Deutscher Gewerkschaftsbund

Dossier: 125 Jahre Tag der Arbeit

28.04.2011

125 Jahre Tag der Arbeit: Von Weimar zur NS-Diktatur

Der Blutmai und Instrumentalisierung durch die Nationalsozialisten

Mit der Gründung der Weimarer Republik 1919 schienen sich die Bedingungen für die arbeitende Bevölkerung zum Besseren zu wenden. Der Achtstundentag wurde gesetzlich vereinbart und der 1. Mai 1919 zum allgemeinen Feiertag erklärt. Dennoch wurde der 1. Mai von allen Seiten bekämpft. Die Nationalsozialisten machten ihn 1933 zum reichsweiten Feiertag – und missbrauchten ihn für die eigene Propaganda.

Der 1. Mai 1919 sollte nach dem Willen der Nationalversammlung kein einmaliges Ereignis werden. Das Gesetz vom 17. April 1919:

§ 1 Es wird ein allgemeiner Feiertag eingeführt, der dem Gedanken des Weltfriedens, des Völkerbundes und des internationalen Arbeiterschutzes geweiht ist und für den der Charakter eines Weltfeiertages erstrebt wird. Seine endgültige Festlegung erfolgt nach Friedensschluss und Verfassung … Der 1. Mai 1919 gilt im Sinne reichs- und landesgesetzlicher Vorschriften als allgemeiner Feiertag.

Doch es blieb bei der Ankündigung. Weder dem Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund noch der SPD gelang es, den Tag der Arbeit als reichsweiten gesetzlichen Feiertag zu sichern. In den Krisen der 1920er-Jahre, geschüttelt von Arbeitslosigkeit und Hyperinflation, wurden die Gewerkschaften weiter geschwächt. Von 1922 bis 24 verloren sie fast die Hälfte ihrer Mitglieder. 1923 war mehr als ein Viertel von ihnen arbeitslos, 42 Prozent in Kurzarbeit.

Blutmai in Berlin - Kämpfe zwischen Polizei und Demonstranten während kommunistischer Maidemonstrationen, trotz Demonstrationsverbotes

Berliner Blutmai 1929: 28 Menschen kamen bei den Kämpfen zwischen Polizei und Demonstranten ums Leben. Die Polizei nahm zahlreiche Teilnehmer der Kundgebungen in Berlin-Neukölln und Berlin-Wedding fest. Deutsches Bundesarchiv, Bild 102-07709/Sturkow (a.o.t.)/Wikimedia Commons

So konnte sich der Festtag nur in wenigen Ländern der Weimarer Republik nach 1922 halten, in den anderen beendeten die bürgerlichen Mehrheiten den verhassten proletarischen Festtag. Ihr Argument: Der Feiertag einer einzelnen gesellschaftlichen Gruppe könne nicht allgemein verbindlich für die ganze Gesellschaft sein. So in Bremen, das den Feiertag 1922 mit der Begründung abschaffte, „daß ganz Bremen, nur weil ein Teil seiner Bewohner wegen einer politischen Demonstration feiern will, zur Arbeitsruhe, zum Feiern und zum Geldverlust  gezwungen wird.“

Viele Unternehmer fühlten sich weiterhin provoziert von den Maifeiern. Sie bekämpften diese als Propagandaveranstaltungen, die in ihren Augen auf Umsturz, die Beseitigung des Privateigentums und die „Errichtung der proletarischen Diktatur“ zielten.

Aber nicht nur reaktionäre Parteien und Unternehmerverbände gingen gegen den 1. Mai vor. Auch in der deutschen Arbeiterbewegung war der Tag sehr umstritten. So lehnten die christlichen Gewerkschaften die "marxistische Heerschau" ab. Als sich die sozialistische Arbeiterbewegung spaltete, zog das auch die "Spaltung" ihres höchsten Feiertags nach sich. Während die Kommunisten stärker den Kampfcharakter hervorhoben, wollten ihn die Sozialdemokraten eher als Festtag.

Die Konflikte gipfelten 1928 im so genannten „Blutmai“. Der sozialdemokratische Polizeipräsident von Berlin hatte wegen befürchteter Unruhen ein Demonstrationsverbot verhängt. Die KPD ignorierte das Verbot, bei den Demonstrationen am 1. Mai kam es zu wilden Schießereien mit etlichen Toten.

Schließlich läutete die Machtübernahme durch die Nazis am 30. Januar 1933 das Ende des 1. Mai als Kampf- und Feiertag der Arbeiterschaft und Gewerkschaften ein. Am 16. April 1933 beschlossen die Nationalsozialisten die gewaltsame Entmachtung der Gewerkschaften, der Tag der Arbeit sollte zum nationalsozialistischen Kampftag werden. Zwei Tage später notierte Propagandaminister Josef Goebbels:

„Den 1. Mai werden wir zu einer grandiosen Demonstration des deutschen Volkswillens gestalten. Am 2. Mai werden die Gewerkschaftshäuser besetzt. Gleichschaltung auch auf diesem Gebiet. Es wird vielleicht ein paar Tage Krach geben, aber dann gehören sie uns. Man darf hier keine Rücksicht mehr kennen.“

Am 2. Mai 1933 stürmten die Nationalsozialisten die Gewerkschaftshäuser. Sie beschlagnahmten gewerkschaftliches Eigentum, misshandelten und verhafteten Gewerkschaftsfunktionäre. Für viele war dies der Beginn jahrelanger Verfolgung und Unterdrückung. Der 1. Mai war als staatlich verordneter "Feiertag der Nationalen Arbeit" fortan Kulisse für Paraden, Aufmärsche und Leistungsschauen der deutschen Industrie.

Doch die Übernahme des alten Feiertags der Arbeiterbewegung gelang nie vollständig, bis 1945 kam es immer wieder zu Aktionen von Oppositionellen. Noch im Sommer 1933 fällten Unbekannte die von Hitler am 1. Mai auf dem Tempelhofer Feld in Berlin gepflanzte Eiche. Dort hatte die NSDAP mit großem Pomp ihre erste Maifeier nach der Machtübernahme veranstaltet.

Mehr zur Geschichte

Serie: 125 Jahre Tag der Arbeit

 


Nach oben