Löhne sind in der Regel sittenwidrig, wenn sie weniger als Zwei Drittel des orts- und branchenüblichen Tariflohns betragen. Ändert der gesetzliche Mindestlohn daran etwas? Können Löhne über 8,50 Euro künftig auch noch "sittenwidrig" sein?
DGB/Simone M. Neumann
Die konkreten Fragen:
Haben die Urteile des Bundesarbeitsgerichts zur Sittenwidrigkeit der Löhne auch noch Bestand, wenn das Mindestlohngesetz in Kraft ist? Also kann man sich noch auf Sittenwidrigkeit berufen, auch wenn der Lohn über 8,50 Euro pro Stunde liegen sollte?
Ja, davon gehen die Experten aus. Als sittenwidrig gelten Löhne dann, wenn sie weniger als Zwei Drittel des orts- und branchenüblichen Tariflohns betragen, auch wenn sie dabei über dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro liegen.
Wenn etwa in einem Wirtschaftszweig ein Tariflohn von 14 Euro üblich ist, wären Arbeitslöhne unter 9,33 sittenwidrig. Aber ganz gleich, wo nach bisheriger Rechtsprechung die Sittenwidrigkeits-Grenze liegt: unter 8,50 Euro darf der Lohn (außer in den Fällen mit Ausnahmen/Übergangsfristen) nicht betragen, da der gesetzliche Mindestlohn ab 1. Januar 2015 eine untere Haltelinie zieht: Wenn also ein Tariflohn von 9 Euro ortsüblich ist – die Sittenwidrigkeit also bei weniger als 6 Euro beginnen würde - ist dennoch der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro fällig.