In Deutschland formiert sich Widerstand gegen das dritte Hilfspaket für Griechenland – man habe in der Krise schon genug gezahlt, so die Kritiker. Doch bisher hatten die Steuerzahler hierzulande keine Kosten. Im Gegenteil: Die deutsche Staatskasse hat von der Euro- und Griechenlandkrise sogar profitiert.
Die griechische Regierung hat sich mit den Gläubiger-Institutionen auf Bedingungen für neue Hilfskredite geeinigt. Die zusätzlichen Gelder sind nötig, um einen Zahlungsausfall des Landes und schlimmere Konsequenzen für Griechenland und die Eurozone zu verhindern. Dennoch wird hierzulande erneut Widerstand gegen ein neues Hilfspaket laut. Deutschland habe in der Krise „genug gezahlt“ – so die Parole.
Quelle: EZB
Aber diese Argumentation ist falsch: Bisher hatte der deutsche Steuerzahler gar keine Kosten. Die deutsche Staatskasse hat von der Euro- und Griechenlandkrise sogar profitiert, wie eine neue Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) aufzeigt. Das IWH beziffert den Gewinn, den der deutsche Fiskus seit 2010 aus der Eurokrise gezogen hat, auf mindestens 100 Milliarden Euro. Grund ist die Zinsersparnis bei deutschen Staatsschulden: Durch die Unsicherheiten auf den Finanzmärkten stieg in der Eurokrise die Nachfrage nach sicheren Geldanlagen wie deutschen Staatsanleihen. Die Nachfrage nach den deutschen Schuldscheinen drückte die Zinsen, die Refinanzierung wurde für die deutsche Regierung zum Schnäppchen Hinzu kommt, dass Griechenland Zinsen für die Hilfskredite zahlte. Zwischen 2010 und 2014 hat Deutschland so rund 360 Millionen Euro Zinsen kassiert.
Kosten kommen auf den deutschen Staat erst zu, wenn die Griechenland-Kredite ausfallen. Paradoxerweise haben ausgerechnet die Reform-Auflagen, die von den Gläubigern gegenüber Griechenland durchgesetzt wurden, die Wahrscheinlichkeit eines solchen Zahlungsausfalls erhöht: Die erzwungenen Renten-, Sozial- und Lohnkürzungen und der krasse öffentliche Sparkurs haben Wirtschaftsleistung und Steuereinnahmen massiv gedrückt und die Arbeitslosigkeit ansteigen lassen. Eine denkbar schlechte Ausgangslage für eine Entschuldung. Die Schuldenquote ist entsprechend sogar gewachsen.
Daher ist es gut, dass das jetzt ausgehandelte neue Reform-Paket einen weniger radikalen Sparkurs vorsieht, als ursprünglich befürchtet: So muss im laufenden Jahr kein Primärüberschuss (Haushaltsüberschuss ohne Zinsausgaben) erzielt werden. Sinnvoll ist auch, dass konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption und Schwarzarbeit vorgesehen sind, dass die Funktion von Statistikbehörde und Verwaltungen gestärkt, Steuerhinterziehung und -umgehung bekämpft werden sollen.
Zu kritisieren ist der nach wie vor bestehende Glaube an Austerität und Kürzungen: Massenentlassungen sollen wohl vereinfacht, die Nachwirkung von Tarifverträgen verkürzt, Rentenzahlungen gesenkt werden. Das alles reduziert tendenziell Einkommen und Kaufkraft. Von der Fiskalpolitik werden weiter negative Konjunktureffekte ausgehen, positive Impulse zur Ankurbelung der Wirtschaft sind nicht ausreichend vorgesehen.
Genau solche Impulse müssen jetzt dringend folgen: Eine Investitionsoffensive, vor allem im Energiesektor, kann kurz- und langfristig Wachstum generieren. Zudem braucht es eine Schuldenkonferenz, um eine Schuldenumstrukturierung bzw. ein Schuldenmoratorium zu erreichen. So bekäme Griechenland Luft zum Atmen.