Die Bundesregierung wird heftig kritisiert, weil sie private Gläubiger an den Kosten der Griechenlandkrise beteiligen will. Dabei könnte Schwarz-Gelb die Verursacher der Finanzkrise viel einfacher über die Vermögens- und Erbschaftssteuern zur Kasse bitte. Geld wäre genug da: Geschätzte 2,6 Billionen Euro vererben die Deutschen bis 2020 – 800 Milliarden davon gehen auf das Konto der reichsten zwei Prozent.
Die Bundesregierung legt sich derzeit mit halb Europa an, weil sie durch die Beteiligung privater Gläubiger an den Kosten der aktuellen Griechenlandkrise den Unwillen vieler besänftigen will. Kritiker wenden zu Recht ein, dass ein teilweiser Verzicht auf Forderungen – ob freiwillig oder unfreiwillig, über einen harten Schnitt oder durch längere Laufzeiten – Gefahren für andere Schuldnerstaaten in der Eurozone berge. Dabei gäbe es unspektakulärere Wege, die Verursacher der Finanzkrise an den Kosten zu beteiligen, statt die Stammtische zu bedienen: Schwarz-Gelb sollte durch nennenswerte Vermögens- und Erbschaftssteuern dafür sorgen, dass hiesige Gläubiger ihr Vermögen nicht mehr unbesteuert ins globale Casino tragen können.
Grafik: DGB / Zahlen: Deutsche Bundesbank
Denn für die Vermögensbesitzer ist die Finanzkrise überwunden. Der Wert ihrer Anlagen hat das Vorkrisenniveau längst übertroffen. Die Profiteure des Aufschwungs sind jedoch nicht sehr zahlreich. ArbeitnehmerInnen profitierten in der Regel nicht. Ganz anders sieht es bei den Vermögenden und Kapitalbesitzern aus. Das Geldvermögen wuchs im letzten Jahr um 4,7 Prozent.
Das spiegelt sich auch in den Erbschaften wider. Bis 2020 werden in Deutschland voraussichtlich 2,6 Billionen Euro vererbt. Damit wechselt mehr als ein Viertel des Volksvermögens von insgesamt rund 9,4 Billionen Euro den Besitzer. Es hat sich im letzten Jahrzehnt um ca. 20 Prozent erhöht. Die Verteilung des Erbvermögens ist allerdings sehr ungleich: Viele erben wenig, wenige erhalten viel. So ist die Erbschaft nur in 0,2 Prozent der Fälle mehr als 250.000 Euro wert. 28 Prozent der Erbschaften machen weniger als 25.000 Euro aus.
Die neue Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) bestätigt damit die Erkenntnisse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung: Das reichste Prozent verfügt über 23 Prozent des Volksvermögens, die obersten fünf Prozent kontrollieren fast die Hälfte (46 Prozent). Für den großen Rest hingegen bleibt nichts: Die unteren 70 Prozent kommen nur auf 9 Prozent des Volksvermögens. Bei den Erben sieht es nicht besser aus: Die reichsten zwei Prozent vereinigen ein Drittel aller Erbschaften auf sich – das sind bis 2020 etwa 800 Milliarden Euro.
Seit der Jahrtausendwende driftet Deutschland stärker auseinander als andere Industrieländer – und die Finanzkrise verstärkte diese Umverteilung von unten nach oben. Während das ärmste Zehntel der Deutschen zehn Prozent weniger Einkommen hat als vor einer Dekade, verfügt das reichste Zehntel über 20 Prozent mehr. Der reale Lohn von Menschen mit geringer Qualifikation ist heute so niedrig wie 1985.
Die wachsende Ungleichheit behindert Produktivität, Innovation und wirtschaftliche Dynamik. Der Markt kann nur bedürfnisorientiert produzieren, wenn die Menschen genug Kaufkraft haben. Nicht zuletzt schwächt Armut auch die Demokratie.