Neben neuen Möglichkeiten digitaler Überwachung ist die Überwachung von Mitarbeitern per Videokamera immer noch eines der häufigsten Instrumente, mit dem Arbeitgeber die Tätigkeit und das Verhalten ihrer Beschäftigten beobachten.
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Aber müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer es sich gefallen lassen, wenn ihr Arbeitgeber Überwachungskameras am Arbeitsplatz installiert? Nein, nicht in jedem Fall, wie diese Ausgabe der DGB-Rechtsfrage zeigt. Expertinnen und Experten der DGB Rechtsschutz GmbH geben Tipps und Hintergrundinfos.
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Müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer es sich gefallen lassen, wenn ihr Arbeitgeber Überwachungskameras am Arbeitsplatz installiert? Nein, nicht in jedem Fall. Was kann man gegen Videoüberwachung im Job tun? Einiges. Hier die 10 wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema:
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LINK: Die 10 Fragen und Antworten plus weitere Infos gibt's auch bei der DGB-Rechtsschutz GmbH
Nein. Dafür gelten schon vor mitbestimmungs- und arbeitsrechtlichen Aspekten etliche Bedingungen. Wenn im öffentlichen Raum, also beispielsweise an Arbeitsplätzen, überwacht werden soll, dürfen „schutzwürdige Interessen“ der Betroffenen (also zum Beispiel die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten) nicht gegenüber den Interessen des Arbeitgebers (zum Beispiel deren Eigentumsrecht) überwiegen. Der Schutz der Rechte der von Überwachung betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wiegt also stark.
Deshalb müssen Arbeitgeber vor einer Videoüberwachung prüfen, ob sie ihr eigentliches Anliegen nicht auch ohne Überwachung erreichen können. Ist das der Fall, muss diese Alternative genutzt werden, statt Kameras zu installieren.
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Wie gesagt: Arbeitgeber müssen vor einer Videoüberwachung prüfen, ob sie ihr eigentliches Anliegen nicht auch ohne Überwachung erreichen können. Ist das der Fall, muss diese Alternative genutzt werden. Besonders häufig wird Videoüberwachung am Arbeitsplatz von den Arbeitgebern damit begründet, dass Diebstähle durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verhindert werden sollen. Hier gilt: Können Diebstähle beispielsweise auch durch den Einbau von neuen Schlössern oder Türen verhindert werden, besteht kein Anlass Videokameras einzubauen, durch die zugleich Beschäftigte bei ihrer Tätigkeit gefilmt werden.
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Ganz klares NEIN! Videoüberwachungen in Bereichen, die „überwiegend der privaten Lebensgestaltung der Beschäftigten dienen“, sind grundsätzlich unzulässig, erklärt der DGB-Rechtsschutz. Das gilt insbesondere für WC, Sanitär-, Umkleide- und Schlafräume. Beschäftigte sind in diesen Räumen vor jeglicher Überwachung durch den Arbeitgeber zu schützen, da der Schutz der Intimsphäre hier überwiegt.
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Wenn eine Videoüberwachungsanlage im Einsatz ist, müssen die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darauf hingewiesen werden. „Dass eine Beobachtung der Betroffenen erfolgt, ist diesen durch geeignete Maßnahmen bekannt zu machen. Dies kann am besten durch ein gut wahrnehmbares und möglichst im Zutrittsbereich der überwachten Fläche angebrachtes Schild erfolgen“, erklärt der DGB-Rechtsschutz.
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Grundsätzlich sind verdeckte Videoüberwachungen unzulässig. Es gibt aber Ausnahmen: Diese können „nach der Rechtsprechung dann gegeben sein, wenn ein aktueller Diebstahlverdacht besteht“, so der DGB-Rechtsschutz. In einer Entscheidung von 2012 (Az: 2 AZR 153/11), hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) ausgeführt, dass in Ausnahmefällen eine heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz zulässig sein kann. Die Anforderungen an eine verdeckte Videoüberwachung sind allerdings sehr hoch. Nur wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers vorliegen, kann eine verdeckte Videoüberwachung möglich sein. Voraussetzung hierfür ist aber, dass weniger einschneidende Mittel ausgeschöpft wurden (siehe Frage 1. und Frage 2.) und die Videoüberwachung nicht unverhältnismäßig sein darf.
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Ja. Wenn Videokameras eingesetzt werden sollen, ist der Betriebsrat zu beteiligen. Dieser Mitbestimmungsanspruch ergibt sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist es, Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich der Arbeitnehmer durch Verwendung anonymer technischer Kontrolleinrichtungen nur bei gleichberechtigter Mitbestimmung des Betriebsrats zuzulassen.
Den Gefahren einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts und des Rechts der Arbeitnehmer auf freie Entfaltung dieser Persönlichkeit (§ 75 BetrVG), die von technischen Überwachungseinrichtungen ausgehen können, soll durch eine mitbestimmte Regelung über die Einführung und nähere Nutzung solcher Einrichtungen begegnet werden.
Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats kommt daher eine Abwehrfunktion gegenüber der Einführung solcher technischer Kontrolleinrichtungen zu, deren Einführung als solche nicht verboten ist und deren Anwendung unter Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer auch sinnvoll und geboten sein kann (BAG Beschluss vom 28.11.1989 – 1 ABR 97/88). Kommt keine Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber im Hinblick auf die Installation von Videokameras zustande, so entscheidet gem. § 87 (2) BetrVG die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
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Nicht in jedem Fall: Es kommt nämlich nicht darauf an, ob Kameras tatsächlich ein Bild wiedergeben oder aufzeichnen. Die reine Präsenz einer Kamera und die damit einhergehende Annahme der Betroffenen, dass sie beobachtet werden, können einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellen. Das hat beispielsweise das Landgericht (LG) Bonn geurteilt (LG Bonn, Urteil vom 16.11.2004, Az.: 8 S 139/04): Schon der Einsatz von bloßen Kamera-Attrappen könne einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen, da hierdurch bei den Betroffenen der Eindruck erweckt wird ständig überwacht zu werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) können Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche auch dann begründet sein, wenn durch eine vom Arbeitgeber installierte Kamera keine Videoaufzeichnungen erfolgen oder die Kamera gar nicht eingeschaltet ist: Nämlich dann, wenn sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch die potenzielle Beobachtung überwacht fühlen (BGH, Urteil vom 16.03.2010; Az.: VI ZR176/09).
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Nach aktueller Rechtsprechung: Nein. Bei der Einführung einer Kamera-Attrappe auf dem Betriebsgelände hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht. Die Attrappe einer Kamera ist objektiv nicht dazu geeignet, Arbeitnehmer zu überwachen und zu kontrollieren. Diese Auffassung vertritt das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern in einem Beschluss vom 12.10.2014, Az.: 3 TaBV 5/14 (Artikel der DGB Rechtsschutz GmbH zum Thema).
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Nach § 6 Abs. 5 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sind die Daten unverzüglich zu löschen, „wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen“, erklärt der DGB-Rechtsschutz die Rechtslage. Eine konkrete Frist existiert allerdings nicht. Einige Aufsichtsbehörden vertreten die Auffassung, dass Daten aus Videoüberwachungen maximal 72 Stunden gespeichert werden dürfen. Das ist jedoch keine bindende Vorgabe. Für die Speicherdauer ist der Zweck maßgebend. Wenn der konkrete Zweck der Erhebung wegfällt, sind die Daten unverzüglich zu löschen. Ein mögliches Beispiel: Wenn per Videoüberwachung sichergestellt werden soll, dass Besucher eines Straßenfestes in der Nähe des Betriebs nicht unbefugt auf das Betriebsgelände eindringen, entfällt mit Ende des Straßenfestes auch der „Zweck der Erhebung“ – die Daten (also die Aufnahmen) wären dann zu löschen.
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Wer als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer die Vermutung hat, einer unzulässigen Videoüberwachung ausgesetzt zu sein, sollte grundsätzlich wie folgt vorgehen: Wenden Sie sich an den Betriebsrat und/oder an die Gewerkschaft. Denkbar ist auch den/die Datenschutzbeauftragte/n hinzuzuziehen. Es besteht auch die Möglichkeit, sich an die jeweilige Aufsichtsbehörde zu wenden, die für Ihr Bundesland zuständig ist. Vor allem aber: Greifen Sie nicht ohne rechtliche Beratung und Absicherung zur „Eigenjustiz“ und bauen Kameras beispielsweise einfach ab. Welche rechtlichen Mittel Sie haben? Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag: "Verbotene oder heimliche Videoüberwachung durch den Chef - wie kann ich mich wehren?".
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Auszug aus einem Beitrag vom DGB-Rechtsschutz-Experten Dr. Till Bender
Was tun, wenn ich glaube, dass mein Arbeitgeber mich unerlaubt per Videokamera überwacht? Zuerst klären: Darf er das? Und dann die geeigneten rechtlichen Schritte einleiten – unter Umständen bis zum Schadensersatz oder zum Schmerzensgeld. Aber Vorsicht, rät DGB-Rechtsschutz-Experte Dr. Till Bender: "Selbsthilfe" oder Selbstjustiz ist der falsche Weg und kann Konsequenzen haben. Wir klären deshalb: Welche Ansatzpunkte haben Beschäftigte, um sich gegen Videoüberwachung zu wehren?
LINK: Den kompletten Beitrag unseres Experten gibt's auf den Seiten der DGB-Rechtsschutz GmbH
DGB-Rechtsschutz GmbH
Unser Rechtsexperte in dieser Ausgabe der "Rechtsfrage": Dr. Till Bender vom DGB-Rechtsschutz
Beim Einsatz von Videokameras ist der Betriebsrat zu beteiligen. Denn nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 des Betriebsverfassungsgesetzes steht dem Betriebsrat bei Maßnahmen, mit denen der Arbeitgeber die Leistung oder das Verhalten von Arbeitnehmern prüfen oder überwachen könnte, ein Mitbestimmungsrecht zu. Eine Videoüberwachung ohne entsprechende Beteiligung des Betriebsrats ist rechtswidrig. Denn bei der Kontrolle der Mitarbeiter hat der Betriebsrat ein echtes Mitbestimmungsrecht, das heißt, er verhandelt mit dem Arbeitgeber auf Augenhöhe. Wenn der Arbeitgeber nun eigenmächtig eine Videokamera installiert, kann der Betriebsrat auf Entfernung klagen, da sein Mitbestimmungsrecht missachtet wurde.
Selbst wenn dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht zusteht, weil es sich bei der Kamera um eine Attrappe handelt, kann es sinnvoll sein, sich an den Betriebsrat zu wenden. Die Attrappe ist zwar nicht geeignet, die Leistung der Beschäftigten zu kontrollieren, sie soll aber den Beschäftigten das Gefühl vermitteln, dass sie kontrolliert werden. Stellt sich durch die Intervention des Betriebsrates heraus, dass es sich tatsächlich um eine Attrappe handelt, kann dieser Schein nicht mehr aufrechterhalten werden und die Attrappe verliert ihre Wirksamkeit.
Allerdings hat nicht jeder Betrieb einen Betriebsrat. Trotzdem gibt es weitere Ansatzpunkte:
Sofern kein Betriebsrat besteht, kann sich der Beschäftigte auch an den betrieblichen Datenschutzbeauftragten wenden. Der oder die Datenschutzbeauftragte hat die Aufgabe, auf die Einhaltung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und anderer Vorschriften zum Datenschutz hinzuwirkten.
Der Datenschutzbeauftragte hat also, anders als der Betriebsrat, kein echtes Beteiligungsrecht. Er kann die Umsetzung der datenschutzrechtlichen Vorschriften nicht selbst vornehmen. Seine Aufgabe besteht vielmehr darin, den Stand des Datenschutzniveaus im Unternehmen zu analysieren und der Geschäftsführung Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten.
Hintergrund
"Betroffene können sich jederzeit an den Beauftragten für den Datenschutz wenden." - § 4f Abs. 5, Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
"Der Beauftragte für den Datenschutz ist zur Verschwiegenheit über die Identität des Betroffenen sowie über Umstände, die Rückschlüsse auf den Betroffenen zulassen, verpflichtet (...)."
Als weiterer Ansprechpartner steht die überwachende Behörde zur Verfügung. Wer die zuständige Ausichtsbehörde ist, richtet sich im Wesentlichen nach dem Landesrecht des jeweiligen Bundeslandes. In der Regeln handelt es sich um die Landesbeauftragten oder Landesbehörden für Datenschutz.
Als außenstehende Stelle hat die Aufsichtsbehörde durchaus erhebliche Sanktionsmöglichkeiten gegen den Arbeitgeber. Bei gravierenden Verstößen, etwa bei dauerhafter heimlicher Videoüberwachung ohne nachvollziehbaren Zweck, drohen dem Arbeitgeber empfindliche Bußgelder.
Manche Beschäftigte versuchen, sich selbst zu helfen, indem sie Kameras selbst zerstören oder zumindest verdecken. Davon rät DGB-Rechtsschutz-Experte Dr. Till Bender ab:
"Hier ist äußerste Zurückhaltung geboten. Die Zerstörung von Kameras und anderen Überwachungsgeräten erfüllt auch dann den Tatbestand einer Sachbeschädigung, wenn die Überwachung zu Unrecht erfolgt. Der Arbeitgeber kann eine fristlose Kündigung aussprechen und den Ersatz des Schadens verlangen.
Etwas weniger hart wird der Fall zu bewerten sein, wenn die verbotene Videoüberwachung durch 'Unterbrechung des Bildes' mittels Klebestreifen oder ähnlichem erfolgt. Hier wird die Sache selbst zwar nicht beschädigt und es besteht auch kein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers an der Bildübertragung, dennoch bewegt man sich hier in einem rechtlichen Graubereich. Als Verstoß gegen betriebliche Abläufe könnte ein solches Verhalten durchaus mit einer Abmahnung geahndet werden."
Es bestehen durchaus effektive Mittel, sich gegen ungerechtfertigte Videoüberwachung zur Wehr zu setzen: Die unbefugte Überwachung mittels Kameras und vielleicht sogar Mikrofonen stellt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, der Arbeitgeber macht sich schadensersatzpflichtig.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein vom Grundgesetz geschütztes Rechtsgut. Nach der Rechtsprechung führt ein Verstoß hiergegen zu Ansprüchen auf Schadensersatz und Schmerzensgeld, wobei letzteres in seiner Höhe im Ermessen des Gerichts steht.
So hat das Arbeitsgericht Iserlohn in einer von der DGB Rechtsschutz GmbH vertretenen Sache einen Arbeitgeber zur Zahlung von 4.000 Euro verurteilt, weil der seine Mitarbeiterin 18 Jahren lang an ihrem Arbeitsplatz in einer Bäckereifiliale heimlich beobachtet hatte.
Zudem besteht in Extremfällen ein Leistungsverweigerungsrecht der Mitarbeiter. Ob ein solcher Extremfall vorliegt, richtet sich nach der Art der Überwachung, also danach, welche Orte überwacht werden, der Dauer sowie der übrigen Umstände des Einzelfalles. Dabei stellt sich zum Beispiel die Frage, ob die Überwachung sich gerade gegen den Mitarbeiter selbst richtet, oder ob seine Überwachung quasi nur „bei Gelegenheit“ erfolgt und der eigentliche Zweck ein anderer ist.
Wenn dem Mitarbeiter aufgrund der Umstände des Einzelfalles ein solches Leistungsverweigerungsrecht zusteht, braucht er die Arbeitsleistung nicht zu erbringen und behält trotzdem seinen Anspruch auf Entlohnung.
Wie bereits gesagt, handelt es sich hier um ein Recht, dass nur in extremen Fällen besteht. Die Beschäftigten sollten sich gut absichern, etwa durch Beratung beim Betriebsrat oder der Gewerkschaft, bevor sie der Arbeit fernbleiben. Besteht nämlich kein Leistungsverweigerungsrecht, wird den Beschäftigten dies als Arbeitsverweigerung ausgelegt und kann entsprechend geahndet werden.
Ein weiterer Effekt der verbotenen Videoüberwachung ist, dass die gewonnenen Aufzeichnungen vor Gericht nicht verwendet werden dürfen. Dies ist für Arbeitgeber oft besonders bitter, weil die Videoaufnahmen oft ja gerade deshalb angefertigt wurden, um eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen und vor Gericht durchbringen zu können.
So war es auch im Fall der DGB-Rechtsschutz GmbH vor dem Arbeitsgericht Iserlohn: Die Mitarbeiter wussten nichts von der Videoüberwachung im Betrieb. Erst als der Arbeitgeber die Aufzeichnungen im Kündigungsschutzprozess vorlegte, um eine angebliche unerlaubte Geldentnahme nachweisen zu können, wurde dies bekannt. Das Gericht beeindruckte das Filmmaterial jedoch nicht, weil es ein verbotenes Beweismittel war. Stattdessen drehte die Sachbearbeiterin den Spieß um und verklagte nun ihrerseits den Arbeitgeber auf Entschädigung – mit Erfolg!
Das Beweisverwertungsverbot ist eine Konsequenz des Verbotes, heimliche Videoaufzeichnungen anzufertigen. Denn oft bezweckt der Arbeitgeber ja gerade, die Aufzeichnungen auch zu verwenden. Die Gerichte dürften dies jedoch nicht beachten, so dass auch ein wesentlicher Anreiz entfällt, derartige Aufnahmen anzufertigen.
LINK: Den kompletten Beitrag unseres Experten gibt's auf den Seiten der DGB-Rechtsschutz GmbH
DGB-Rechtsschutz-Expertin Silke Clasvorbeck hat für die DGB-Rechtsfrage wichtige Urteile zr Videoüberwachung am Arbeitsplatz zusammengestellt – von Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichts bis zu Urteilen über Ausnahmen vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
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LINK: Die komplette Urteilsliste gibt es auf der Webseite der DGB Rechtsschutz GmbH
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat bereits 2003 Grundsätze für die Zulässigkeit heimlicher Videoüberwachung aufgestellt. Danach ist die heimliche Videoüberwachung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zulässig, wenn
Der Verdacht muss dabei in Bezug auf eine konkrete strafbare Handlung oder andere schwere Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers gegen einen zumindest räumlich und funktional abgrenzbaren Kreis von Beschäftigten bestehen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil von 27.03.2003, 2 AZR 51/02, Leitsatz als PDF bei der DGB Rechtsschutz GmbH
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Videoüberwachung gilt nicht immer. Denn nach §87 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz hat der Betriebsrat nur mitzubestimmen, soweit keine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht. Das Mitbestimmungsrecht wurde vom Bundesarbeitsgericht (BAG) zum Beispiel in einem Fall verneint, in dem für den Arbeitgeber eine Unfallverhütungsvorschrift für Spielhallen und Spielcasinos galt. Diese Vorschrift legte verbindlich fest, dass der Betrieb eine Videoüberwachung einrichten und betreiben muss.
Ausnahmen vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Videoüberwachung am Arbeitsplatz gelten also beispielsweise dann, wenn ein Gesetz oder ein Tarifvertrag etwas anderes regeln.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 11.12.2012, 1 ABR 78/11, als PDF beim Bundesarbeitsgericht
In einem anderen Urteil verneinte das Landesarbeitsgerichts (LAG) Mecklenburg-Vorpommern das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Videoüberwachung, wenn es sich bei der Kamera nur um eine Attrappe handelt.
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, 3. Kammer, Beschluss vom 12.11.2014, 3 TaBV 5/14, Leitsatz als PDF bei der DGB Rechtsschutz GmbH