Deutscher Gewerkschaftsbund

23.01.2017
Verkehrspolitik

PKW-Mautgesetz – Klares Nein zur Nutzerfinanzierung

"Blaupause für ungerechten Gebührenstaat"

Das Gesetzgebungsverfahren zur PKW-Maut nimmt Fahrt auf. Nach der Einigung mit der EU-Kommission hat das Bundesverkehrsministerium entsprechende Gesetzentwürfe vorgelegt. Der DGB meint: Die vorgeschlagene Maut bleibt auch in der europarechtlich angepassten Variante eine Blaupause für den ungerechten Gebührenstaat.

Verkehr auf der Autobahn

DGB/Simone M. Neumann

Das Gesetzgebungsverfahren zur PKW-Maut nimmt in der zweiten Runde Fahrt auf. Nach der Einigung mit der EU-Kommission hat das federführende Bundesverkehrsministerium entsprechende Gesetzentwürfe (Entwürfe zur Änderung des Infrastrukturabgabengesetzes bzw. des Zweiten Verkehrssteueränderungsgesetzes) vorgelegt. Diese wurden wie üblich auch den Verbänden und Interessengruppen zur Anhörung weitergeleitet. Allerdings mit einer sehr kurzen Frist von nicht einmal 24 Stunden. Diese extrem kurze Anhörungsfrist zeigt, dass das Ministerium offenbar kein ernsthaftes Interesse an einer ordentlichen Anhörung der gesellschaftlichen Gruppen hat. Aus Sicht des DGB werden durch diese Fristsetzung zum wiederholten Mal demokratische Gepflogenheiten missachtet. Auch die Begründung der Kabinettsbefassung am 25. Januar legt leider nahe, dass das Interesse am politischen Diskurs zu diesem umstrittenen Thema begrenzt ist. Für den DGB wird dadurch die Frage aufgeworfen, ob Gesetze ohne angemessene Beteiligungsfristen nicht einem Normenkontrollverfahren unterzogen werden sollten.
 
Der DGB bedauert dieses Vorgehen umso mehr, als die Verkehrsinfrastruktur von großer Bedeutung für die deutsche Wirtschaft und Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge ist. Die Finanzierung durch eine Pkw-Maut und deren Ausgestaltung hätte eine ausführliche Diskussion verdient. Die vorgeschlagene Maut bleibt auch in der europarechtlich angepassten Variante eine Blaupause für den ungerechten Gebührenstaat. Die Gewerkschaften sind prinzipiell gegen die beabsichtigte Umstellung von der Steuer- zur Nutzerfinanzierung. Es ist Aufgabe des Staates, seinen Bürgern die öffentliche Infrastruktur zur Verfügung zu stellen – und zwar so günstig und hochwertig wie möglich. Der Verfall dieses öffentlichen Vermögens gefährdet unsere Zukunftsfähigkeit. Die Finanzierung über Steuern ist gerechter, weil die Leistungsfähigkeit des Einzelnen berücksichtigt wird. Hierfür ist jedoch ein Wechsel in der Steuerpolitik unumgänglich. Die Pkw-Maut kann nicht davon ablenken, dass sich die Regierung dieser Herausforderung nicht stellt.
 
Die Änderungsgesetze formulieren nun noch deutlicher, dass ein vollständiger Wechsel zur Nutzerfinanzierung eingeleitet werden soll. Das heißt: Schon in der nächsten Legislaturperiode könnte das Versprechen, es werde keine Mehrbelastung für die Autofahrerinnen und Autofahrer geben, hinfällig sein. Nicht nachvollziehbar darüber hinaus ist, wie die Änderungen bei den Preisen für die Kurzzeitvignetten zu Mehreinnahmen von jährlich 36 Millionen Euro führen sollen. Es ist vielmehr zu befürchten, dass die Preissenkungen weder die angedrohten Klagen der Nachbarstaaten noch ein Nullsummenspiel oder gar ein Minusgeschäft für die öffentliche Hand verhindern.
 
Der DGB weist zudem auf den methodischen Widerspruch hin, mit der Spreizung der Mautsätze zwar eine ökologische Lenkungswirkung erzielen zu wollen, andererseits aber damit die Finanzierungsbasis für die Verkehrsinfrastruktur zu untergraben – oder die Anschaffung umweltverträglicherer Autos durch höhere Mautsätze zu bestrafen. Insgesamt folgt die Mauthöhe keinem nachvollziehbaren Konzept, geschweige denn dem Verursacherprinzip (Lkw schädigen Straßen 9000 bis 35000 mal stärker als Pkw). Vor diesem Hintergrund lehnt der DGB dieses Gesetzesvorhaben ab und fordert stattdessen ein umfassendes Finanzierungskonzept für die Verkehrsinfrastruktur insgesamt, also über alle Verkehrsträger hinweg. Nur so kann der sozialökologische Umbau des Verkehrssystems gelingen.


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