Der dritte Tag der DGB-Sommertour stand voll im Zeichen von Verkehr, Transport und Logistik. Erste Station der Vorsitzenden von DGB und Gewerkschaften war der Standort Hannover der Deutsche Bahn Netz AG, danach ging es zum DHL-Hub am Flughafen Leipzig/Halle.
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Bei der DB Netz AG sprachen die Vorsitzenden mit Betriebsräten vor Ort unter anderem über die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeit bei der Beschäftigten – vor allem die Flexibilisierung von Arbeitzeiten und -bedingungen.
Bei der DB Netz AG Nord ist die neue Arbeitswelt voll angekommen: "Open space", "Flex@work", "Desksharing" und digitale Hilfen wie die "Brückenapp" sind die Stichworte für die Gespräche mit den Vorsitzenden der Gewerkschaften. Neue Bürokonzepte, in Teamarbeit erstellte Dienstpläne, Kinderbetreuungszimmer für Eltern und Kinder diskutieren die Betriebsräte mit den Beschäftigten. "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen aus starren Arbeitszeiten weg. Da müssen wir rein und die Menschen dabei mitnehmen. Wir brauchen einen neuen Deal", sagt der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner. Wichtig ist ein gutes Angebot auch, weil in den kommenden zehn Jahren rund 22 Prozent der Beschäftigten in Rente oder Pension gehen werden. "Wenn wir Personal finden und binden wollen, dann müssen wir gucken: Passt das Angebot?", sagt Betriebsratschefin Susanne Bodle.
Die DB Netz AG kümmert sich um die Infrastruktur der Bahn, also um 40.000 Züge am Tag, 24.970 Eisenbahnbrücken (davon 9000, die älter als 100 Jahre sind), um 61.000 Kilometer Gleise und 701 Tunnel. Fahrdienstleiter und Zugdisponenten sorgen dafür, dass es bei jedem Notfall, ob Rinder auf den Gleisen oder technische Probleme, irgendwie weitergeht.
Auch bei DHL am Flughafen Leipzig/Halle werden Digitalisierung, Automatisierung und Flexibilisierung von Arbeitszeiten Themen sein, die die Gewerkschaftsvorsitzenden mit Betriebsräten und Geschäftsführung diskutieren.
Beim DHL Hub nahe Leipzig, dem grössten Luftfahrtdrehkreuz von Europa, herrscht am Nachmittag noch schläfrige Ruhe. Kein Wunder, für die meisten der rund 4.400 MitarbeiterInnen ist sozusagen noch tiefe Nacht - die Hauptarbeitszeiten liegen zwischen 23 Uhr und 4 Uhr morgens. Dann landen und starten jede Nacht aus fast allen Ländern der Welt insgesamt 65 Boeing und Airbusse, zu Frachtmaschinen umgebaute Passagierflugzeuge mit Päckchen und Paketen - aber auch mal mit Luxuswagen, Nashörner oder Löwen an Bord. Die Beschäftigten verladen in einem gigantischen Logistiksystem mit Röhren, Bändern und Zielrutschen bis zu 350.000 Sendungen.
Für Gewerkschaften und Betriebsrat ist das eine Herausforderung. "Arbeitszeit ist ein Riesenthema: Viele MitarbeiterInnen arbeiten Nachts und in Teilzeit, und das für ein niedriges Entgelt", erklärt die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis. Aber DHL ist gut gewerkschaftlich organisiert, es gibt einen Tarifvertrag. Und ab Oktober gibt es eine deutliche Verbesserung: Statt 40 Stunden pro Woche gilt dann die 39-Stunden-Woche, bald auch die 38,5-Stunden-Woche: bei vollem Lohnausgleich. Der Betriebsrat hat zudem eine Betriebsvereinbarung zu Leiharbeit ausgehandelt, die bei der Hans-Böckler-Stiftung als vorbildlich gelobt wurde. In Leipzig arbeiten Menschen aus rund 80 Nationen, die Belegschaft engagiert sich offen gegen Rechtsradikalismus, schon die Azubis diskutieren im 1. Halbjahr mit Vertretern des Vereins "Mach meinen Kumpel nicht an" und besuchen die naheliegende Gedenkstätte des KZ Buchenwald.
DGB/Simone M. Neumann