentlich am Arbeitsplatz sein? Was passiert bei Unfällen im Schneechaos auf em Arbeitsweg? Und sind kurze Hose und Flip-Flops im Büro erlaubt? Die wichtigsten Fragen und Antworten rund ums Thema Wetter und Arbeit.

Hitze, Kälte und Unwetter: Die wichtigsten Fragen und Antworten rund ums Thema Wetter und Arbeit

Thermometer zeigt hohe Temperatur an. Sommerhitze.

DGB/filmfoto von Getty Images via Canva.com

Gibt es "Hitzefrei" am Arbeitsplatz?

Nein, es gibt grundsätzlich kein Hitzefrei für Arbeitnehmer*innen.

Allerdings muss der Arbeitgeber die Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Arbeit zu beschaffen hat, so einrichten und unterhalten, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist wie die Natur der Dienstleistung es gestattet (§ 618 BGB). Nur wenn der Arbeitgeber dagegen verstößt, kann die Arbeit eingestellt werden.

Nach der Arbeitsstättenregel ASR 3.5 ist erst bei einer Raumtemperatur von 35° C anzunehmen, dass in diesem Raum nicht mehr gearbeitet werden kann. Das heißt aber nicht automatisch, dass Arbeitnehmer*innen nach Hause gehen können, sondern nur, dass in bestimmten Räumen nicht gearbeitet werden darf. Zudem muss die Arbeit wieder aufgenommen werden, wenn die Lufttemperatur im Raum unter diesen Wert fällt. Welche Maßnahmen der Arbeitgeber ergreifen muss bei Temperaturen über 35° C findet sich im Abschnitt Gibt es Mindesttemperaturen und Höchsttemperaturen für den Arbeitsplatz

Arbeitsstätten umfassen nicht nur Büros, sondern natürlich alle Arbeiten in Gebäuden, also auch in Lager- und Werkshallen sowie Fabrikgebäuden.

Gibt es Mindesttemperaturen und Höchsttemperaturen für den Arbeitsplatz?

Der Arbeitgeber hat die Pflicht, für „eine gesundheitlich zuträgliche Temperatur“ in den Arbeitsräumen zu sorgen. Diese Pflicht ergibt sich aus der Arbeitsstättenverordnung und ist in der ASR A3.5. (Raumtemperatur) konkretisiert. Diese sieht grundsätzlich eine Raumhöchsttemperatur von 26° C vor, beim Überschreiten einer Raumtemperatur von 26° C sollen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Erst wenn die Lufttemperatur im Raum über die Marke von 30° C steigt, muss der Arbeitgeber wirksame Maßnahmen ergreifen.

Die Mindestwerte der Lufttemperatur in Arbeitsräumen richten sich nach Schwere der Arbeit und danach, ob man dabei sitzt, steht oder sich bewegt. Danach gelten folgende Mindesttemperaturen im Büro:

  • für körperlich leichte und überwiegend sitzende Tätigkeit: 19° C,
  • für körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen: 18° C,
  • für mittelschwere und überwiegend sitzende Tätigkeit: 18° C,
  • für mittelschwere Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen: 16° C,
  • für körperlich schwere Tätigkeit muss die Mindesttemperatur weiterhin 12° C betragen,
  • für die Raumtemperatur in Pausen-, Bereitschafts-, Liege-, Sanitär-, Kantinen- und Erste-Hilfe-Räume, gelten weiterhin mindestens 21° C.

Die Höchsttemperatur ist nicht auf Büroräume begrenzt, sondern gilt für alle Arbeitsstätten. Damit sind alle Räume gemeint, die als Nutzung als Arbeitsplätze vorgesehen sind. Dazu gehören auch Werkshallen und Fabrikgebäude.

Wird die Lufttemperatur von 35° C in einem Raum überschritten, so ist der Raum für die Zeit der Überschreitung ohne

  • technische Maßnahmen (z. B. Luftduschen, Wasserschleier),
  • organisatorische Maßnahmen (z. B. Entwärmungsphasen) oder
  • persönliche Schutzausrüstungen (z. B. Hitzeschutzkleidung) wie bei Hitzearbeit,

nicht als Arbeitsraum geeignet

Dauerhaftes Arbeiten ohne beispielsweise Entwärmungsphasen in einem weniger heißen Teil des Gebäudes sind dann nicht zulässig.

Wer bestimmt über die Temperatur am Arbeitsplatz?

Wo mehrere Kolleginnen und Kollegen in einem Raum zusammen arbeiten, gibt es in der Regel auch unterschiedliche Bedürfnisse und Temperaturempfindungen. Was dem einen zu kalt ist, ist der anderen schon viel zu heiß. Wo die eine frischen Wind reinlassen will, sitzt der andere in der Zugluft. Rechtlich regeln lassen sich solche unterschiedlichen Interessen naturgemäß kaum. Wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter untereinander keine Lösung finden, um die Temperatur und das Frischluftbedürfnis für alle verträglich zu gestalten, ist gegebenenfalls der Betriebsrat der richtige Ansprechpartner. Betroffen ist hier die Ordnung des Betriebes bzw. das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb sowie der betriebliche Arbeitsschutz.

Der Betriebsrat kann hier im Idealfall zwischen den betroffenen Kolleginnen und Kollegen vermitteln. Falls keine einvernehmliche Lösung der Konflikte zu erreichen ist, könnte aber auch eine Betriebsvereinbarung über den Umgang mit Temperaturen, Fensteröffnungszeiten oder ähnlichem einen solchen Konflikt befrieden. Soweit örtlich und betrieblich möglich, ist es in solchen Situationen natürlich zunächst sinnvoll die Arbeitsplätze räumlich so zusammenzusetzen, dass die jeweiligen Bedürfnisse miteinander in Einklang zu bringen sind.

Was muss der Arbeitgeber gegen Hitze tun?

Die Arbeitsstättenverordnung verpflichtet den Arbeitgeber, in Arbeitsräumen „eine gesundheitlich zuträgliche Temperatur“ zu gewährleisten. Nach der Arbeitsstättenregel ASR 3.5 soll der Arbeitgeber zusätzliche Maßnahmen ergreifen, wenn die Außenlufttemperatur über 26 °C beträgt.

Erst wenn die Raumtemperatur die Marke von 30°C überschreitet, muss der Arbeitgeber tätig werden und wirksame Maßnahmen ergreifen, um die Belastung der Beschäftigten zu verringern.

Außerdem muss der Arbeitgeber auf besonders gefährdete Beschäftigte wie Jugendliche, Ältere, Schwangere oder stillende Mütter achten. Auch wer besonders schwer körperlich arbeitet, hat Anspruch auf entsprechende Erleichterungen.

Wie können solche Maßnahmen bei großer Hitze aussehen?

Der Arbeitgeber kann zum Beispiel Jalousien anbringen lassen. Er kann auch dafür sorgen, dass die Büros und Werksräume nachts auskühlen und morgens gut gelüftet werden, solange es noch kühl ist. Auch durch Klimaanlagen oder Ventilatoren kann die Raumtemperatur erträglicher gestaltet werden.

Wenn das nicht hilft, kann der Arbeitgeber auch die Arbeitszeit an die Witterung anpassen, indem die Arbeitszeit früher beginnt und dafür in den warmen Nachmittagsstunden früher endet. Denkbar ist auch eine Verlegung der Arbeit in die Abendstunden. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber verpflichtet sein, Kleidungsvorschriften zu lockern und zur Erfrischung genügend Getränke bereitzustellen.

Muss der Betriebsrat an Maßnahmen zum Wärmeschutz beteiligt werden?

Alle Maßnahmen, die die Arbeitsräume betreffen, unterliegen der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats. Denn hier geht es um den Gesundheitsschutz (§ 87 I Nr. 7 BetrVG). Soll die Arbeitszeit wegen der hohen Temperaturen verlegt werden, so ist diese Verlegung ebenfalls mitbestimmungspflichtig (§ 87 I Nr. 2, 3 BetrVG). Der Betriebsrat muss beteiligt werden, wenn Beginn und Ende der Arbeitszeit einschließlich der Pausen festgelegt werden.

Da sich dieses Thema regelmäßig wiederholt, empfiehlt es sich, dazu eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Somit muss nicht jedes Mal aufs Neue diskutiert werden, während die Belegschaft schwitzt.

Was ist, wenn Kinder hitzefrei haben und betreut werden müssen?

Da manche Schulen im Sommer eher großzügig sind mit „hitzefrei“, kann das auch zu Schwierigkeiten im Arbeitsalltag führen: Kann ich als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer den Arbeitsplatz verlassen, um mein Kind an einem solchen Tag von der Schule abzuholen? Wenn das Kind noch nicht alt genug ist um nachmittags allein zu bleiben und es keine andere Betreuungsmöglichkeit gibt, kann das grundsätzlich eine Arbeitsverhinderung sein, die dazu berechtigt, den Arbeitsplatz auch früher zu verlassen. In einem solche Fall erhält man grundsätzlich auch Lohn für die ausgefallenen Arbeitszeiten.

Das ergibt sich aus dem Vergütungsfortzahlungsanspruch (§ 616 BGB). Hiernach besteht immer dann ein Anspruch auf Weiterbezahlung, wenn die Verhinderung auf einem „in der Person des Arbeitnehmers“ liegenden Grund beruht. Ein solcher Grund ist bei der nicht vorhergesehenen Betreuungsbedürftigkeit eines Kindes, welches mit der Arbeitnehmer*in in einem Haushalt wohnt, gegeben. Jedoch kann im Arbeitsvertrag vereinbart werden, dass § 616 BGB nicht gilt. Besteht im Arbeitsvertrag einen solche Vereinbarung, kann die Arbeitnehmer*in zwar zu Hause bleiben, erhält für die ausgefallenen Zeiten jedoch keine Vergütung.

Ist bei tropischen Temperaturen tropentaugliche Kleidung erlaubt?

In der warmen Jahreszeit ist es naheliegend, sich etwas luftiger zu kleiden. Grundsätzlich darf zwar jeder anziehen was sie oder er will, am Arbeitsplatz gelten jedoch Ausnahmen. So hat das Bundesarbeitsgericht klar gemacht, dass ein Arbeitgeber von seinen Beschäftigten mit Kundenkontakt grundsätzlich erwarten kann, sich dem Charakter des Handelsgeschäfts und dessen Kundenstamm entsprechend branchenüblich zu kleiden.

Ähnliches gilt, wenn der Arbeitgeber eine einheitliche Arbeitskleidung vorgibt und diese auch zur Verfügung stellt, etwa weil er ein einheitliches Erscheinungsbild wünscht. Auch die Einhaltung von arbeitsschutzrechtlichen Sicherheitsbestimmungen ist nicht verhandelbar. Dies gilt zum Beispiel für Sicherheitsschuhe, Kittel, Helme und Ähnliches. Verstöße gegen den Dresscode oder Sicherheitsbestimmungen können zwar nicht zur Kündigung, wohl aber zu einer Abmahnung führen. Allerdings muss der Arbeitgeber konkret auflisten, welcher modische Fehlgriff nicht toleriert wird. Der allgemeine Vorwurf einer „urlaubsmäßigen“ Aufmachung reicht nicht aus, wie das Arbeitsgericht Frankfurt am Main festgestellt hat (Az. 9 Ca 1687/01).

Muss ich bei Unwetterwarnung zur Arbeit?

Eine akute Unwetterwarnung kann der Grund sein, dass es für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht zumutbar ist, sich auf den Weg zum Arbeitsplatz zu machen. In der Regel ist das dann eine begründete Arbeitsverhinderung, die dazu berechtigt, der Arbeit in dieser Situation fern zu bleiben.

Das bedeutet jedoch nicht, dass für diesen Tag bzw. für diese Zeit ein Vergütungsanspruch besteht. Ein solcher Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung gemäß § 616 BGB besteht nur bei Verhinderung durch einen „in der Person des Arbeitnehmers“ liegenden Grund. Voraussetzung sind somit subjektive, persönliche Leistungshindernisse. Ein Unwetter stellt aber, ein objektives Leistungshindernis dar, das nicht in den persönlichen Verhältnissen begründet ist. Das Risiko zur Arbeit zu gelangen, liegt grundsätzlich bei der Arbeitnehmer*in.

Anders ist die Situation, in der ein Kind wegen einer Unwetterwarnung früher von der Schule abgeholt werden muss. Hier ist der Grund für die Arbeitsverhinderung die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes, und nicht das Unwetter, sodass wie bei „hitzefrei“ auch ein Anspruch auf Lohn besteht.

Was gilt bei Hitze im Freien?

Bei Arbeiten im Freien sind die Folgen extremer Sonneneinstrahlung und der Ozonbelastung bekanntermaßen noch gravierender. Die nicht sichtbare UV-Strahlung ist Ursache für Haut- und Augenerkrankungen und erhöht das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken. Steigt die Temperatur im Schatten auf mehr als 25 Grad, muss auf schwere Arbeiten verzichtet werden. Eine frühzeitige Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze unter Beachtung des UV-Index ist ratsam – ebenso wie klare Regeln über Schutzmaßnahmen, von Kopfbedeckung bis Brillen mit UV-Filter.

Wer trägt die Kosten für Unfälle im Winter?

Unfälle, die auf dem – direkten – Weg zwischen Arbeitsort und Wohnung passieren, sind als „Wegeunfälle“ über die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen versichert. Auch wenn es sich um witterungsbedingte Unfälle handelt, zum Beispiel der im Winter häufig vorkommende Glatteisunfall. Dabei ist es grundsätzlich egal, ob man zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Auto unterwegs ist. Die gesetzliche Unfallversicherung übernimmt aber nur die Kosten für Gesundheitsschäden, also Behandlungskosten, Verletztengeld (bei Verdienstausfall) oder eine Verletztenrente, sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen.

Sachschäden werden auch bei Wegeunfällen nicht ersetzt. Auch der Arbeitgeber kann hier in der Regel nicht in Anspruch genommen werden. Nach der Rechtsprechung haftet ein Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nur für solche Schäden, die in Ausübung einer gefährlichen Arbeit entstanden sind. Die Benutzung eines PKW für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gehört demgegenüber zum allgemeinen Lebensrisiko, das letztlich jeder selbst trägt.

Etwas anderes gilt nur bei der Beschädigung von „Hilfsmitteln“ – wie etwa einer Brille oder eines orthopädischen Ersatzstückes. Beschädigungen an diesen Gegenständen sind auch von der Unfallversicherung umfasst.

Deine Rechte bei Hitze am Arbeitsplatz im Überblick

LINK: Fragen und Antworten zu Temperaturen am Arbeitsplatz bei der DGB-Rechtsschutz GmbH

LINK: IG Metall: Was tun bei Hitze am Arbeitsplatz?

Link: ver.di: Empfehlungen für heiße Sommertage in Arbeitsstätten

LINK: IGBCE: Arbeitsschutz - Schwitzkasten Arbeitsplatz

Link: Empfehlungen für heiße Sommertage in Arbeitsstätten - Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)


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