Deutscher Gewerkschaftsbund

19.01.2012
Dokumentation

Zurück zur öffentlichen Hand - Chancen und Formen der Rekommunalisierung

Fachtagung der Hans-Böckler-Stiftung in Kooperation mit dem DGB am 10. Januar 2012 in Berlin

Rekommunalisierung bedeutet grob gesagt die Rückgewinnung des staatlichen Einflusses auf öffentliche Unternehmen und kann viele Gesichter haben. Damit Rekommunalisierung Nutzen für alle bringt, muss sie sorgfältig vorbereitet und umgesetzt werden - unter Beteiligung von BürgerInnen, Beschäftigten, Kommunalpolitikern. Weitere Privatisierungsvorhaben, um das Haushaltssäckel zu entlasten, müssten abgewehrt werden.

Das ist in wenigen Worten das Fazit der ReferentInnen und DiskutantInnen auf der der Fachtagung „Zurück zur öffentlichen Hand – Chancen und Risiken der Rekommunalisierung“. Zur Veranstaltung der Hans-Böckler-Stiftung in Kooperation mit dem DGB kamen am 10. Januar 2012 rund 170 TeilnehmerInnen, die rege mitdiskutierten, in die Kalkscheune in Berlin-Mitte. Deutlich wurde das Bedürfnis, nach dieser Auftaktveranstaltung bestimmte Themenstränge wie etwa öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) zu vertiefen und weiterzuentwickeln. Der DGB wird dem Wunsch nachkommen.

DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki, Kommunalexpertin Claudia Falk, Zuhörer

DGB/Simone M. Neumann

Bei der Rekommunalisierung seien finanzielle, konzeptionelle und personelle Herausforderungen zu meistern, betonte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki in seinem Eingangsreferat. „Wichtig ist, dass Gewerkschaften und Beschäftigte bei dem Prozess der Rekommunalisierung mit im Boot sind und ausreichend mitbestimmen können, damit die Belegschaften im Einzelfall nicht Einkommenseinbußen erleiden.“ Wenn die Rahmenbedingungen stimmten und die Herausforderungen gemeistert würden, wären die Vorteile zahlreich, so Matecki.

Claus Matecki

DGB-Vorstand Claus Matecki DGB/Simone M. Neumann

Bei einer gelungenen Rekommunalisierung

  • können BürgerInnen mit kalkulierbaren und bezahlbaren Preisen, guter Qualität und einem Ansprechpartner vor Ort rechnen.
  • werden Beschäftigte fair und tariflich entlohnt, ihre betriebliche Mitbestimmung wird gestärkt.
  • werden örtliche (Zulieferer)Betriebe eingebunden, erhalten mehr Aufträge und erzielen höhere Gewinne, können mehr Leute einstellen.
  • gewinnt die Kommune finanziell und politisch größere Handlungsspielräume. Sie kann bedarfsnah die nötige umwelt- und bewohnergerechte Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen planen. Sie arbeiten kostendeckend und streben nicht nach Extra-Profiten. Wenn Überschüsse entstehen, können sie in kommunale Infrastruktur reinvestiert werden
  • generiert die Wertschöpfungskette höhere Steuereinnahmen: Wenn örtliche Betriebe mehr Aufträge erhalten, mehr Leute einstellen und die Beschäftigten besser verdienen, profitiert auch der kommunale Haushalt über höhere Steuereinnahmen.
  • Hat die Kommune auch mehr Einfluss auf die Art der Energieerzeugung. Dezentrale, nachhaltige, klimafreundliche Energieerzeugung verbessert die Umwelt und erhöht ebenfalls die Attraktivität als Lebensraum.

Nicht immer sei der „reine“ Rückkauf ehemals kommunaler, dann privatisierter oder teilprivatisierter Unternehmen sinnvoll, wenn Kommunen damit überfordert werden, resümierte das DGB-Vorstandsmitglied. „Es gibt auch viele Mischformen. Jeder Fall muss einzeln angesehen werden.“

Rede Matecki: Zurück zur öffentlichen Hand (PDF, 54 kB)

Eingangsstatement zur Fachtagung von WSI (Hans-Böckler-Stiftung) und DGB-Bundesvorstand zum Thema "Rekommunalisierung" öffentlicher Dienstleistungen.

Claus Matecki, DGB-Bundesvorstandsmitglied: Eingangsstatement zur Fachtagung von WSI (Hans-Böckler-Stiftung) und DGB-Bundesvorstand zum Thema "Rekommunalisierung" öffentlicher Dienstleistungen.

 


Roland Schäfer, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und Bürgermeister von Bergkamen

Roland Schäfer, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und Bürgermeister von Bergkamen DGB/Simone M. Neumann

Roland Schäfer, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und Bürgermeister von Bergkamen berichtete unter dem Titel „Wie sollen Kommunen wirtschaften?“ von seinen Erfahrungen mit Rekommunalisierungen. In Bergkamen sind - auch auf sein Betreiben hin - seit 1995 schrittweise die Versorgung mit Strom, Gas, Fernwärme und Wasser in eine interkommunale Stadtwerke-GmbH und die Straßenreinigung und Müllabfuhr in einen kommunalen Eigenbetrieb kommunalisiert worden.

Dies seien unternehmerische Weichenstellungen der Kommune, die sorgfältig abgewogen und vorbereitet werden müssten, unterstrich Schäfer: „Ein Rundum-Sorglos-Paket gibt es nicht.“


Jens Libbe vom Deutschen Institut für Urbanistik gab in seinem Vortrag zu bedenken, dass sich eine generelle Überlegenheit einer spezifischen Organisationsform zur Erbringung öffentlicher Dienstleistungen aus der ökonomischen Theorie nicht belegen lasse. Damit sei auch klar, dass öffentliche Unternehmen nicht per se regulierten Privatunternehmen überlegen seien, was auch umgekehrt gelte. Entscheidende Argumente für die kommunale Leistungserbringung durch eigene Unternehmen lieferten die so genannten Transaktionskosten, die aufgrund zunehmend komplexer werdender Ausschreibungsregeln (EU-Vergaberecht) zunehmend an Bedeutung gewönnen: „Der Aufwand der Vorbereitung, Durchführung und Kontrolle von Verträgen übersteigt nicht selten die Möglichkeiten der einzelnen Kommune.“

Jens Libbe, Deutsches Institut für Urbanistik

Jens Libbe, Deutsches Institut für Urbanistik DGB/SImone M. Neumann

Gerade im Lichte der EuGH-Rechtsprechung werde es in Zukunft für kommunale Unternehmen darauf ankommen, sich auf den öffentlichen Auftrag und die enge Anbindung an die Kommune zu besinnen. Eine generelle Liberalisierung des Gemeindewirtschaftsrechts würde dem Bedeutungsgehalt der Kommunen als Teil des Staates und damit auch den Aufgaben kommunaler Unternehmen nicht gerecht werden, unterstrich Jens Libbe. „Umgekehrt gilt es auf Seiten der Kommunalpolitik das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass öffentliche Interessen stets deutlich zu machen sind und die Doppelrolle von politischer Spitze und Ratsmitgliedschaft einerseits, der Aufsicht über privatrechtliche Unternehmen andererseits, nicht die lokale Demokratie aushöhlen darf.“


Erhard Ott, Bundesvorstandsmitglied von ver.di und Fachbereichsleiter Ver- und Entsorgung mahnte an, aus der (Privatisierungs)-Erfahrung der vergangenen 20 Jahre zu lernen: Viele Kommunen hätten in den letzten 20 Jahren ihre Betriebe oder Anteile verkauft, um Kasse zu machen, den Haushalt zu entlasten oder dringend notwendige Investitionen nicht finanzieren zu müssen. Für die Beschäftigten in diesen Eigenbetrieben oder Unternehmen seien daraus teilweise existenzielle Probleme entstanden. Sie seien bei der Privatisierungswelle in den 80er und 90er Jahren gegen ihren Willen mit den Netzen, Werkstätten und Verwaltungen verkauft, ausgegliedert oder umgewandelt worden.

Erhard Ott, Bundesvorstandsmitglied von ver.di und Fachbereichsleiter Ver- und Entsorgung

Erhard Ott, Bundesvorstandsmitglied von ver.di und Fachbereichsleiter Ver- und Entsorgung DGB/Simone M. Neumann

Mit Blick nach vorn betonte Erhard Ott: „Bei einer politischen ,Rückentwicklung’ dieser Tendenz kommunaler Entscheidungsträger zur Privatisierung müssen den gestiegenen Anforderungen an Qualität, Versorgungssicherheit und -zuverlässigkeit sowie der regulatorischen Vorgaben der Bundesnetzagentur Rechnung getragen werden. Hinzu kommen sämtliche Aspekte des Klima- und Umweltschutzes wie im Energiebereich der flächendeckende Ausbau der Stromnetze zur verstärkten Einspeisung von Wind- und Solarenergie, die künftige Einspeisung von Biogas in die Gasnetze und nicht zuletzt die dezentrale Energieversorgung durch umweltschonende Heizkraftwerke in Kraft-Wärme-Kopplung.“ Es müsse darüber hinaus allen betroffenen Beschäftigten von vorne herein ein sicherer Arbeitsplatz am Standort zu branchenüblichen tariflichen Bedingungen garantiert werden. Dies sei bei der Auftragsvergabe und in den Konzessionsverträgen im Detail festzulegen.

Ausschnitt aus der TeilnehmerInnen-Diskussion

 


Hermann Aden, Stadtrat für Bauen, Umwelt und Wirtschaftsförderung in  Springe bei Hannover

Hermann Aden, Stadtrat für Bauen, Umwelt und Wirtschaftsförderung in Springe bei Hannover DGB/Simone M. Neumann

Hermann Aden, Stadtrat für Bauen, Umwelt und Wirtschaftsförderung in der Stadt Springe bei Hannover berichtete aus eigener Rekommunalisierungspraxis am Beispiel des Stadtwerks Springe.

Folgende Vorteile der Rekommunalisierung in Springe nannte Hermann Aden: Die Stadt habe weitreichenden Einfluss auf die Energieerzeugung, deren Verteilung und den Vertrieb. Die Bürger verfügten über persönliche Ansprechpartner vor Ort. Und die moderaten Energiepreise der Stadtwerke entlasteten die Bürger und der kommunale Haushalt erwarte einen positiven Konsolidierungsbeitrag.


Kati Ziemer, Betriebsrätin bei Charité Facility Management (CFM) schilderte in einer bewegenden Rede die fatalen Folgen der Auslagerung aller Dienstleistungen, die nicht unmittelbar mit der Krankenversorgung zu tun haben aus der Universitätsklinik Charité in Berlin. CFM als Tochterunternehmen der Charite sei 2006 in der Regierungszeit des rot-roten Senats gegründet worden. 49 % halte ein privates Konsortium aus VAMED, Hellmann Logistics sowie Dussmann (VDH).

Kati Ziemer, Betriebsrätin bei Charité Facility Management (CFM)

Kati Ziemer, Betriebsrätin bei Charité Facility Management (CFM) DGB/Simone M. Neumann

Freie Arbeitsplätze würden mit KollegInnen besetzt, die häufig bedeutend schlechtere Konditionen hinnehmen müssten als ihre Vorgänger. In der Regel würden alle neuen Arbeitsverträge befristet, Teilzeit sei weit verbreitet. Der Anteil der Leiharbeit in der CFM sei stetig gewachsen, besonders im Krankentransport und in der Sterilisation. „Da der Leistungsvertrag mit der Charité jährlich eine Einsparsumme von zehn Mio. Euro vorschreibt, wurde in vielen Bereichen Leistungen und Personalgekürzt und somit findet eine permanente Arbeitsverdichtung statt“, schilderte Kati Ziemer die Zustände bei CFM. „Die Gewinne des privaten Konsortiums werden dadurch nicht geschmälert. Hungerlöhne und schlechte Arbeitsbedingungen werden in Kauf genommen um das Spardiktat des Senats umzusetzen. Man bedienst sich billiger Arbeitskräfte und private Investoren bereichern sich an den öffentlichen Kassen.“


Klaus-Dieter Schwettscher, ver.di Hamburg, Beauftragter des Bundesverbandes berichtete über gewerkschaftliche Strategien gegen Privatisierungen am Beispiel von Volksentscheiden.

Klaus-Dieter Schwettscher, ver.di Hamburg

Klaus-Dieter Schwettscher, ver.di Hamburg DGB/Simone M. Neumann

Gesellschaftliches Engagement und gewerkschaftliches Eintreten für die Rechte abhängig Beschäftigter und ihrer Familien seien zwei Seiten derselben Medaille, betonte der Politologe. Der Rückzug ins Private würde unmittelbar auch auf die Mobilisierungsfähigkeit der Gewerkschaften zurückschlagen. Erkennbar sei die abnehmende Neigung in der Bevölkerung, sich dauerhaft einer Organisation anzuschließen bei gleichzeitig steigendem Bedürfnis punktuell nicht nur mitzureden, sondern mitzubestimmen. Deshalb finde ein gesellschaftliches Engagement heutzutage häufig in Bürger- und Volksbegehren seinen Ausdruck.

„Öffentliche Unternehmen, insbesondere in der Daseinsvorsorge, sind ein eigener Wert unseres demokratischen Systems“, so Schwettscher. „Die Eigentümerschaft der öffentlichen Hand an Unternehmen eröffne politische Gestaltungsmöglichkeiten, indem öffentliche Unternehmen z.B. standort-, struktur- und wettbewerbspolitischen, sozial- oder umweltpolitischen Zielen unterworfen werden können.“ Hier könne das Primat der Politik wirkungsvoll umgesetzt werden.

Auch ver.di profitiere davon, sich in Bürger- und Volksbegehren zu engagieren. „Die Gewerkschaft wird auf zusätzlichen Politikfeldern als gesellschaftlicher Machtfaktor wahrnehmbar, die hierfür notwendige Bündnisarbeit eröffnet Zutritt zu weiteren sozialen Milieus und schließlich festigt und verbreitert z.B. das Eintreten gegen die Privatisierung eines Unternehmens die dortige Mitgliederbasis.“

Thesenpapier Klaus-Dieter Schwettscher (PDF, 35 kB)

Gewerkschaftliche Strategien gegen Privatisierungen am Beispiel von Volksentscheiden (Kurzpapier)

Thesenpapier (lang) Klaus-Dieter Schwettscher (PDF, 52 kB)

Gewerkschaftliche Strategien gegen Privatisierungen am Beispiel von Volksentscheiden


Unter der Frage „Rekommunalisierung als Beitrag zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und Rückeroberung von mehr demokratischer Kontrolle?“ fand abschließend eine Diskussionsrunde statt mit Renate Sternatz, ver.di, Fachbereichsleiterin Gemeinden, Rolf Lutzke, Bereichsleiter für Politik und Internationales der EVG, Ralph Müller-Beck, DGB-Vorsitzender Kiel und Dr. Werner Rügemer, Lehrbeauftragter an der Universität zu Köln und Autor des Buches „Heuschrecken im öffentlichen Raum. Public Private-Partnerschip – Anatomie eines globalen Finanzinstruments“.

Diskussionsrunde Renate Sternatz, Ralph Müller-Beck,  Moderatorin Petra Bill,  Werner Rügemer, Rolf Lutzke

Diskussionsrunde mit Renate Sternatz, Ralph Müller-Beck, Moderatorin Petra Bill, Werner Rügemer, Rolf Lutzke (v.l.n.r.).
DGB/Simone M. Neumann

Müller-Beck und Sternatz schilderten Beispiele der Rückeroberung von mehr Einflussnahme des Staates auf öffentliche Unternehmen und Dienstleistungen, wie Transport, Abfall oder auch Grünpflege oder Prüfstatik.

Bewährt habe sich bei Rekommunalisierungen eine projektmäßige Vorgehensweise, bei der die Schritte und Rahmenbedingungen konkret vereinbart werden sollten, so Renate Sternatz. Sie empfahl, lokale Bündnisse für die öffentliche Aufgabenwahrnehmung zu schließen und warnte vor Rekommunalisierungen, die auf eine weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bauten.

Werner Rügemer schilderte Funktionsweise und Gefahren der von ÖPP, die von Margret Thatcher und Tony Blair als Vorreiter der Deregulierung und Privatisierung entwickelt worden seien. Der finanzielle „Vorteil“ bestehe für die überschuldete Kommune darin, dass sie zunächst keinen Kredit aufnehmen müsse, um öffentliche Einrichtungen und Infrastruktur bauen oder sanieren zu lassen. Der private Investor finanziere dies vor, während die öffentliche Hand meist 30 Jahre eine Miete zu zahlen habe. Damit würde die weitere Verschuldung der öffentlichen Hand nur den Namen wechseln und in die Zukunft verschoben. Hinzu kämen auch noch Kosten für zahlreiche private Berater.

Weiteres Thema der lebhaften Diskussion war die Ausschreibungsproblematik u.a. bei der Berliner S-Bahn. Rolf Lutzke warnte davor, die Verkehrssysteme zu zerpflücken und – wie es in Berlin droht – Teilausschreibungen vorzunehmen. Die EVG warnt vor diesem Schritt aus verkehrs- und beschäftigungspolitischen Gründen, aber auch deshalb, weil dann sowohl für den Kunden als auch für den Aufgabenträger mehrere Betreiber der Berliner S-Bahn zum Tragen kämen.

Bei einem Betreiberwechsel der gesamten Verkehrsleistungen müsste die EU-Verordnung 1370 rechtsverbindlich gelten, wonach das Personal für die gesamte Laufzeit des neuen Verkehrsvertrags unter die tariflichen Regelungen des bisherigen Betreibers DB AG gelten müssen.

Mit Sorge sieht die EVG die Forderung des Berliner Senats, dass das Land Berlin bzw. die Kommune Berlin in die unternehmerischen Ausrichtungen der S-Bahn eingebunden werden soll. Bei Teilausschreibungen würde damit zusätzlich ein enormer Koordinierungsbedarf entstehen. Hinzu komme, dass für die Beschäftigten der konzernweite Arbeitsmarkt entfiele. Dies sei aber besonders mit Blick auf die Lokführer und ihre gesundheitlichen Sicherheitsanforderungen wichtig.


Resümee und Ausblick

von Claudia Falk

 

Diese lebendige Fachtagung hat deutlich gemacht, dass es sehr verschiedene Blickwinkel gibt auf die Komplexe Privatisierung und Rekommunalisierung. Es wurde auch deutlich, dass viele Fallstricke im Detail auftauchen können, man also sehr genau hinschauen muss, ob und wie man die Rückübertragung von privatisierten Unternehmen oder Dienstleistungen angeht. Um es rechtlich wasserdicht hinzubekommen, um sich finanziell nicht zu überfordern - aber vor allem: Um die Interessen der Bürgerinnen, Verbraucher, Beschäftigten und der Kommunen in ein angemessenes Verhältnis zueinander zu bringen.

Der DGB hat die Aufgabe, auch diese übergeordneten gesellschaftspolitischen Fragen anzugehen – denn Beschäftigte sind auch BürgerInnen und VerbraucherInnen. Die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten haben Einfluss auf die Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen, die sie als Verbraucher konsumieren. Die Rahmenbedingungen ihres Lebensumfeldes beeinflussen die Lebensqualität – z.B.: Gibt es eine dezentrale Energieversorgung, habe ich einen Ansprechpartner vor Ort? Wird mein Müll zuverlässig abgeholt und das zu fairen Preisen? Hat die Kommune ausreichend Einnahmen, um davon auch Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, die ich sowohl als Beschäftigter, Verbraucher wie auch als Bürger nutze?

Zunächst einmal erscheint es sinnvoll, einen Kriterienkatalog für Rekommunalisierungen zu entwickeln, der von allen Gewerkschaften mitgetragen werden kann. Dieser Kriterienkatalog darf nicht so allgemein gehalten sein, dass zwar alle damit leben, aber alles Mögliche hinein interpretieren können. Auf der anderen Seite darf die Messlatte aber auch nicht so hoch gelegt sein, dass Rekommunalisierungsvorhaben fast unmöglich werden. Das wird sicher kein leichter Prozess, aber er hat mit dieser Tagung seinen Anfang genommen. Und was auch ein Ergebnis dieser Veranstaltung ist: Es gibt für die Gewerkschaften bei ihren Anliegen Bündnispartner, mit denen sie zusammenarbeiten sollten.

Und das nicht nur beim Thema Rekommunalisierung. Gerade in diesen schuldenbremsengeplagten Zeiten drohen weitere ÖPPs, Auslagerungen und echte Privatisierungen. Auch bei diesen Abwehrkämpfen – wir haben das bedrückende Beispiel aus der Charité gehört und auch von den Versuchen in Hamburg, per Volksentscheid Privatisierungen zu verhindern – sollten sich die Gewerkschaften breit aufstellen. Die Lehren aus der Krise müssen sein, zu Lösungen vor Ort zu kommen, sich nicht auf die Großen zu verlassen und BürgerInnen sowie Beschäftigte mitbestimmen zu lassen, ja ihren Widerstandsgeist zu wecken. Es bleibt viel zu tun. Wir wollen dranbleiben.


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