Privat
Peter Masuch, ver.di-Mitglied und langjähriger Vorsitzender des Richterrates, ist seit dem 1. Januar 2008 Präsident des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel. Masuch war schon vorher als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundessozialgericht und von 1993 bis 1995 beim Bundesverfassungsgericht tätig. Am 2. Mai 1996 wurde er zum Richter am Bundessozialgericht ernannt.
Magazin für Beamtinnen und Beamte: Seit 1998 sind Sie wiederholt zum Vorsitzenden des Richterrats gewählt worden. Als Präsident des Bundessozialgerichts sind Sie nun Behördenleiter und Dienstvorgesetzter der RichterIinnen, Beamtinnen und Beamten und der Tarifbeschäftigten. Welche Bedeutung hat dieser Rollenwechsel für Sie?
Peter Masuch: Ich wechsle die Rolle, gebe aber nicht meine Grundsätze preis. Als Richterratsvorsitzender konnte ich über viele Jahre mit dem Vertrauen des Richterkollegiums im Rücken an der Gerichtsverwaltung mitwirken, oftmals auch über das beteiligungsrechtlich Gebotene hinaus. Auch als Präsident möchte ich die Belange der Angehörigen des BSG im Auge behalten und nicht als „Präsident von oben herab“ handeln.
Welche Herausforderungen stellen sich Ihnen in Ihrer neuen Funktion? Was wollen Sie bewirken?
Das BSG mit seinen 240 Angehörigen ist gleichsam ein mittelständisches Unternehmen, das ich zum Erfolg führen möchte. Wir räumen gerade unser Dienstgebäude und ziehen für zwei Jahre in eine Zwischenunterbringung. Arbeitsbedingungen und Arbeitsprozesse werden sich in der schwierigen Zeit des Umbaus ändern. Während der Umbauzeit richten wir uns in unseren Köpfen auch schon in dem neuen Dienstgebäude ein: Die Arbeitsorganisation wird den verbesserten räumlichen Bedingungen angepasst und noch effektiver werden. Damit wollen wir der Funktion des BSG dienen, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit unter den Bedingungen einer sich wandelnden Gesellschaft und Sozialverfassung zu sichern.
Im Zusammenhang mit den Gesetzentwürfen zur gerichtlichen Verfahrensbeschleunigung und zu den Gerichtsgebühren ist auch die Zusammenlegung von Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit wieder stärker ins Blickfeld geraten. Was halten sie von diesen Plänen?
Die Debatte um eine Zusammenlegung der öffentlichrechtlichen Gerichtsbarkeiten kommt regelmäßig auf, im Dezember erst hat der Bundesrat wiederum einen dahingehenden Beschluss gefasst. Ich darf unseren Sozialminister Olaf Scholz zitieren: „Ich halte von diesen Bestrebungen nichts, weil anderes verloren ginge, das sehr wichtig ist für unseren Sozialstaat: Die Sozialgerichte ermöglichen, dass auch die Schwächeren und Schwächsten Unterstützung bekommen, wenn sie ihre Rechte durchsetzen wollen. Sie sorgen für eine gewisse Waffengleichheit in der Auseinandersetzung der staatlichen Sozialbürokratie.“
Wenn es hier überhaupt etwas zu verbessern gibt, dann sorgt das zurzeit diskutierte Sozialgerichtsgesetz-Änderungsgesetz dafür. Wir alle wissen, dass die Sozialgerichts-barkeit stark damit belastet ist, die zusammengelegte Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu bewältigen. Gerade in Zeiten solch schwerwiegender Sozialreformen bringt es keinen Nutzen, sondern im Gegenteil erheblichen Schaden, wenn dann auch noch der Rechtsschutz durch einen Umbau geschwächt wird. Die Sozialgerichtsbarkeit ist sächlich und personell gut aufgestellt und den Aufgaben gewachsen.
Welche Bedeutung hat für Sie die Einbeziehung der Sozialpartner in die Gerichtsbarkeit? Würden Sie sagen, die Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen RichterInnen hat sich bewährt?
Zu den bewährten und schützenswerten Besonderheiten der Sozialgerichtsbarkeit gehört gerade auch die Einbeziehung der Sozialpartner als ehrenamtliche Richter. In jeder Instanz wirken bei den Entscheidungen über Klage, Berufung und Revision jeweils zwei ehrenamtliche Richter mit. D. h. also, dass beim BSG Senate aus drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern über die Hauptsachen entscheiden. Die Fachkompetenz der Berufsrichter und die Beteiligung der ehrenamtlichen Richter stärken den sozialen Frieden in unserem Land.