Europa zittert um den Ausgang des Referendums in Griechenland. Am Sonntag wird es soweit sein. Doch ein Ergebnis steht bereits jetzt fest: Der Verlierer heißt Europa, eine nachhaltige Lösung der Eurokrise ist weiter nicht in Sicht.
Grafik: DGB / Daten: Eurostat, eigene Berechnungen
Ein "NEIN", welches sich die regierende Syriza wünscht, würde eine Zahlungsunfähigkeit und die Einführung einer griechischen Parallelwährung wahrscheinlicher machen – ein schlechtes Zeichen für den Euro. Ein "JA" für das Angebot der Troika-"Institutionen", Europäische Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF) würde die bisherige Katastrophen-Politik von Lohnkürzungen, Sozialabbau und Austerität stärken. Auch das hätte fatale Folgen für Europa – insbesondere für Beschäftigte und sozial Schwache. Denn es würde Europa weiter auf seinem unsozialen Kurs halten: Bereits heute wird eine an der Institutionalisierung einer neuen Architektur für die gesamte EU gearbeitet, die auf Einmischung in die Lohnpolitik und staatliche Sparpolitik setzt: Kosten für Unternehmen sollen gering gehalten, Staatsausgaben zurückgedrängt werden.
Europas Politiker scheinen sich auf das Primat des Sparens geeinigt zu haben. Doch gerade in der Krise ist Sparen komplett falsch, weil es den ohnehin geschwächten Unternehmen zusätzlich Nachfrage entzieht. Sparen ist als Krisenkonzept schon früher gescheitert: Am Vorabend der Wirtschaftskrise der 1930er Jahre war die Politik – nicht nur in Deutschland und Europa – genau diesem Konzept gefolgt. Nach dem Börsenkrach 1929 schalteten alle auf Schuldenabbau um. Unternehmen und private Haushalte fuhren ihre Ausgaben zurück, Industriestaaten wandten ebenfalls eine rigorose Austeritätspolitik an, weil überall die Steuereinnahmen krisenbedingt eingebrochen waren.
Die Ergebnisse der Einschnitte waren ähnlich wie heute in Griechenland katastrophal: In den USA stieg die Arbeitslosigkeit in nur zwei Jahren von 8 auf 30 Prozent, Deutschland versank in Massenarbeitslosigkeit, in Frankreich schrumpfte die Industrieproduktion um ein Viertel und Japan, das am härtesten sparte, erlebte einen wirtschaftlichen Totalausfall. Die politischen Folgen waren noch verheerender: Der falsche Kurs in der Wirtschaftspolitik und die hohe Arbeitslosigkeit förderten den Weg in das Ende der Demokratie, in Krieg, Elend und Armut. Seit 2010 wiederholt sich das einst gescheiterte Krisenkonzept der Austerität ausgerechnet in Europa und führt nicht nur in Griechenland zu Rezession, Armut, Arbeitslosigkeit.
Europa muss aus der Geschichte lernen. Egal wie das griechische Referendum ausgeht – die EU-Krisenpolitik muss sich ändern. Der Anfang könnte ein 35 Mrd. Euro starkes Investitionsprogramm und ein Umschuldungsplan für Griechenland sein, dass die Troika angeblich anbieten will. Die Institutionen müssen dieses Konzept jetzt Schwarz auf Weiß als Angebot präsentieren. Damit Europa nicht als Verlierer dasteht.
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