- Videomitschnitt: Die Zukunft der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland
- Audiomitschnitt: Die Zukunft der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland
Videomitschnitt: Die Zukunft der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland
Lange wurde die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland vernachlässigt, jetzt wird sie zum Standortrisiko für Wirtschaft und Beschäftigung. Was getan werden muss und wie, wurde am 25. Februar in Berlin auf einer Tagung von Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) und DGB diskutiert.
Hashtag: #verkehrsinfra
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte im Rahmen der Konferenz: "Bund und Länder dürfen die notwendigen Investitionen in marode Straßen, Brücken, Schienen und Wasserwege nicht länger aufschieben. Wer die Verkehrsinfrastruktur weiter auf Verschleiß fährt, setzt Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft aufs Spiel."
Es sei absurd, wenn "im Bundeshaushalt Überschüsse erwirtschaftet werden und gleichzeitig unsere Infrastruktur verkommt. Allein als Nachholbedarf und zur Erhaltung der Verkehrswege brauchen wir zusätzlich mehr als sieben Milliarden Euro jährlich in den nächsten 15 Jahren."
DGB/Simone M. Neumann
"Wir Gewerkschaften fordern seit langem eine Investitionsoffensive", so Körzell weiter. "Selbst der BDI hat dies im vergangenen Jahr mit uns gemeinsam getan."
Es brauche "beim Umgang mit unserer Verkehrsinfrastruktur einen Politikwechsel. Es ist ein dickes Brett, das wir da bohren müssen", sagte Körzell. Denn die große Koalition stehe sich selbst im Weg. Sie wolle weder neue Schulden machen noch die Steuern erhöhen.
"Wer die 'Schwarze Null' zur Maxime der Finanzpolitik erklärt und Steuermehreinnahmen in den Schuldenabbau steckt, statt in die Zukunft zu investieren, handelt verantwortungslos", so Körzell. "Wo ist der Unterschied, wenn ich statt Schulden den nachfolgenden Generationen eine komplett marode Infrastruktur hinterlasse?"
DGB
Es gehe bei Investitionen in die Infrastruktur aber nicht darum, "ein neues Vehikel für ein Geschäftsmodell zu finden, dass sich eigentlich in den letzten Jahren selbst desavouiert hat: die ÖPPs", so Körzell über Öffentlich-private-Partnerschaften (ÖPP) im Infrastrukturbereich.
"Das Finanzministerium hingegen will den Bundeshaushalt von den Kosten der Verkehrsinfrastrukturentwicklung entlasten. Es strebt möglichst unabhängige Finanzierungskreisläufe an – zunächst für die Bundesfernstraßen. Dazu gehört auch die vollständige Nutzerfinanzierung, also neben der Lkw-Maut auch die Pkw-Maut. Hier will ich kurz anmerken, dass die Verkehrsinfrastruktur ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge ist", erklärte das DGB-Vorstandsmitglied.
Der abgestimmte Reformvorschlag des Bundesverkehrsministers vom Dezember 2015 entwerfe das Modell "einer zentralisierten Verkehrsinfrastrukturgesellschaft für Bundesautobahnen in der Hand des Bundes", so Körzell. "Es soll Privaten ermöglichen, sich projektbezogen zu beteiligen, was faktisch über ÖPP-Modelle geschehen dürfte. Angesichts der weit höheren Finanzierungskosten für Versicherer und der unklaren Definition des Risikos, das von der Finanzbranche getragen werden soll, lehnen die Gewerkschaften diese Öffnung für ÖPP grundsätzlich ab. Ich möchte an dieser Stelle ein Hauptargument der Versicherungen und ÖPP-Lobbyisten entkräften: Beide behaupten, sie gehen dabei langfristige Risiken ein, für die eine Kompensation in Form höherer Rendite zu verlangen ist. Sie entlasten den Staat von Risiken, dafür bekommen sie einen Risikoaufschlag, also höhere Rendite. Ich sage den beiden Lobby-Gruppen: Bundesfernstraßen und eine beabsichtigte Bundesfernstraßengesellschaft im Bundesbesitz gehören dem Bund und für sein Eigentum haftet der Staat. Immer!"
Der Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Frank Bsirske, nannte einen Teil der Pläne und Diskussionen zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten ein "Stück aus dem Tollhaus". Abgesehen davon, dass die Gewerkschaften sich stets gegen eine Schuldenbremse ausgeprochen hätten, werde zunächst genau diese Schuldenbremse eingeführt – um dann nach Wegen zu suchen, diese zu umgehen. Denn, so Bsirske, auch die Bundesfernstraßengesellschaft "heißt nichts anderes als Kreditaufnahme bei Privaten", so Bsirske auf der Konferenz von DGB und Friedrich-Ebert-Stiftung. "Wir haben es hier mit einer, ich nenne es mal 'problematischen Situation' zu tun", so der ver.di-Vorsitzende. Grundsätzlich sagte Bsirske zur Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur: "Die Notwendigkeit der Einbringung privaten Kapitals sei im Infrastrukturbereich "nirgends schlüssig begründet".
Bei Infrastrukturprojekten gebe es nicht in erster Linie strukturelle Probleme – „es ist vor allem eine Finanzierungsfrage“, sagte der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner auf der Konferenz und rechnete allein für den Schienenverkehr einen Investitionsstau in Milliardenhöhe vor.
Auch die Entscheidungsstrukturen müssten aus Sicht der Gewerkschaften effizienter werden: "Wir können nicht immer 15 Jahre brauchen, um irgendetwas bauen zu können“, forderte Petra Reinbold-Knape, Mitglied des Geschäftsführenden Hauptvorstands der IG BCE. Es brauche eine "Offensive Infrastruktur" nach dem Motto: „Entscheiden und machen.“
.@SKoerzell: "Über Bundesmittel nicht in Streit verfallen, sondern schnell und sinnvoll einsetzen". #verkehrsinfra pic.twitter.com/mwpf0LDaSI
— DGB-Bundesvorstand (@dgb_news) 25. Februar 2016
Problem der vergangenen Verkehrspolitik: Fehlendes Gesamtkonzept für #verkehrsinfra, sagt A. Kirchner (@DeineEVG). pic.twitter.com/X2BLLBblQY
— DGB-Bundesvorstand (@dgb_news) 25. Februar 2016
.@_verdi-Vorsitzender Bsirske: "Politik der 'Schwarzen 0' ist angesichts Investitionsstau abwegig." #verkehrsinfra pic.twitter.com/O2RqgJpCkX
— DGB-Bundesvorstand (@dgb_news) 25. Februar 2016
Kerner (@IGMetall): "Industrie braucht leistungsfähige Infrastruktur" – finanziert aus Steuermitteln. #verkehrsinfra pic.twitter.com/XlJQGXj0ai
— DGB-Bundesvorstand (@dgb_news) 25. Februar 2016
Jürgen Kerner über #ÖPP: Die Rendite muss irgendwo herkommen - entweder vom Staat oder vom Bürger #Verkehrsinfrastruktur #Verkehrsinfra
— IG Metall (@IGMetall) 25. Februar 2016
Knapp ein Jahr nach der Veröffentlichung des Berichts der Expertenkommission „Stärkung von Investitionen in Deutschland“ nimmt die politische Diskussion um die Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur erneut an Fahrt auf. Die Bundesregierung hat ihre Vorstellungen im Bericht über die „Reform der Auftragsverwaltung im Bereich der Bundesfernstraßen“ unterbreitet.
Im Mittelpunkt der Debatte steht die Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft. Die Länder sehen die Einrichtung einer solchen Gesellschaft kritisch und haben eine Kommission unter Vorsitz von Kurt Bodewig beauftragt, bis Februar 2016 Vorschläge zur Organisation und Finanzierung von Bau und Erhalt der Straßen zu unterbreiten.
Wir laden Sie gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung ein, mit uns die Vorschläge von Bund und Ländern aus finanz-, gewerkschafts-und verkehrspolitischer Perspektive zu diskutieren:
am: 25.2.2016
um: 12 bis 18 Uhr
Ort: Friedrich-Ebert-Stiftung, Hiroshimastraße 17, 10785 Berlin
Es diskutieren unter anderem mit uns:
sowie Vorstände und Vorstandsmitglieder der Gewerkschaften IG Metall, ver.di. IG BCE, IG BAU und EVG
Hier können Sie die Veranstaltung noch einmal ansehen Videomitschnitt "Zukunft der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland"
Martin Stuber, Deutscher Gewerkschaftsbund
Referatsleiter Infrastruktur- und Mobilitätspolitik
Abteilung Struktur-, Industrie- und Dienstleistungspolitik (SID)
Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin
E-Mail: Martin.Stuber@dgb.de
René Bormann, Friedrich-Ebert-Stiftung
Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik
Godesberger Allee 149, 53175 Bonn
E-Mail: Rene.Bormann@fes.de
http://www.fes.de/wiso