Selbstverwaltung und Handwerk sind schon immer untrennbar verbunden, doch aktuelle Entwicklungen im Handwerk gefährden dies. Die neue Initiative von DGB und dem Bildungsträger „Arbeit und Leben“ fördert das ehrenamtliche Engagement, Emanzipation und Mitbestimmung im Handwerk: Willkommen zur „Perspektive Selbstverwaltung“!
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Das Handwerk und damit auch die handwerkliche Selbstverwaltung befinden sich in einem entscheidenden Wandlungsprozess: Traditionelle Handwerksstrukturen mit inhabergeführten Betrieben bilden sich zurück. Stattdessen gibt es auf der einen Seite mehr Kleinstbetriebe und Solo-Selbstständige, auf der anderen Seite geht die Entwicklung hin zu Handwerkskonzernen. Die Folge: Innungszugehörigkeit und Tarifbindung sind rückläufig. Daneben erfordern Digitalisierung, demografischer Wandel und Migration ein Umdenken, auch im Handwerk.
Der DGB ist immer für Veränderungen, solange sie die Arbeitnehmerrechte stärken, Lohn- und Arbeitsbedingungen verbessern und mehr Mitbestimmung zur Folge haben. Deshalb begreifen wir die Krise als Chance: „In solchen Zeiten gilt es, die Beschäftigten im Handwerk für die Selbstverwaltung und für das Handwerk insgesamt zu aktivieren! Nur mit engagierten Handwerkerinnen und Handwerkern kann das Handwerk langfristig erfolgreich bleiben und zukünftige Herausforderungen meistern“, so Stefan Körzell, Mitglied des Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes.
In einer gemeinsamen Erklärung zum Branchendialog haben DGB, Zentralverband des Deutschen Handwerks und Wirtschaftsministerium angekündigt, eine entsprechende Initiative zur Stärkung des Ehrenamt ins Leben zu rufen.
Das Projekt „Perspektive Selbstverwaltung“ (kurz PerSe), wird vom Bundesarbeitskreis „Arbeit und Leben“ durchgeführt. Der DGB-Bundesvorstand agiert dabei als Partner. Es werden Qualifizierungs-, Bildungs- und Beratungsstrukturen für die ehrenamtlich Tätigen in der Selbstverwaltung des Handwerks aufgebaut und weiterentwickelt. Neben Weiterbildungsangeboten, Informationsveranstaltungen und Diversity-Trainings (Training im Umgang mit Vielfalt wie z. B. unterschiedliche Kulturen) werden Mentoring-Strukturen entwickelt.
Da jede Handwerkskammer vor einer anderen Situation steht, können die Maßnahmen individuell angepasst werden: Wie werden neue aktive Mitglieder gewonnen? Wie hoch ist die Frauenquote in der Vollversammlung, und wie lässt sie sich verbessern? Stehen Kammerwahlen an? Können Plätze neu besetzt werden?
Oder brauchen die Kolleginnen und Kollegen im Rechnungsprüfungsausschuss Beratung? Eine große Stärke der Perspektive Selbstverwaltung besteht in der Vielfalt und Individualität. So gibt es für jede Arbeitnehmerbank die beste Lösung!
Privat
„Die handwerkliche Selbstverwaltung befindet sich nach der Novellierung der Handwerksordnung und den daraus resultierenden Verwerfungen im Umbruch, der unter anderem durch den Rückgang der traditionellen Handwerksstrukturen gekennzeichnet ist. Es wird immer schwieriger, geeignete Kandidatinnen und Kandidaten zu finden, die sich in der Selbstverwaltung des Handwerks mit einbringen wollen und können. Hier gilt es in den nächsten Jahren, die Weichen zu stellen. Ich freue mich auf das Projekt und die Stärkung der Selbstverwaltung im Handwerk!“
Karsten Berlin, Arbeitnehmer-Vizepräsident Handwerkskammer Berlin
Arbei und Leben
„Mit PerSe führen wir die Tradition von „Arbeit und Leben“ fort, die Arbeitnehmervertretung zu stärken – mit zeitgemäßen und aktuellen Themen des Handwerks. Dieser wichtige Auftrag ist nicht nur aus Bildungsperspektive notwendig, sondern auch vor dem Hintergrund unseres Erfahrungs- und Netzwerkwissens sinnvoll: Die Stärkung der Kammern an den Stellen, auf die es individuell ankommt, liegt uns besonders am Herzen!“
Barbara Menke, Geschäftsführerin Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben e. V.
DGB
„Ich freue mich, dass der Branchendialog Handwerk erfolgreich war. Mit PerSe entsteht ein innovatives Projekt um die ehrenamtlichen Strukturen in den Handwerkskammern zu stärken. Je nach Bedürfnissen und Herausforderungen der Kolleginnen und Kollegen in den einzelnen Handwerkskammern kann ein individuelles Programm zur Stärkung des Ehrenamts vor Ort geschaffen werden. PerSe bringt die besten besten Voraussetzungen um das ehrenamtliche Engagement in den Kammern zu unterstützen und die Mitglieder der Selbstverwaltung besser miteinander zu vernetzen. So können alle die Zukunftsthemen wie beispielsweise Fachkräftesicherung, Stärkung der Tarifbindung oder Digitalisierung angehen und das Handwerk voranbringen.“
Helmut Dittke, Koordinator Handwerkspolitik/ KMU IG Metall
HWK Dortmund
„Die hoheitlichen Aufgaben, die in der Selbstverwaltung des Handwerks übernommen werden, müssen kompetent umgesetzt werden. Eine starke Selbstverwaltung gibt es nur mit geschulten ehrenamtlich engagierten Menschen, von Arbeitgeberseite wie auch von Arbeitnehmerseite. In den nächsten drei Jahren werden wir uns verstärkt darum kümmern, die Schulungsmöglichkeiten, die es in den Rahmen des Projektes gibt, mit unseren Kolleginnen und Kollegen zu nutzen, um unserer Verantwortung für das Handwerk auch in Zukunft gerecht zu werden.“
Klaus Feuler, Vizepräsident der Arbeitsnehmerseite im DHKT-Vorstand und Arbeitnehmer-Vizepräsident der Handwerkskammer Dortmund