Deutscher Gewerkschaftsbund

08.12.2015
Werkverträge - Beispiel aus der Praxis

Automobilindustrie: Wertvolle Arbeitsplätze gehen verloren

Auslagerungen an Fremdfirmen nehmen zu

Heute sitzen noch Daimler-Beschäftigte auf dem Stapler, bald werden es Mitarbeiter eines Werkvertragsunternehmens sein: Die Automobilindustrie lagert immer mehr Aufgaben aus und beauftragt Fremdfirmen. Das betrifft die Logistik, aber auch Bereiche wie die Kommissionierung von Produkten oder die Vormontage – und geht zu Lasten der Stammbelegschaft.

Arbeiter bei der Automontage Volkswagen

DGB/Simone M. Neumann

Längst kein Einzelfall mehr: Im Daimler-Werk in Bremen werden Arbeitsplätze in der Logistik an ein Werkvertragsunternehmen vergeben. Dort, wo heute noch Stammbeschäftigte auf dem Stapler sitzen, sind es bald Fahrer einer beauftragten Logistikfirma. Das Nachsehen hat die Stammbelegschaft: Von der Änderung sind etwa 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen. Sie können zwar im Werk bleiben, erhalten aber zum Teil schlechter passende Arbeitsplätze in der Produktion – obwohl viele gerade deshalb in die Logistik gewechselt waren, weil sie die Akkordarbeit in der Montage nicht mehr geschafft haben. Außerdem mussten einige von ihnen vor zwei Jahren schon einmal den Arbeitsplatz wechseln, weil ein billigerer Dienstleister die Aufgaben übernommen hat. Er zahlt seinen Beschäftigten ungefähr die Hälfte dessen, was Daimler-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an einem solchen Arbeitsplatz verdienen würden.

Mehr Fremdfirmen, weniger Chancen für 50plus

Nicht nur in der Logistik auf dem Werkgelände werden Werkverträge eingesetzt. Betroffen sind auch Arbeitsschritte direkt in der Wertschöpfung, zum Beispiel die Kommissionierung von Produkten oder Tätigkeiten in der Vormontage. Dadurch gehen immer mehr Arbeitsplätze verloren, die auch für Menschen mit körperlichen oder gesundheitlichen Einschränkungen geeignet sind. Gerade diese werden aufgrund des demografischen Wandels aber immer mehr benötigt: In vielen Betrieben der Branche liegt der Altersdurchschnitt bei knapp unter 50 Jahren, Tendenz steigend. Betriebe brauchen deshalb Arbeitsplätze, an denen auch Menschen, deren Kraft nachlässt, wertschöpfend arbeiten können.

Austausch durch billigere Mitarbeiter

Die Tendenz, die Fertigungstiefe zu verringern und für bestimmte Leistungen Fremdfirmen zu beauftragen, greift aktuell in vielen Betrieben der Automobilbranche um sich. Künftig könnten vermehrt auch direkte Bereiche der Produktion betroffen sein. Dabei spielt es im Grunde keine Rolle, ob ein Werkvertragsunternehmen die Tätigkeiten auf dem Werksgelände oder in eigenen Produktionsanlagen ausführt. Die Auswirkungen für die Daimler-Stammbelegschaft sind die gleichen: Ihre Arbeit wird von billigeren Beschäftigten erledigt.

Schlupflöcher müssen geschlossen werden

Die aktuellen Gesetze helfen hier nur bedingt. Wenn der Betriebsrat Verstöße entdeckt, grenzt der Arbeitgeber in der Regel genauer ab und organisiert die Arbeit so, dass komplette Bereiche ausgelagert werden. Es wurde auch schon beobachtet, dass Arbeitsplätze von Werkverträgen auf Leiharbeit gewandelt werden. Um das zu unterbinden ist ein möglich konkretes Gesetz nötig, das keine Schlupflöcher lässt.

Beispiel von: Ralf Wilke, Betriebsrat und Leiter des IG Metall Vertrauenskörpers Mercedes Benz, Bremen

Aus der DGB-Broschüre "Werkverträge - Missbrauch stoppen"


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Debattenmagazin GEGENBLENDE: Leiharbeit und Werkverträge in der Automobilindustrie

 


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