Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 009 - 24.01.2012

EU-Finanzpakt: DGB warnt vor Spardiktat und Entmachtung der Parlamente

In einem dringenden Appell zur Zukunft Europas an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments und des Deutschen Bundestages hat der Deutsche Gewerkschaftsbund vor einer einseitigen Sparpolitik und einer Entmachtung der Parlamente durch den geplanten Finanzpakt gewarnt. Der internationale Vertrag zum Finanzpakt soll bereits Ende Januar von den Staats- und Regierungschefs beschlossen werden.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte dazu am Dienstag in Berlin:

„Wir warnen vor dem Sprengsatz des geplanten internationalen Vertrags zum Finanzpakt. Die Staats- und Regierungschefs Europas dürfen sich nicht am EU-Recht vorbeimogeln und ein einseitiges Spardiktat in Beton gießen, das Wachstum und Beschäftigung gefährdet, in eine Schuldenfalle führt und die nationalen Parlamente faktisch entmachtet. Wer eine solch unsoziale Politik zum Programm für Europa erklärt, gefährdet die europäische Integration.“

In seinem Appell fordert der DGB demokratische Verfahren für ein soziales Europa und eine Besteuerung großer Vermögen, um nachhaltiges Wachstum zu fördern und Beschäftigung zu sichern.


Der Appell im Wortlaut:

Ein dringender Appell zur Zukunft Europas an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments und des deutschen Bundestages


In diesen Tagen werden entscheidende Weichen für die Zukunft der Menschen in Europa gestellt. Schon bis Ende Januar 2012 soll ein internationaler Vertrag für einen neuen Finanzpakt vereinbart werden, der nicht in Übereinstimmung mit den bestehenden EU-Verträgen ist, die Rolle der Parlamente schwächt, die Einnahmenseite ausblendet und die wirtschaftliche Stabilität, Wohlstand und soziale Gerechtigkeit in Deutschland und Europa gefährdet.

Auf der Basis nationaler Schuldenbremsen und verschärfter, automatischer Sanktionen soll allen Mitgliedsstaaten eine rigide Haushaltskonsolidierungspolitik vorgeschrieben werden, auf die die nationalen Regierungen und Parlamente dann kaum noch Einfluss nehmen können. Die Gestaltungsrechte der nationalen Parlamente und des Europäischen Parlaments werden damit faktisch außer Kraft gesetzt. Nach den aktuellen Plänen soll der Schuldenstand künftig pro Jahr um ein Zwanzigstel herunter auf 60 % des BIP abgebaut werden. Für Deutschland würde diese Verpflichtung zum Schuldenabbau eine Kürzung von 30 Mrd. Euro in einem Jahr bedeuten. Dies entspricht knapp einem Drittel aller öffentlichen Ausgaben für Bildung und Forschung in Deutschland. Damit würde der Druck auf die nationalen Haushalte auf einen Schlag extrem erhöht und die Länder mit hohem Schuldenstand an den Rand der fiskalischen Handlungsunfähigkeit geführt.

Insgesamt gefährdet eine einseitige Sparpolitik Wachstum und Beschäftigung. Sinkende Steuereinnahmen sind die Folge und damit mehr Schulden. Es droht eine Abwärtsspirale. Dadurch erhöht sich die  Gefahr, dass sich die wirtschaftliche Krise zu einer sozialen Krise in ganz Europa ausweitet. Ausgabenkürzungen, Massenentlassungen, Druck auf die Löhne und sozialer Kahlschlag werden in der Schuldenfalle enden und Europa spalten. Wer so vorgeht, riskiert ein Scheitern der europäischen Integration.

Die Gewerkschaften stehen zu Europa. Wir setzen uns für ein demokratisches Europa ein, in dem das Europäische Parlament mehr zu entscheiden hat als bisher und nicht weniger. Wir wollen, dass die bestehenden Verträge durch ein demokratisches Verfahren (Konvent) verändert und verbessert werden. Wir wollen ein soziales Europa, das die Leistungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Würde der Menschen achtet. Wir sind dafür, dass die Einnahmenseite der Haushalte erhöht wird, zum Beispiel durch eine Besteuerung großer Vermögen in Deutschland und ganz Europa. Dadurch gewinnt man Handlungsfähigkeit für die notwendigen Zukunftsinvestitionen, die in allen europäischen Ländern nachhaltiges Wachstum fördern sowie gute Löhne und Beschäftigung sichern. Das ist aus unserer Sicht das zentrale Element, um die Finanz- und Schuldenkrise der europäischen Staaten zu bewältigen.


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