Die Vorschläge von Innenminister de Maizière für ein Integrationsgesetz hatten einen klaren Schwerpunkt: Härtere Sanktionen gegenüber Flüchtlingen. Fakt ist aber: Sanktionsmöglichkeiten gibt es bereits heute. Nur Sprachkurse und Integrationsangebote fehlen an allen Ecken und Enden. Wer Integration einfordert, muss deshalb den Geflüchteten auch die entsprechenden Chancen bieten.
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"Wenn von Seiten der Bundesregierung Sanktionen gegenüber Flüchtlingen gefordert werden, dann müssen sie sich zunächst an die eigene Nase fassen. Zu wenige Fördermaßnahmen, keine Teilnahmeberechtigung für alle Gruppen von Geflüchteten, schlechte Bezahlung der Dozentinnen und Dozenten."
Aus: MIA-Information des DGB, April 2016
Der DGB hat in seiner aktuellen Ausgabe der MIA-Information (Migrations- und Antirassismuspolitik) de Maizières Forderungen genauer unter die Lupe genommen und einem Faktencheck unterzogen. Fazit: So einfach die Forderung nach härteren Sanktionen für so genannte Integrationsverweigerer klingt, "sowenig hält es dem Blick auf die Realität stand und hat fatale Wirkung in der Bestärkung von Vorurteilen der Stammtische."
Denn die rechtliche Grundlage für Sanktionen gibt es bereits heute. Nach dem "Fördern und Fordern"-Prinzip sind im Hartz-IV-System Hilfen immer mit entsprechenden Forderungen und möglichen Sanktionen verbunden. Gleiches gilt im deutschen Aufenthaltsrecht, also auch für Geflüchtete – mehr noch: "Das Aufenthaltsrecht geht noch einen Schritt weiter und ermöglicht die Aberkennung eines Aufenthaltsstatus und die Ausweisung als integrationspolitische Sanktionen", erläutert die MIA-Information des DGB.
Das Zweite Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II), unter das alle anerkannten arbeitsuchenden Flüchtlinge fallen, verlangt schon heute, dass Arbeitslose eine "Mitwirkung bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt" erbringen, so die MIA-Information. Das gilt für deutsche und ausländische Arbeitsuchende gleichermaßen. Wenn vereinbarte Eingliederungsmaßnahmen, wie Sprachkurse, nicht angetreten werden, erfolgen Leistungskürzungen. "Wer dennoch Leistungskürzungen für Flüchtlinge fordert, suggeriert zunächst eine vermeintlich vorhandene Besserstellung von Flüchtlingen beispielsweise gegenüber inländischen Arbeitssuchenden – die es nicht gibt", stellt die MIA-Information klar.
Flüchtlinge sehen sich immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, sie würden sich nicht integrieren wollen – und sich beispielsweise weigern, die deutsche Sprache zu lernen. Das ist falsch. Das Problem ist ein anderes: Es gibt schlicht und einfach viel zu wenige Sprachkurse für Flüchtlinge. Geflüchtete müssen monatelang auf einen Seminarplatz warten – wenn sie denn überhaupt einen bekommen.
Das Interesse der Flüchtlinge an Sprachkursen ist hingegen riesig: Die Resonanz auf die im letzten Jahr zusätzlich von der Bundesagentur für Arbeit angebotenen Deutschkurse war sehr groß. Statt wie erwartet 100.000 AsylbewerberInnen meldeten sich 220.000 AsylbewerberInnen für die Kurse an.