Deutscher Gewerkschaftsbund

22.12.2014

Gemeinsam gegen Schwarzarbeit und Scheinselbstständigkeit

DGB und Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) wenden sich gemeinsamen gegen Schwarzarbeit und Scheinselbstständigkeit: Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung, und Scheinselbstständigkeit führten zu Wettbewerbsverzerrungen für Betriebe und zu Lohn- und Sozialdumping für Beschäftigte, heißt es in einer Erklärung der beiden Verbände.

Bündnisse gegen Schwarzarbeit

Im Handwerk gibt es bereits mehrere Branchen-Bündnisse gegen Schwarzarbeit. Erst am 16. Dezember 2014 unterzeichneten die IG BAU der Bundesverband Gerüstbau, die Bundesinnung des Gerüstbauer-Handwerks und das Bundesfinanzministerium ein Bündnis gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung im Gerüstbauer-Handwerk.

Daneben gibt es zum Beispiel bereits Bündnisse gegen Schwarzarbeit im Elektrohandwerk, im Maler- und Lackierer-Handwerk sowie im Gebäudereiniger-Handwerk.

"Regional vernetzte Sozialpartner sind wichtig, wenn es darum geht, Schwarzarbeit möglichst von vornherein zu unterbinden. Gegen unfairen Wettbewerb brauchen wir regionale Bündnisse, die mit der Situation vor Ort vertraut sind und die ein Auge darauf haben, dass Standards wie der ab 2015 geltende Mindestlohn eingehalten werden", erklärte DGB-Vorstand Stefan Körzell zum Hintergrund der gemeinsamen Erklärung von DGB und ZDH gegen Schwarzarbeit.

Körzell: Bündnisse gegen Schwarzarbeit in weiteren Handwerksbranchen gründen

"In Branchen wie dem Elektrohandwerk, in der Bauwirtschaft und in der Gebäudereinigung gibt es solche Bündnisse bereits heute", so Körzell. "Wir werben dafür, dass sich die Sozialpartner untereinander und mit den Behörden noch besser vernetzen und solche Bündnisse in weiteren Branchen und Regionen gründen. Jedem, der den gesetzlichen Mindestlohn umgeht, muss klar sein: Verstöße werden mit bis zu 500.000 Euro geahndet."


Arbeiter auf Stahlrohbau

DGB/Simone M. Neumann

Erklärung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)

 

Gemeinsam gegen Schwarzarbeit

Mit über 5,1 Millionen Beschäftigten und 380.000 Auszubildenden ist das Handwerk von zentraler Bedeutung für den deutschen Arbeitsmarkt. Das Handwerk steht für hohe Qualitätsstandards, gute Ausbildungs- und Arbeitsverhältnisse und einen fairen Leistungswettbewerb. Dieser Beitrag des Handwerks zu Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung in Deutschland darf nicht durch Fehlentwicklungen gefährdet werden.

Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung, und Scheinselbstständigkeit führen zu Wettbewerbsverzerrungen für Betriebe und zu Lohn- und Sozialdumping für Arbeitnehmer. Zusätzlich werden dem Staat Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Milliardenhöhe entzogen. Durch sich ausbreitende Schwarzarbeit werden Unternehmen und Beschäftigte vor eine Vielzahl von Problemen gestellt:

  • Unternehmen werden durch die Ausbreitung von Schwarzarbeit in einen ruinösen Wettbewerb getrieben. Handwerksbetriebe mit soliden Geschäftsmodellen und angemessener Bezahlung nach Tarif können sich nur schwer gegen Unternehmen, die von illegaler Beschäftigung profitieren, behaupten und haben so am Markt oftmals das Nachsehen.  
  • Für die Beschäftigten entsteht eine Abwärtsspirale, die Lohndumping und schlechtere Arbeitsbedingungen mit sich bringt. Diese Entwicklung begünstigt Altersarmut. Gering qualifizierte illegale Beschäftigte stellen zudem eine Gefahr für sich und ihre Kolleginnen und Kollegen dar, da sie oft die Gefahren am Arbeitsplatz nicht ausreichend einschätzen können und damit das Unfallrisiko steigt.

Gerade entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind häufiger Ziel sittenwidriger Beschäftigung. Sie werden dabei im Unklaren über ihre Rechte und Pflichten oder im Glauben gelassen, abhängig beschäftigt zu sein. Viele von ihnen werden illegal, ohne Aufenthaltserlaubnis und Sozialversicherung beschäftigt oder in Scheinselbstständigkeit getrieben. Neben schlechter Bezahlung sind die Unterbringungs- und Arbeitsbedingungen oftmals katastrophal.

DGB und ZDH unterstützen nachdrücklich alle Initiativen der Sozialpartner, die sich gemeinsam diesem Problem stellen. In Zusammenarbeit mit der Politik halten wir folgende Maßnahmen für erforderlich, um Schwarzarbeit noch effektiver zu bekämpfen und reguläre Beschäftigung weiter zu stärken:

Bessere Kontrollen:

Die Arbeit und Kontrollmaßnahmen der zuständigen Verfolgungsbehörden müssen effizienter gestaltet werden. Hierzu bedarf es einer personellen und organisatorischen Stärkung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS). DGB und ZDH fordern die Bundesregierung auf, die Zusage, bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit 1.600 zusätzliche Stellen zu schaffen, zügig umzusetzen. Darüber hinaus müssen die derzeit unbesetzten vorhandenen Planstellen umgehend wiederbesetzt werden. Nur so kann verhindert werden, dass die Kontrolle des gesetzlichen Mindestlohnes ab dem 1. Januar 2015 zu einer Verwässerung der notwendigen Kontrollintensität in den Mindestlohnbranchen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz führt.

In diesem Zusammenhang begrüßen ZDH und DGB die vorgeschlagenen Maßnahmen zu einer intensiveren Kontrolle zur Bekämpfung von Schwarzarbeit, illegaler Beschäftigung und Scheinselbstständigkeit und der für diesen Zweck vorgesehenen besseren Zusammenarbeit der zuständigen Stellen.

Auch die neue Gewerbeanzeigeverordnung, die am 1. Januar 2015 in Kraft tritt, ist hierfür ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Denn so bekommt die FKS die Möglichkeit, auf Verdachtsbasis gezielt zu prüfen.

Jetzt gilt es, die neuen Möglichkeiten schnell und bundesweit in der Praxis umzusetzen, damit die Chancen zur besseren Bekämpfung von Schwarzarbeit und Scheinselbstständigkeit auch beherzt genutzt werden.

Beratung und Betreuung:

Beratungs- und Betreuungsangebote für die entsandten Beschäftigten durch die Bundesagentur für Arbeit und spezialisierte Beratungsstellen sollen verbessert und ausgebaut werden. Initiativen, wie das DGB-Projekt Faire Mobilität mit einer flächendeckenden Beratung und Betreuung von entsandten Arbeitnehmern sowie die betrieblichen Beratungsangebote der Handwerksorganisation leisten einen wichtigen Beitrag zur Schaffung einer gelebten Willkommens- und Arbeitskultur für ausländische Fachkräfte in Deutschland.

Regionale und branchenspezifische Bündnisse:

In einer Reihe von Handwerksbranchen haben sich Bündnisse gegen Schwarzarbeit gegründet. ZDH und DGB werben bei ihren Mitgliedern dafür, dass sich im Sinne einer noch besseren Zusammenarbeit der Sozialpartner untereinander und mit den Behörden solche Bündnisse in weiteren Branchen und Regionen gründen.

Wir werden uns zudem dafür einsetzen, dass sich die einzelnen Branchenbündnisstrukturen besser untereinander vernetzen und damit einen noch effektiveren Beitrag zur Bekämpfung von Schwarzarbeit leisten können.

Gemeinsam auf europäischer Ebene handeln:

Die anstehende Umsetzung der Durchsetzungsrichtlinie in deutsches Recht darf nicht zu einer Schwächung des bewährten Kontrollinstrumentariums nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz führen. Darüber hinaus fordern DGB und ZDH die europäischen Institutionen auf, zügig die bereits im Grundsatz beschlossene Einrichtung einer Europäischen Plattform gegen Schwarzarbeit unter enger Einbindung der Sozialpartner voranzutreiben.

Anpassungen bei der Umsatzsteuer

Die sogenannte Kleinunternehmergrenze im Umsatzsteuerrecht soll vor allem Existenzgründer in der Phase ihres Geschäftsaufbaus helfen. Zunehmend wird sie allerdings von etablierten Betrieben mit gezielten Geschäftsmodellen genutzt, um sich dauerhaft Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Der Übergang zur Schwarzarbeit ist oft fließend. Deshalb plädieren ZDH und DGB hier für gesetzliche Korrekturen.

Darüber hinaus leistet das Instrument des Steuerbonus für Handwerksleistung einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Schwarzarbeit.

Ordnungspolitisches Umfeld

Neben einem gemeinsamen Vorgehen gegen Fehlentwicklungen ist die Stärkung regulärer Beschäftigung durch angemessene Rahmenbedingungen wie beispielsweise durch Tarifverträge ein entscheidender Beitrag zur Bekämpfung von Schwarzarbeit.

Eckpfeiler dafür sind im Handwerk vor allem der qualifikationsgebundene Berufszugang mittels Meisterbrief und eine ganzheitliche Berufsausbildung. Beides gilt es, nicht zuletzt im europäischen Kontext, zu stärken.

Auch im digitalen Wandel müssen darüber hinaus Ordnungsrahmen gelten, die insbesondere für gewachsene mittelständische Strukturen im Dienstleistungsbereich einen fairen Wettbewerb ermöglichen.


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