Deutscher Gewerkschaftsbund

20.08.2015
Kolumne "Fragen zum Arbeitsrecht"

Rechtstipp: Elternzeit-Rückkehr auf einen Halbtags-Job – geht das?

Frau mit Kind und Handy im Arm

Colourbox

Frage: Ich bin seit eineinhalb Jahren in Elternzeit und möchte demnächst wieder arbeiten, aber nur noch in Teilzeit. Vorher habe ich ein Team von 20 Mitarbeitern geleitet. Meine Chefin hat mir schon mitgeteilt, dass das halbtags nicht möglich sein wird und ich eine niedrigere Qualifikation übernehmen müsse. Muss ich das so akzeptieren und ihr Angebot, einen neuen Arbeitsvertrag auszuhandeln, annehmen?

DGB-Expertin Marta Böning: Sie müssen beides nicht akzeptieren. Ich gehe davon aus, dass Sie derzeit in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt sind. Dieses ruht zwar während der Elternzeit; sobald Sie aber Ihre Arbeit wiederaufnehmen, haben Sie Anspruch auf Ihren alten oder einen vergleichbaren Arbeitsplatz, der Ihren Fähigkeiten entspricht.

Ihren Wunsch nach Teilzeit kann Ihre Chefin nicht ohne Begründung oder mit dem pauschalen Verweis auf organisatorische Schwierigkeiten verweigern. In Unternehmen mit mehr als 15 ArbeitnehmerInnen und nach einer Beschäftigungsdauer von mehr als sechs Monaten haben Arbeitnehmer einen einklagbaren Anspruch auf Teilzeit. Ihre Rechte unterscheiden sich, je nachdem ob Sie Ihre Arbeit nach dem Ende oder noch während der Elternzeit wiederaufnehmen.

Beantragen Sie während der Elternzeit eine Arbeitszeitreduzierung, so sollten Sie deren Dauer festlegen, um später wieder Vollzeit arbeiten zu können. Haben Sie zunächst die volle Freistellung beantragt und entscheiden Sie im Laufe der Elternzeit, in Teilzeit wieder arbeiten zu wollen, so muss die Arbeitgeberin dringende betriebliche Gründe haben, um dies zu verweigern. Sie muss alle Möglichkeiten der Umorganisation in Erwägung ziehen. Denkbar wäre etwa die Einstellung einer zweiten Halbtagskraft. Denn die Funktion einer Teamleiterin oder eines Teamleiters an sich ist kein dringender betrieblicher Grund. Dieser könnte jedoch dann vorliegen, wenn Sie sich auf drei Jahre „Babypause“ festgelegt haben und für diese Zeit bereits eine Vollzeit-Vertretung eingestellt wurde.

Ihren Wunsch, nach der Elternzeit die Arbeitszeit zu reduzieren, kann die Chefin nicht mit der Floskel „Teilzeit geht nicht“ ablehnen. Sie braucht überprüfbare Gründe, die sich im unternehmerischen Konzept ihres Unternehmens widerspiegeln und Teilzeitarbeit ausschließen. Gelingt Ihnen die Reduzierung der Arbeitszeit in diesem Fall, haben Sie keinen Anspruch darauf, später auf Ihr früheres Arbeitspensum zurückzukommen.

In jedem Fall gilt: Bevor Sie Änderungen Ihrer Arbeitszeit vornehmen oder Ihren Vertrag aufs Spiel setzen, sollten Sie sich frühzeitig fachkundig beraten lassen. Für die Geltendmachung der Ansprüche sind mehrwöchige Fristen zu beachten.


DGB-Expertin Marta Böning beantwortet regelmäßig in der Tageszeitung "Der Tagesspiegel" auf der Karriere-Seite Leserfragen zum Arbeitsrecht.

Zur Person: Marta Böning ist als Juristin in der Bundesvorstandsverwaltung des DGB zuständig für alle Fragen des individuellen Arbeitsrechts. Ihre Themen sind: Kündigungsschutz, Antidiskriminierungsrecht, Arbeitszeit- und Urlaubsrecht. Marta Böning war mehrere Jahre in der arbeitsrechtlichen Lehre und Forschung tätig und hat in einer arbeitsrechtlichen Kanzlei in Berlin gearbeitet. Für den DGB hat sie ein Beratungsbüro für ausländische Beschäftigte aufgebaut.

Der Beitrag erschien ursprünglich unter dem Titel "Chefposten trotz Teilzeit" im Tagesspiegel vom 08. August 2015


Nach oben

Fragen zum Arbeitsrecht

Weitere Themen

Zu­sam­men für De­mo­kra­tie. Im Bun­d. Vor Or­t. Für Al­le.
Gruppe junger Menschen stehen lachend im Kreis und legen ihre Hände aufeinander
DGB/rawpixel/123rf.com
„Zusammen für Demokratie. Im Bund. Vor Ort. Für Alle“: Unter diesem Motto haben wir uns mit rund 50 anderen Organisationen zu einem starken Bündnis zusammengeschlossen. Gemeinsam verteidigen wir unsere Demokratie – und alle, die hier leben.
Zur Pressemeldung

1. Mai 2024: Mehr Lohn, mehr Frei­zeit, mehr Si­cher­heit
1. Mai 2024. Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit.
DGB
Tag der Arbeit, Maifeiertag oder Kampftag der Arbeiterbewegung: Am 1. Mai rufen wir Gewerkschaften zu bundesweiten Kundgebungen auf. 2024 steht der 1. Mai unter dem Motto „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit". Das sind unsere 3 Kernversprechen. Wir geben Antworten auf die zunehmende Verunsicherung in der Gesellschaft.
weiterlesen …

#Ta­rif­wen­de: Jetz­t!
Infografik mit Kampagnenclaim "Eintreten für die Tarifwende" auf roten Untergrund mit weißen Pfeil, der leicht nach oben zeigt.
DGB
Immer weniger Menschen arbeiten mit Tarifvertrag. Die Tarifbindung sinkt. Dadurch haben Beschäftigte viele Nachteile: weniger Geld und weniger Sicherheit. Wir sagen dieser Entwicklung den Kampf an – zusammen mit unseren Gewerkschaften – und starten für dich und mit dir die Kampagne #Tarifwende!
weiterlesen …

ein­blick - DGB-In­fo­ser­vice kos­ten­los abon­nie­ren
einblick DGB-Infoservice hier abonnieren
DGB/einblick
Mehr online, neues Layout und schnellere Infos – mit einem überarbeiteten Konzept bietet der DGB-Infoservice einblick seinen Leserinnen und Lesern umfassende News aus DGB und Gewerkschaften. Hier können Sie den wöchentlichen E-Mail-Newsletter einblick abonnieren.
zur Webseite …