Deutscher Gewerkschaftsbund

17.05.2013
klartext 19/2013

Zentralbanker Weidmann liegt falsch

Bundesbankchef Weidmann stimmte als einziges Ratsmitglied gegen die Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank Anfang Mai. Statt sinnvolle Maßnahmen gegen die drohende Rezession mitzutragen, verlangt Weidmann rigoroses Sparen in der Eurozone. Damit gefährdet er das Kernziel der EZB: die Preisstabilität.

In Krisenzeiten hat eine Zentralbank besondere Verantwortung. Da braucht es Währungshüter, die das Richtige tun, um eine Rezession abzufedern. Staatspleiten müssen verhindert, die Eurozone muss gerettet werden. Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, geht in der Krise tatsächlich einen im Grundsatz richtigen Weg: Er kündigt an, zur Not unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen – prompt gehen die überzogenen Zinsen für Staatsanleihen zurück. Auch zu einer abermaligen Leitzinssenkung war die EZB Anfang Mai bereit – wissend, dass keine Inflationsgefahr besteht.

Doch ein Mitglied der EZB-Chefetage, Bundesbankchef Weidmann, tanzt ständig aus der Reihe. Er torpediert öffentlich sinnvolle Maßnahmen und gefährdet damit ihre stabilisierende Wirkung. Ein Novum im Kreis der sonst stillen Zentralbanker. Weidmann war das einzige Ratsmitglied, das gegen die Anti-Krisen-Maßnahmen der EZB stimmte. In einer Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht geißelte seine Bundesbank die EZB-Politik sogar offiziell. Statt konstruktiver Zusammenarbeit ruft Weidmann nach staatlichen Ausgabenkürzungen und „Reformen“ (im Klartext: Lohndruck und Sozialabbau), was ihm als Zentralbanker gar nicht zusteht.

Rezessionsgefahr durch radikale Sparmaßnahmen

Zuletzt wurde er gegenüber dem Nachbarland Frankreich ausfällig und unterstellte der französischen Regierung mangelnden Sparwillen, weil diese die Rezessionsgefahr als Folge eines radikalen Kürzungskurses erkannt hat und Schulden deshalb langsamer abbauen will. Weidmanns Forderung nach rigorosem Sparen gefährdet außerdem das von ihm selbst gepriesene Kernziel der EZB: Die Preisstabilität. Denn in Krisenländern bahnt sich eine Deflation mit ständig sinkenden Preisen an. Der Grund: Durch Ausgaben-, Lohn-, Renten- und Sozialkürzungen sinken Einkommen, Konsum und öffentliche Investitionen. Die Unternehmen verkaufen weniger und unterbieten sich mit Preisnachlässen. Griechenland steckt bereits in einer Deflation. In der Eurozone insgesamt lag die Preissteigerung im April bei nur noch 1,2 % im Vergleich zum Vorjahr (siehe Grafik).

Grafik: Inflationsrate in der Eurozone im Vergleich zum Vorjahr

Grafik: Inflationsrate in der Eurozone im Vergleich zum Vorjahr Quelle: Eurostat

Selbst in Deutschland, wo die wirtschaftliche Lage besser ist, stiegen die Preise im April um lediglich 1,2 %. Geldwertstabilität sieht die EZB aber bei einer Inflationsrate von knapp 2 % gegeben und nicht von 0 %. Der Grund: Sinkende Preise sollen in jedem Fall vermieden werden. Denn eine Deflation ist viel gefährlicher als moderate Preissteigerungen. Sie würde dazu führen, dass immer weniger investiert wird. Keiner gibt schließlich Geld aus, wenn er ständig weiter sinkende Preise erwartet - Gift für die Konjunktur. Während die Zentralbank Instrumente hat, um hohe Inflation zu bekämpfen, entkommt man der Deflation sehr schwer. Weidmann ignoriert das.Ende Januar, als die Preissteigerung schon zurückging, malte er sogar Inflationsgefahr durch Lohnsteigerungen in Deutschland an die Wand. Dabei braucht es dringend höhere Löhne. Das würde auch Nachfrage und Importe in Deutschland erhöhen und damit Europa stabilisieren.


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