Um 20 Milliarden Euro sind die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) allein zwischen 2013 und 2015 gestiegen. Doch wer annimmt, dass solche Kostensteigerungen gleichermaßen von Beschäftigten und Arbeitgebern getragen werden, liegt leider falsch. Das muss sich ändern, schreibt DGB-Vorstand Annelie Buntenbach in der Kolumne "Gastwirtschaft" der Frankfurter Rundschau.
DGB/Simone M. Neumann
Annelie Buntenbach ist Mitglied des DGB-Bundesvorstandes. Sie schreibt regelmäßig als Autorin für die Kolumne Gastwirtschaft der Frankfurter Rundschau.
Um 20 Milliarden Euro sind die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) allein zwischen 2013 und 2015 gestiegen. Doch wer annimmt, dass solche Kostensteigerungen gleichermaßen von Beschäftigten und Arbeitgebern getragen werden, liegt leider falsch. Denn der Gesetzgeber hat den Arbeitgeberanteil der GKV-Beiträge eingefroren. Zwar waren seit 2015 insgesamt 14,6 Prozent zu zahlen, wovon Arbeitgeber und Arbeitnehmer je die Hälfte, also 7,3 Prozent, trugen. Aber im Gesetz steht auch, dass künftige Kostensteigerungen allein von den Arbeitnehmern zu tragen sind. Ihre Beiträge liegen inzwischen durchschnittlich um 1,1 Prozent höher, nämlich bei 8,4 Prozent. Für einen Arbeitnehmer im Jahr 2017 bedeutet das Mehrbelastungen von im Schnitt fast 400 Euro, während die Arbeitgeber keine zusätzlichen Lasten tragen - trotz gut gehender Wirtschaft und stabilen Unternehmensgewinnen. Ist das gerecht? Wohl kaum. Absehbar ist, dass sich die Situation weiter verschärft. Prognosen rechnen mit einem Anstieg der Arbeitnehmer-Zusatzbeiträge der GKV auf durchschnittlich bis zu 910 Euro im Jahr 2021. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs.
Denn seit dreißig Jahren wird Gesundheitspolitik mit dem Ziel gemacht, Unternehmen zu entlasten. So wurden zahnmedizinische Leistungen aus der GKV ausgegliedert, die heute privat bezahlt oder versichert werden müssen. Bei Einführung der Pflegeversicherung wurde den abhängig Beschäftigten ein gesetzlicher Feiertag gestrichen. Und die Höhe des Krankengeldes wurde auf 70 Prozent des Einkommens gesenkt. Insgesamt tragen die Arbeitnehmer zurzeit eine zusätzliche Finanzlast von über 61 Mrd. Euro jährlich. Gerade Menschen mit kleinen Einkommen sind dadurch schnell überlastet. Um hier die Weichen neu zu stellen, müssen als Erstes Arbeitgeber und Arbeit-nehmer wieder den gleichen Anteil der Krankenkassenbeiträge zahlen. Überproportional belastete Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen und mit Kindern brauchen eine größere Entlastung. Auf der Tagesordnung bleibt auch die schrittweise Einführung der Bürgerversicherung in der GKV, in die alle einzahlen müssen. Leistungen wie Zahnersatz für Erwachsene gehören zurück in die GKV, sonst bleiben die Betroffenen weiter auf den hohen Kosten sitzen und Armut zeigt sich bei jedem Lächeln.
Annelie Buntenbach: Kolumnen zu Wirtschaft, Arbeit, Sozialpolitik
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