Im Jahr 2012 gab es nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit über 900.000 Leiharbeitsverhältnisse. Für viele Betriebsräte ist der Einsatz von LeiharbeitnehmerInnen in ihrem Betrieb deshalb normal. Welche Handlungsmöglichkeiten hat der Betriebsrat?
Die LeiharbeitnehmerInnen können den Betriebsrat im Entleiherbetrieb nach § 7 S. 2 Betriebsverfassungsgesetz mitwählen, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden. Sie zählen nach der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch bei der Bestimmung der Größe dieses Betriebsrates mit (BAG vom 13.03.2013 – 7 ABR 69/11). Es ist höchstrichterlich noch zu klären, ob die LeiharbeitnehmerInnen auch bei der Anzahl der freigestellten Betriebsräte berücksichtigt werden müssen, aber die Tendenz der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts spricht dafür.
Vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung ist der Betriebsrat des Entleiherbetriebes gem. § 14 Abs. 3 S. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) in Verbindung mit § 99 BetrVG zu beteiligen, wenn das Unternehmen mehr als 20 ArbeitnehmerInnen beschäftigt. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat vor dem Einsatz der LeiharbeitnehmerInnen unterrichten und dessen Zustimmung einholen. Bei der Anhörung des Betriebsrates muss der Arbeitgeber unter anderem folgende Angaben machen: Personalien der LeiharbeitnehmerInnen, Beginn und Dauer der Beschäftigung, Informationen über den Arbeitsplatz, mögliche organisatorische und personelle Konsequenzen.
Er muss dem Betriebsrat zudem die Erlaubnis des Verleihers für die Arbeitnehmerüberlassung vorlegen. Unter den Voraussetzungen des § 99 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 BetrVG kann der Betriebsrat die Zustimmung zum Einsatz von LeiharbeitnehmerInnen verweigern. Besonders relevant ist das Zustimmungsverweigerungsrecht gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG aufgrund eines Verstoßes gegen ein Gesetz. Nach § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG erfolgt die Überlassung von Arbeitnehmern an den Entleiher lediglich vorübergehend. Es kann daher ein Gesetzesverstoß gegen das AÜG vorliegen, wenn die Überlassung von LeiharbeitnehmerInnen nicht nur vorübergehend erfolgt. Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch noch nicht geklärt, was unter dem Wort vorübergehend genau zu verstehen ist. Die Landesarbeitsgerichte vertreten verschiedene Auffassungen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg beurteilt das Merkmal „vorübergehend“ anhand der Art des Arbeitsplatzes. Wird durch den Arbeitsplatz ein reiner Dauerbeschäftigungsbedarf abgedeckt, so erfolgt die Überlassung nicht vorübergehend (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 09.01.2013 – 15 Sa 1635/12). Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat dagegen geurteilt, dass der Einsatz von LeiharbeitnehmerInnen auch auf Dauerarbeitsplätzen zulässig ist (Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 02.10.2012 – 17 TaBV 38/12).
Sieht der Betriebsrat Anhaltspunkte dafür, dass LeiharbeitnehmerInnen auf Dauerarbeitsplätzen eingesetzt werden sollen, sollte er seine Zustimmung zu dem Einsatz der LeiharbeitnehmerInnen gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern. Der Arbeitgeber muss sich die Zustimmung dann vor dem Arbeitsgericht ersetzen lassen. Er kann aber auch dringende sachliche Gründe für eine vorläufige personelle Maßnahme nach § 100 BetrVG behaupten, um die LeiharbeitnehmerInnen trotz Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates einzusetzen. Der Betriebsrat muss in diesem Fall schnell reagieren und dem Arbeitgeber unverzüglich mitteilen, dass er die Erforderlichkeit dieser Maßnahme aufgrund dringender sachlicher Gründe bestreitet.
Damit der Betriebsrat beurteilen kann, ob es sich bei der durch LeiharbeitnehmerInnen zu besetzenden Stelle um einen Dauerarbeitsplatz handelt, sollte er regelmäßig von seinem Informationsrecht bezüglich der Personalplanung nach § 92 BetrVG Gebrauch machen. Nur durch einen guten Überblick über die Personalsituation im Betrieb kann der Betriebsrat Argumente dafür anführen, dass es sich um einen Dauerarbeitsplatz handelt.
Der Betriebsrat hat auch die Möglichkeit mit dem Arbeitgeber eine freiwillige Betriebsvereinbarung über die Bedingungen für den Einsatz von LeiharbeitnehmerInnen abzuschließen. In dieser Betriebsvereinbarung kann z zum Beispiel vereinbart werden, wie lange der Einsatz erfolgt und ab wann die LeiharbeitnehmerInnen mit der Stammbelegschaft gleich gestellt werden. Auch können Quoten für Leiharbeit, Übernahmeverpflichtungen des Arbeitgebers und der Zugang der LeiharbeitnehmerInnen zu den Sozialeinrichtungen des Betriebes geregelt werden.
Werden ArbeitnehmerInnen gekündigt, muss der Betriebsrat vorher vom Arbeitgeber angehört werden und er kann gem. § 102 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 BetrVG der Kündigung widersprechen. Es stellt einen Widerspruchsgrund für den Betriebsrat dar, wenn die von der Kündigung betroffenen ArbeitnehmerInnen auf Arbeitsplätzen weiterbeschäftigt werden können, die mit LeiharbeitnehmerInnen besetzt sind. Dies ist auch der Fall, wenn die zu kündigenden ArbeitnehmerInnen zuvor eine Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahme absolvieren müssen oder ihnen eine Änderungskündigung ausgesprochen werden muss. Die mit LeiharbeitnehmerInnen besetzten Arbeitsplätze gelten als freie Arbeitsplätze im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes, wenn mit ihnen ein ständig vorhandenes Arbeitsvolumen abgedeckt wird. Diese Arbeitsplätze müssen dann vorrangig mit sonst zur Kündigung anstehenden StammarbeitnehmerInnen besetzt werden (Bundesarbeitsgericht vom 15.12.2011 – 2 AZR 42/10).
Bei der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung haben es Leiharbeitnehmer/innen hingegen mit zwei Arbeitgebern zu tun: Einem Vertragsarbeitgeber (Verleiher) und einem Beschäftigungsarbeitgeber (Entleiher).
Aus dem Inhalt: Informationen zur Zeitarbeit in Deutschland, Rechtliche Hinweise für Betriebs- und Personalräte im Entleihbetrieb bei der Gestaltung von Zeitarbeit nach der Neuregelung der Srbeitnehmerüberlassung, Flächentarifverträge für die Zeitarbeitsbranche.