Ausschüsse für Wettbewerbsfähigkeit sollen in der EU künftig Einfluss auf Lohnverhandlungen nehmen. Doch Ihr Ziel, Lohnkosten zu senken und Gewinne zu maximieren, geht zu Lasten der Beschäftigten. Statt neuer Institutionen brauche Europa eine Politik die die Nachfrage stärkt und Ungleichgewichte durch Investitionen und Wachstum abbaut, schreibt der DGB-klartext.
Die EU-Kommission schlägt in einer aktuellen Empfehlung vor, in jedem Land der Eurozone einen nationalen „Ausschuss für Wettbewerbsfähigkeit“ zu errichten. Diese Stellen sollen die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit in den einzelnen Staaten überwachen, dabei insbesondere auch die Lohnkosten ins Visier nehmen und politische Empfehlungen abgeben. Zwar versichert die EU-Kommission, die Tarifautonomie werde gewahrt. Doch das werden am Ende warme Worte bleiben. Denn es ist klar gewollt, dass die neuen, mit „unabhängigen Experten“ besetzten Gremien Einfluss auf die Lohnverhandlungen nehmen sollen.
Grafik: DGB; Daten: Eurostat & EU-Kommission, ab 2014: Prognose EU-Kommission
Die alleinige Orientierung an der Förderung der „Wettbewerbsfähigkeit“ zeigt, dass dabei keine ausgewogenen Empfehlungen zu erwarten sind. Die neuen Institutionen werden nicht darauf setzen, Armut in Europa zu verringern und gute Löhne für Millionen Beschäftigte zu ermöglichen. Sie werden nicht Kaufkraft und Nachfrage stärken, wie es eigentlich notwendig wäre, um Europas Binnenmarkt zu beleben und Unternehmen zu motivieren, mehr zu investieren. Nein, die Ausschüsse für Wettbewerbsfähigkeit werden darauf drängen, Lohnkosten zu senken und Gewinne der Unternehmen zu erhöhen. Umverteilung zu Lasten der Beschäftigten!
Damit weitet die EU eine Politik auf die Eurozone aus, die sie in den Krisenländern bereits vorexerziert hat: Auch in Spanien und Griechenland bewerteten die externen „Experten“ der Troika die Wettbewerbsfähigkeit und zwangen die Regierungen dann dazu, Tarifsysteme zu durchlöchern und flächendeckend Löhne zu drücken.
Der beschränkte Fokus der EU-Kommission auf die (preisliche) Wettbewerbsfähigkeit hat wahnhafte Züge. Er verhindert die Etablierung einer wirklich fortschrittlichen und stabilisierenden wirtschaftspolitischen Steuerung in Europa – einer Strategie, die die Nachfrage hierzulande weiter stärkt und auch strukturschwache EU-Regionen mit Investitionen zukunftsfähig macht.
Mit dem verengten Fokus zielt die EU-Kommission auch an den tatsächlichen Problemen der Währungsunion vorbei. Fakt ist: Die Eurozone war in ihrer Gesamtheit auch in der Vergangenheit wettbewerbsfähig – jedes Jahr wurden so viele Waren in den Rest der Welt exportiert wie importiert. Die Leistungsbilanz der Eurozone war im Durchschnitt ausgeglichen.
Seit 2010 hat die verfehlte Krisenpolitik dann in vielen Ländern Löhne und öffentliche Ausgaben gekürzt. Die Binnennachfrage der Eurozone brach ein, die Importe hielten nicht mehr mit den Exporten schritt, der Leistungsbilanzsaldo steigt seitdem massiv (siehe Grafik). Die neuen Pläne der EU-Kommission würden diese Fehlentwicklung weiter stützen, Ungleichgewichte auf die globale Ebene verlagern und neue Krisen fördern.
Die „Ausschüsse für Wettbewerbsfähigkeit“ dürfen deshalb nicht kommen! Statt neuer Institutionen, die Löhne drücken, brauchen wir eine Politik, die die Nachfrage stärkt und Ungleichgewichte innerhalb Europas durch Investitionen und Wachstum abbaut.