Deutscher Gewerkschaftsbund

07.11.2011

Krisenglossar: Von ABS bis Zinslastquote

Ein-Cent-Münzen

DGB/Simone M.Neumann

Wer die Finanzkrise und die aktuelle „Eurokrise“ sowie ihre Ursachen und Hintergründe verstehen will, muss auch die Begriffe verstehen, die die politischen Debatten bestimmen. Unser „Krisenglossar“ gibt eine erste Hilfestellung: von ABS bis Zinslastquote.

ABS

Asset Backed Securities (ABS), sind durch Kredite gedeckte Wertpapiere (asset = Kreditforderung, backed = gedeckt, securities = Sicherheiten/Anlagen). In ABS bündeln Banken ihre Kreditforderungen, die sie an private Schuldner haben. Diese Kreditforderungen lagern sie dann in eine Zweckgesellschaft aus. Diese Gesellschaft gibt dann ABS-Wertpapiere heraus, mit denen die Kreditforderungen de facto weiterverkauft werden. Wer Anteile an ABS kauft, erwirbt also im Prinzip den Anteil an einem Aktenordner voll mit Schuldscheinen. Können die Schuldner ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen, scheitert auch das ABS-Wertpapier. Im Vorfeld der Finanzkrise haben viele US-Banken ihre „faulen“ Subprime-Kredite von Geringverdienern (siehe Subprime) in ABS verpackt und weltweit an Investoren verkauft. So kamen die „faulen Kredite“ ins internationale Finanzsystem.

Abschreibung

Muss eine Bank einen Wert oder eine Kreditforderung abschreiben, heißt das, dass die entsprechenden Posten in der Bilanz endgültig gestrichen werden müssen und als Verlust gewertet werden – beispielsweise beim Konkurs eines kreditnehmenden Unternehmens.

Bad Banks

Bad Banks sind künstlich geschaffene Tochter- oder Zweckgesellschaften einer Bank, in die sie ihre Giftpapiere (siehe Giftpapiere) und „faulen Kredite“ (siehe Faule Kredite) auslagert. Zweck dieses Vorgehens ist, dass die „Kernbank“ mit bereinigten Bilanzen auf den Finanzmärkten und gegenüber anderen Banken wieder vertrauens- und kreditwürdig auftreten kann. Auch in Deutschland wurde in Folge der Finanzkrise von der Großen Koalition die Möglichkeit geschaffen, Bad Banks einzurichten. Unklar ist, ob für die Verluste der Bad Bank letztlich die Kernbank oder im Zuge der „Bankenrettung“ der Staat aufkommen wird.

Bankenangabe

In Folge der Finanzkrise wird in vielen Staaten über eine so genannte Bankenabgabe diskutiert. Die Konzepte sind dabei vielfältig. Grundsätzlich geht es aber immer um eine von Banken und Finanzinstituten zu entrichtende Abgabe, Gebühr oder Steuer, mit der sie sich an der Bewältigung der Finanzkrise von 2007 beteiligen sollen oder mit der die Risiken künftiger Krisen abgesichert werden. In Deutschland wurde im November 2010 das Restrukturierungsgesetz verabschiedet, das auch eine Bankenabgabe vorsieht. Alle deutschen Finanzinstitute müssen eine jährliche Abgabe in den so genannten Restrukturierungsfonds einzahlen. Im Krisenfall soll der Fonds Banken aus der Krise helfen. KritikerInnen halten die Fondsmittel aber für viel zu gering. Auch die in vielen Ländern geforderte Finanztransaktionssteuer (siehe Finanztransaktionssteuer) stellt eine Art Bankenabgabe dar.

Basel III

Basel III ist ein vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (siehe Basler Ausschuss) festgelegtes Regelwerk für Banken und andere Finanzinstitutionen. Es legt fest, wie viel „Kernkapital“ Banken vorhalten müssen – also wie hoch das Eigenkapital im Vergleich zum gehandelten Fremdkapital sein muss. Außerdem legt Basel III eine Höchstverschuldungsgrenze für Banken fest. In der EU werden die 2010 aufgestellten Basel-III-Regeln ab 2012 umgesetzt. Die Vorläufer-Regelungen von Basel IIII sind auch als Basel II (in der EU seit 2007 Pflicht, in den USA noch Ende 2010 nicht umgesetzt) und Basel I (von 1988) bekannt.

Basler Ausschuss

Der 1974 von den G10-Staaten gegründete Basler Ausschuss für Bankenaufsicht ist bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) angesiedelt. Mitglieder des Ausschusses sind VertreterInnen der Bankenaufsicht und der Notenbanken der G10-Staaten sowie inzwischen mehrerer Dutzend weiterer Länder. Der Ausschuss legt rechtlich nicht verbindliche aber von den Mitgliedsstaaten in der Regel übernommene Standards für Banken und den internationalen Finanzhandel fest. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich ist eine internationale Organisation und gilt auch als „Zentralbank der Zentralbanken“.

BIP

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist die Summe der Werte aller in einer Volkswirtschaft (in der Regel also in einem Staat) hergestellten und bereitgestellten Waren und Dienstleistungen. Das BIP wird jährlich berechnet und bezieht sich immer auf einen Jahreszeitraum.

Bretton Woods

Bretton Woods ist der Name eines Ortes im US-Bundesstaats New Hampshire, in dem 1944 die so genannte Bretton-Woods-Konferenz der Vereinten Nationen zu Finanz- und Währungsfragen stattfand. Nach der Ortschaft ist deshalb auch das so genannte Bretton-Woods-Abkommen, beziehungsweise Bretton-Woods-System benannt: Durch das Abkommen wurde ein System fester Wechselkurse zwischen den internationalen Währungen mit dem US-Dollar als Leitwährung etabliert, dass durch Goldreserven gedeckt wurde. 1973 wurde dieses feste Wechselkurssystem aufgelöst. Auf der Bretton-Woods-Konferenz wurden außerdem die Gründung der Weltbank und des Internationale Währungsfonds beschlossen, weshalb diese beiden Organisationen auch Bretton-Woods-Institutionen genannt werden.

Derivate

Derivate sind nachgelagerte Finanzprodukte, die sich von konkreten Werten oder Wertpapieren wie Aktien, Anleihen oder Rohstoffpreisen ableiten. Der eigentliche Zweck eines Derivats ist es, Kursrisiken abzumildern: Es ist im Prinzip eine Versicherung gegen sinkende oder steigende Kurse, beziehungsweise Preise. Derivate können so ein sinnvolles Instrument für Unternehmen der Realwirtschaft sein – beispielsweise für Landwirte, die sich gegen sinkende Getreidepreise versichern oder für Exportunternehmen, die sich gegen Währungsschwankungen absichern. Von Investmentbanken und Finanzspekulanten werden Derivate heute aber zweckentfremdet als „Wette“ auf sinkende oder steigende Kurse ohne realwirtschaftlichen Hintergrund genutzt.

EFSF

Die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) ist ein Teil des ersten „Euro-Rettungsschirms“ (siehe ESM). Die EFSF firmiert als Aktiengesellschaft, Anteilseigner sind die Länder der Eurozone. Die EFSF soll über von ihr herausgegebene Anleihen – also de facto gemeinsame Staatsanleihen aller Euroländer – bis zu 440 Milliarden Euro in den ersten Euro-Rettungsschirm einbringen. Diese von allen Euroländern zu 120 Prozent (also mehr als notwendig) abgesicherten Anleihen haben derzeit das Rating AAA – die Bestnote.

Eurobonds

Der Begriff Eurobonds steht für das Konzept gemeinsamer Staatsanleihen vieler europäischer Staaten im Euro-Raum. Über Staatsanleihen nehmen Staaten Kredite am Kapitalmarkt auf, um so ihre Neuverschuldung zu finanzieren. Dafür zahlen sie einen bestimmten Zinssatz. Große Volkswirtschaften wie Deutschland oder Frankreich zahlen einen relativ geringen Zinssatz, kleinere Volkswirtschaften zahlen gerade in Krisensituationen teilweise bis zu zweistellige Zinssätze. Würde eine Gruppe von Staaten gemeinsame Staatsanleihen aufnehmen, würde sich der Zinssatz für die großen Volkswirtschaften kaum verteuern, für die wirtschaftlich schwächeren aber deutlich senken.

ESM

ESM steht im Zusammenhang mit der „Eurokrise“ sowohl für den ersten als auch den zweiten, dauerhaften „Euro-Rettungsschirm“. Der erste „Euro-Rettungsschirm“ wurde im Mai 2010 als „Europäischer Stabilisierungsmechanismus“ (ESM) geschaffen und von EU und Internationalem Währungsfonds bestückt. Zusätzlich zu den Hilfen für Griechenland wurden aus dem ersten Euro-Rettungsschirm bereits Hilfen für Irland und Portugal finanziert. Der erste Euro-Rettungsschirm läuft noch bis Juni 2013. Im Juli 2011 haben die Länder der Eurozone dann die Schaffung eines dauerhaft angelegten Rettungsschirms beschlossen. Dieser heißt angelehnt an den ersten Rettungsschirm „Europäischer Stabilitätsmechanismus“ (ebenfalls ESM) und soll von den nationalen Parlamenten bis Ende 2012 ratifiziert sein, um ab Mitte 2013 den ersten Rettungsschirm ablösen zu können.

Europäische Zentralbank

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist die gemeinsame Zentralbank der Länder der Europäischen Währungsunion. Anteilseigner der EZB sind die nationalen Zentralbanken der 27 EU-Staaten (also auch der Länder außerhalb der Eurozone). Deutschland hält über die Deutsche Bundesbank 18,94 Prozent an der EZB.

Faule Kredite

Als „faule Kredite“ gelten Kreditforderungen einer Bank, von denen sie bereits weiß oder bei denen sie mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen muss, dass die Schuldner die Kredite nicht zurückzahlen können.

Finanztransaktionssteuer

Mit einer Finanztransaktionssteuer würde jedes Finanzgeschäft auf den Kapital- und Finanzmärkten besteuert - ähnlich der Mehrwertsteuer auf Waren und Dienstleistungen. Bereits bei einem minimalen Steuersatz hätten die öffentlichen Haushalte erhebliche Mehreinnahmen. Je nach Konzept und Schätzung könnten allein in Deutschland bereits bei Steuersätzen zwischen 0,01 und 0,5 Prozent zwischen zwölf und 36 Milliarden Euro zusätzliche Steuereinnahmen erzielt werden. Die Finanztransaktionssteuer wäre damit ein sinnvolles Instrument, um FinanzspekulantInnen als Verursacher der Finanz- und Wirtschaftskrise an deren Folgekosten zu beteiligen, zusätzliche Haushaltsmittel für gute öffentliche Leistungen und die Armutsbekämpfung zu generieren, Finanzströme transparenter zu machen und Rohstoff- sowie Wechselkurse zu stabilisieren.

Finanzwirtschaft

Ein Teil der Gesamtwirtschaft. Siehe Realwirtschaft.

Giftpapiere

Als Giftpapiere (englisch: toxic assets) bezeichnet man umgangssprachlich Wertpapiere und Finanzprodukte, deren Werte so stark gesunken und deren Entwicklungsaussichten so schlecht sind, dass es für sie keine Käufer und keinen funktionierenden Markt mehr gibt. Giftpapiere müssten von Banken unter regulären Bedingungen abgeschrieben werden (siehe Abschreibung). In Folge der Finanzkrise wurde nach Möglichkeiten gesucht, die Bankenbilanzen von Giftpapieren zu entlasten, da der Anteil von Giftpapieren im Portfolio mancher Banken einen existenzgefährdenden Umfang angenommen hatte. Eine der diskutierten und in vielen Ländern eingeführten Lösungen war die Einrichtung von Bad Banks (siehe Bad Banks).

Grauer Kapitalmarkt

Der Kapital- und Finanzmarkt wird nach dem Grad der staatlichen Überwachung in den weißen, grauen und schwarzen Markt unterteilt. Der weiße Kapitalmarkt bezeichnet den legalen Teil des Kapitalmarkts, der sich unter Kontrolle und Regulierung staatlicher Aufsichtsbehörden befindet. Der graue Kapitalmarkt ist ebenfalls legal, allerdings nicht oder nur bedingt unter staatlicher Aufsicht. Der schwarze Kapitalmarkt ist der illegale Teil des Kapitalmarktes, der sich bewusst staatlicher Kontrolle zu entziehen sucht. Zum Grauen Kapitalmarkt gehören beispielsweise Immobilien- und Rohstoffbeteiligungen und Termingeschäfte, aber auch der Kauf und Verkauf von Unternehmensbeteiligungen, wie er von Private-Equity-Unternehmen praktiziert wird.

Hedgefonds

Hedgefonds sind Investmentfonds, die mit spekulativen und riskanten Anlagestrategien – oft auch kurzfristig – möglichst hohe Renditen anstreben. In Deutschland sind Hedgefonds erst seit 2004 zugelassen.

Hochfrequenzhandel (HFT)

Beim Hochfrequenzhandel (HFT, englisch: High Frequency Trading) nutzen Investmentbanken Computerprogramme und Algorithmen, um durch millisekunden-schnelle Käufe und Verkäufe von Aktien und anderen Wertpapieren Gewinn zu machen. Dazu benötigen diese Banken von den Börsen „Vorabinformationen“, die sie von manchen Börsen (wie der amerikanischen NASDAQ) gegen Gebühr erhalten. Millisekunden vor der Durchführung eines Aktienkaufs eines Händlers erhalten die Computerprogramme der HFT-Banken dann diese Information. So können sie die entsprechende Aktie dann automatisiert kaufen, den Kurs dadurch minimal steigern und an den potenziellen Käufer zum minimal höheren Preis gleich wieder verkaufen. Die Gewinnspanne der einzelnen Transaktionen ist kaum relevant, durch das automatisierte Verfahren sind die Summen der Transaktionen aber enorm: Laut Financial Times macht der HFT bereits 50 Prozent der Wertpapier-Umsätze in den USA aus. Sowohl in den USA als auch in Europa gibt es Bestrebungen den Hochfrequenzhandel zu verbieten.

Internationaler Währungsfonds IWF

Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen und wurde ebenso wie die Weltbank (siehe Weltbank) 1944 in Folge der Konferenz von Bretton Woods (siehe Bretton Woods) gegründet. Fast alle Mitglieder der Vereinten Nationen sind auch stimmberechtigte Mitglieder des IWF – je nach Höhe ihrer Kapitaleinlagen. Das meiste Kapital des IWF stellen die USA mit fast 16 Prozent (demnach auch ein Stimmanteil von 16 Prozent) sowie Deutschland und Japan mit jeweils rund sechs Prozent. Aufgabe des IWF ist es, die internationale Währungspolitik zu koordinieren und die internationalen Finanzmärkte zu stabilisieren. Dazu kann der IWF unter anderem Kredite (auch an Mitgliedsstaaten) vergeben, um Zahlungsausfälle zu vermeiden.

Leerverkäufe

Leerverkäufe sind Geschäfte mit Wertpapieren, die der Verkäufer zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt zum Verkauf anbietet, ohne in der Gegenwart bereits diese Wertpapiere zu besitzen. Bei ungedeckten Leerverkäufen hat sich der Verkäufer – im Gegensatz zu gedeckten Leerverkäufen – noch nicht einmal einen Kaufanspruch auf die Wertpapiere gesichert, die er selbst bereits weiterverkauft. Bei gedeckten Leerverkäufen besitzt der Verkäufer je nach Definition immerhin bereits einen Teil der Wertpapiere oder hat sich zumindest ein Vorkaufsrecht auf die entsprechenden Wertpapiere gesichert. Bei Leerverkäufen gewinnt der Verkäufer nur dann, wenn sich der Kurs für das gehandelte Wertpapier bis zum tatsächlichen Verkaufszeitpunkt fällt – wenn er es also in der Gegenwart zu einem teureren Preis verkauft, als er es kurz vor dem tatsächlichen Übergabezeitpunkt selbst kaufen muss. Bei Leerverkäufen wetten Spekulanten also wie bei Derivaten (siehe Derivate) auf die Kursentwicklung, ohne dass die Geschäfte durch realwirtschaftliche Werte gedeckt sind.

Leverage

Der englische Begriff Leverage (wörtlich: Hebelwirkung) wird im Finanzsektor in der Regel für den so genannten Leverage-Effekt verwendet. Der Leverage-Effekt beschreibt ein finanzwirtschaftliches Phänomen: Eine kleine Veränderung eines Kurses oder Preises (Basiswert) führt zu einem großen Effekt auf einen anderen Kurs oder ein Finanzprodukt, das sich auf den Basiswert bezieht. So entstehen auf den Finanzmärkten sich selbst verstärkende Ausschläge nach oben oder unten. Der Leverage-Effekt ist ein typisches Phänomen von Derivaten (siehe Derivate).

Maastricht-Kriterien - Stabilitätskriterien (EU-Konvergenzkritierien)

Die so genannten Maastricht-Kriterien (eigentlich „EU-Konvergenzkriterien“, oft auch „Stabilitätskriterien“ genannt) wurden 1992 im Vertrag von Maastricht zwischen den EU-Staaten vereinbart und bildeten später die Grundlage für die Mitgliedschaft in der Europäischen Währungsunion, also der Euro-Zone. Die drei wichtigsten Kriterien sind Preisstabilität, Haushaltsstabilität und die Stabilität der Zinssätze von Staatsanleihen. In puncto Preisstabilität darf die Inflation eines Landes nicht mehr als 1,5 Prozentpunkte über der Durchschnittsinflation der drei stabilsten EU-Länder liegen. Das Kriterium der Haushaltsstabilität fordert von den EU-Staaten, dass ihre gesamte Staatsverschuldung nicht mehr als 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen darf, die jährliche Neuverschuldung nicht mehr als drei Prozent des BIP. Außerdem darf der Zinssatz für langfristige Staatsanleihen (siehe Staatsanleihen) nicht mehr als zwei Prozent über den durchschnittlichen Zinssätzen der drei stabilsten EU-Länder liegen.

Private Equity

Private Equity (wörtlich übersetzt: privates Kapital) bezeichnet „Außerbörsliches Eigenkapital“, also die Beteiligung privater Kapitalgeber an nicht-börsennotierten Unternehmen. Private-Equity-Gesellschaften (Kapitalbeteiligungsgesellschaften) kaufen sich im Auftrag privater Investoren (oft auch Hedgefonds, siehe Hedgfefonds) bei Unternehmen ein. Viele Private-Equity-Gesellschaften haben sich in Deutschland auf kleine und mittelständische Unternehmen mit hohen Renditeerwartungen spezialisiert. Private-Equity-Gesellschaften legen es nicht grundsätzlich darauf an, ein von ihnen aufgekauftes Unternehmen zu „zerstückeln“ und weiterzuverkaufen. Sie arbeiten aber nach dem Profit der Gewinnmaximierung für ihre Anleger. Lässt sich aus dem laufenden Geschäft eines Unternehmens dir Renditeerwartung der Anleger nicht mehr erfüllen, wird das Unternehmen dennoch oft „ausverkauft“. Private-Equity-Unternehmen werden in Deutschland umgangssprachlich nach einem Ausspruch des ehemaligen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering auch als „Heuschrecken“ bezeichnet.

Rating

Mit einem Rating (wörtliche Übersetzung: Bewertung) wird in der Finanzwirtschaft die Sicherheit einer Anlage bewertet. Ratings werden von Ratingagenturen (siehe Ratingagenturen) in Form von Rating-Noten vergeben. Die Bestnote ist AAA, die schlechteste Note je nach Ratingsystem C oder D. Nicht nur Aktien-Indizes und Anlageprodukte haben inzwischen ein Rating, auch Staaten werden auf ihre Kreditwürdigkeit hin bewertet. Die Rating-Note eines Staates kann massive Auswirkungen auf die Zinssätze haben, die er für seine Staatsanliegen zahlen muss.

Ratingagentur

Ratingagenturen bewerten die Sicherheit von (Finanz-)Anlagen mit „Ratings“. Das internationale Finanzmarkt-Rating wird heute von den drei großen US-Ratingagenturen Fitch, Moody’s und Standard&Poor’s dominiert. Ratingagenturen sind keine staatlichen oder öffentlich-rechtlichen Institutionen, sondern private Unternehmen. An allen drei großen Agenturen sind auch Finanzinvestoren als Eigentümer beteiligt. Ratingagenturen sind im Verlauf der Finanzkrise ab 2007 in die Kritik geraten, weil sie hochriskante Finanzprodukte, die mit zum „Crash“ der Finanzmärkte führten, als sichere Anlagen bewertet hatten. In der „Schuldenkrise“ verschiedener Euro-Länder ab 2009 gerieten die Agenturen erneut in die Kritik, weil sie die Krise durch das willkürlich wirkende Herabstufen der Ratings von Ländern wie Griechenland, Portugal, Irland oder französischer Großbanken noch verschärften. Deshalb fordern KritikerInnen, die Ratingagenturen besser zu kontrollieren. In Europa wird über die Gründung einer europäischen Ratingagentur diskutiert, um die Macht der drei großen US-Ratingagenturen zu brechen.

Realwirtschaft

Die Realwirtschaft bildet zusammen mit dem Finanzsektor (Finanzwirtschaft) die beiden grundlegenden Teile der Gesamtwirtschaft. Die Realwirtschaft besteht aus Dienstleistungs- und Industrieunternehmen sowie aus landwirtschaftlichen Betrieben, die konkrete Werte produzieren oder generieren. Im Gegensatz dazu handelt die Finanzwirtschaft lediglich mit Finanzwerten. Ursprünglicher Zweck der Finanzwirtschaft war es, die Realwirtschaft mit Finanzmitteln und Krediten zu versorgen. Im Zuge der Deregulierung der internationalen Finanzmärkte hat sich die Finanzwirtschaft weitgehend von der Realwirtschaft abgekoppelt, so dass die gehandelten Finanzwerte oft nicht mehr von realen Werten gedeckt sind und die Gefahr von „Finanzblasen“ steigt.

Schattenbanken

Als Schattenbanken gelten Institutionen, die zwar bankenähnliche Finanzgeschäfte machen, aber nicht als Finanzinstitut registriert sind. Bekanntestes Beispiel für Schattenbanken sind Hedgefonds.

Sekundärmarkt

Der Sekundärmarkt ist der Teil des Finanzmarkts, auf dem mittelbare Anteile an Unternehmen und Rohstoffen gehandelt werden – also Anleihen und Aktien. Im Gegensatz zum Sekundärmarkt geht es auf dem Primärmarkt um unmittelbaren Handel mit Unternehmen oder Rohstoffen – zum Beispiel um Unternehmenskäufe oder -fusionen.

Structured Investment Vehicle (SIV)

So genannte Structured Investment Vehicle (SIV) sind Zweckgesellschaften, die von Finanzinstituten gegründet werden, um Wertpapiere zu vertreiben, die auf Forderungen beruhen (also Kreditforderungen an Schuldner oder Liefer- und Warenforderungen an Produzenten und Dienstleister). Im Vorfeld der Finanzkrise wurden verstärkt „faule Kredite“ von Banken in ein SIV ausgelagert, um sie zu „refinanzieren“ – also zu verkaufen. SIV werden in der Finanzwelt oft auch mit dem Begriff „Refinanzierungsstruktur“ (Conduit) bezeichnet.

Staatsanleihen

Auch Staaten müssen sich für ihre Neuverschuldung Geld besorgen. Dafür geben sie so genannte Staatsanleihen heraus. Wer eine Staatsanleihe kauft, gewährt dem Staat im Prinzip einen Kredit zu einem bestimmten Zinssatz. Staaten können ihre Staatsanleihen entweder auf den nationalen oder internationalen Finanzmärkten platzieren (also an Banken und Großanleger verkaufen) oder an private Anleger verkaufen. Japan beispielsweise verkauft einen Großteil seiner Staatsanleihen an die eigenen BürgerInnen und inländische Investoren, Griechenland hingegen ist zu einem erheblichen Teil bei vielen europäischen und internationalen Großbanken „verschuldet“.

Staatsverschuldung

Staatsverschuldung wird entweder in absoluten Zahlen der Landeswährung oder im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt (siehe BIP) als Prozentsatz angegeben. Für die Staatsverschuldung gibt es verschiedene Definitionen und Begriffe: Der Gesamtschuldenstand eines Staates ist die Summe der Staatsanleihen (siehe Staatsanleihen), mit denen der Staat bei den Käufern der Staatsanleihen „verschuldet“ ist. Die Neuverschuldung ist die Differenz zwischen dem Gesamtschuldenstand des aktuellen Jahres zum Vorjahr. Sowohl der Gesamtschuldenstand als auch die Neuverschuldung werden oft im Verhältnis zum BIP angegeben. Die Maastricht-Kriterien (siehe Maastricht-Kriterien) der EU sehen etwa eine Gesamtverschuldung von höchstens 60 Prozent des BIP und eine Neuverschuldung von höchstens drei Prozent des BIP vor.

Subprime

Der englische Begriff Subprime bedeutet so viel wie „unter Bestnote“ oder „zweitklassig“. Er steht im Geschäft mit Immobilienhypotheken für private Kreditnehmer mit geringen Einkommen, die kaum kreditwürdig sind. Auf dem US-amerikanischen Hypothekenmarkt wurden solche Kredite seit Anfang der 1990er Jahre massenhaft an Geringverdiener vergeben – später auch in Großbritannien und anderen europäischen Staaten. Die Subprime-Kreditnehmer konnten ihre Raten nur so lange bezahlen, wie die Immobilienpreise stiegen und die Zinsen extrem niedrig blieben. Als dieser Effekt 2007 in den USA ausblieb, verpackten viele Hypothekenanbieter die „faulen Kredite“ in gebündelte Wertpapiere wie die ABS (siehe Asset Backed Securities) und verkauften sie an Banken und Investoren (so genannter Subprime-Markt). So gelangten die „faulen Kredite“ in den internationalen Finanzhandel und wurden zu einem wesentlichen Anstoß der Finanzkrise ab 2007.

Troika

Im Zusammenhang mit der „Eurokrise“ bezeichnet der Begriff „Troika“ die drei Institutionen EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF). Diese Troika prüft die Konsolidierungs- und Sparbemühungen der „Krisenländer“ und gibt ein Votum ab, ob die jeweils nächste Kreditrate aus dem „Rettungspaketen“ ausgezahlt werden kann.

Weltbank

Die Weltbank wurde ebenso wie der Internationale Währungsfonds (siehe IWF) 1944 in Folge der Konferenz von Bretton Woods ins Leben gerufen. „Weltbank“ ist der umgangssprachlich verwendete Begriff für die „Weltbankgruppe“, der insgesamt fünf Organisationen angehören, darunter die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Aufgabe der Weltbank ist es, „wirtschaftliche Entwicklung von weniger entwickelten Mitgliedstaaten durch finanzielle Hilfen, Beratung sowie technische Hilfe zu fördern und so zur Umsetzung der internationalen Entwicklungsziele beizutragen“. Damit verfolgt die Weltbank durchaus auch soziale Ziele wie die Reduktion des Anteils der von Armut bedrohten Menschen an der Weltbevölkerung um die Hälfte (bis 2015). Allerdings steht die Weltbank auch in der Kritik, weil sie mit der Private-Sector-Development-Strategy (PSD) das Prinzip der Privatisierung zur Grundlage ihrer Arbeit erklärt hat. Die Stimmanteile der Mitgliedsländer der Weltbank richten sich nach ihren Kapitaleinlagen. Die größten Anteilseigner sind die USA (15,9 Prozent), Japan (6,8 Prozent) und China (4,4 Prozent). Deutschland hält vier Prozent an der Weltbank.

Zinslastquote

Ein Begriff, der häufig im Zusammenhang mit der Staatsverschuldung eines Landes genannt wird. Die Zinslastquote gibt an, wie viel Prozent seines Gesamthaushalts ein Staat für die Zinstilgung seiner Staatsschulden ausgeben muss.


Nach oben

Finde deine Gewerkschaft

Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter halten Fahnen hoch: Grafik
DGB
Rechtsschutz, tarifliche Leistungen wie mehr Urlaubstage und Weihnachtsgeld, Unterstützung bei Tarifkonflikten und Weiterbildung – dies sind 4 von 8 guten Gründen Mitglied in einer DGB-Gewerkschaft zu werden.
weiterlesen …

Der DGB-Tarifticker

Ge­werk­schaf­ten: Ak­tu­el­le Ta­rif­ver­hand­lun­gen und Streiks
Gewerkschafter*innen auf Demonstration für besseren Tarif
DGB/Hans-Christian Plambeck
Aktuelle Meldungen zu Tarifverhandlungen, Tariferfolgen und Streiks der acht Mitgliedsgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).
weiterlesen …

RSS-Feeds

RSS-Feeds: Un­se­re In­hal­te – schnell und ak­tu­ell
RSS-Feed-Symbol im Hintergrund, im Vordergrund eine Frau, die auf ihr Handy schaut
DGB
Der DGB-Bundesvorstand bietet seine aktuellen Meldungen, Pressemitteilungen, Tarifmeldungen der DGB-Gewerkschaften sowie die Inhalte des DGB-Infoservices einblick auch als RSS-Feeds.
weiterlesen …

Direkt zu deiner Gewerkschaft

Zu den DGB-Gewerkschaften

DGB