Mit ihrer expansiven Geldpolitik hat die Europäische Zentralbank 2015 versucht, die Inflation in der Eurozone anzuheizen. Doch diese Strategie ist gescheitert, schreibt der DGB-klartext. Europa solle stattdessen im großen Stil in Infrastruktur, Energie und Bildung investieren, um die Nachfrage zu stärken und so dem Preisverfall gegenzusteuern.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ein Jahr nach dem Start der expansiven Geldpolitik immer noch ein Problem: Die Inflation in der Eurozone kommt einfach nicht vom Fleck. Trotz Niedrigzinsen, massivem Wertpapierankaufprogramm und Strafzinsen für die Banken, die ihr Geld bei der EZB parken, lag die Preissteigerung im Dezember 2015 nur bei 0,2 Prozent, fast 1,8 Prozentpunkte vom Inflationsziel der EZB entfernt. Auch die gezielte Euro-Abwertungsstrategie der EZB brachte keine bahnbrechenden Preissteigerungen. Es wird daher immer eindeutiger, dass die Geldpolitik alleine die Eurozone nicht vor dem Schreckgespenst der Deflation bewahren kann.
DGB
Von zentraler Bedeutung für steigende Preise ist eine Stärkung der Nachfrageseite. Werden mehr Güter nachgefragt, steigen auch die Preise entsprechend. Doch von Privathaushalten und Unternehmen allein werden nicht genügend Nachfrageimpulse kommen. Deswegen sind mehr öffentliche Investitionen notwendig. Diese fördern die Konjunktur, bauen den in vielen Bereichen bestehenden Investitionsstau ab und verhindern ein Abgleiten in eine Deflationsspirale.
Deutschland geht es zurzeit „relativ“ gut, aber die Wirtschaftsverfassung ist davon abhängig, dass auch die Nachbarländer in einer stabilen Lage sind. Doch, das ist nicht der Fall. In Europa wird gegenwärtig nicht ausreichend konsumiert, um die Unternehmen zu animieren, mehr zu produzieren. Staaten sparen, statt mehr Geld für Schulen, Straßen, Bibliotheken etc. auszugeben. Private Haushalte in Griechenland, Portugal und weiteren Ländern leben von der Hand in den Mund und Unternehmen fragen wenig neue und moderne Anlagen nach, weil ihre Auftragsbücher nicht voll und ihre Anlagen nicht ausgelastet sind. Auch die Nachfrage aus dem Nicht-Euro-Ausland bleibt wackelig. Die Weltkonjunktur ist nicht stark genug, um für Europa den Rettungsanker zu spielen. Der global schwachen Nachfrage steht ein weltweites Überangebot von Gütern gegenüber.
Zudem gehen die Rohstoffpreise in den Keller – ein weiteres Anzeichen für eine globale Deflationsgefahr. Einen Vorgeschmack liefert der unaufhaltsame Preisverfall vom Öl. Was sich wie ein Segen für die Konjunktur anhört, ist ein Fluch für viele Länder und Millionen von Menschen weltweit. Viele ölproduzierende Staaten werden unter einem solchen Vorzeichen verarmen und kaum in der Lage sein, die globalen Märkte zu bedienen. Folglich schrumpft die globale Nachfrage und die Preise gehen weiter in den Keller.
Die EZB kann versuchen, den Außenwert des Euro weiter zu senken, aber der Ölpreis sinkt stärker. 2015 wurde der Euro um 10 Prozent billiger, der Ölpreis aber sank um 35 Prozent. Um den allgemeinen Preisverfall zu stoppen, sollte Europa massiv seine Ausgaben erhöhen, damit einen Beitrag zur Stärkung der globalen Nachfrage leisten und zugleich seinen öffentlichen Kapitalstock, also Straßen, Schienen, Energiesektor, Bildung etc. modernisieren. Deutschland muss mit gutem Beispiel vorangehen und auf die schwarze Null verzichten.