Der schleichende Wertverlust der gesetzlichen Rente, der finanzielle Rückzug der Arbeitgeber und die Privatisierung der Alterssicherung: Wenn es nach der Union geht, läuft bei der Rente bis 2030 alles weiter wie bisher. Doch viele Menschen haben keine Zeit, so lange zu warten, schreibt DGB-Vorstand Annelie Buntenbach in der Frankfurter Rundschau: Ihnen droht sozialer Abstieg oder Altersarmut.
DGB/Simone M. Neumann
Annelie Buntenbach ist Mitglied des Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes. Sie schreibt regelmäßig als Autorin für die Kolumne Gastwirtschaft der Frankfurter Rundschau.
Im Restaurant guckt der Gast auf die Speisekarte, um zu sehen, was die Küche zu bieten hat. Bestellt wird dann Schweinshaxe oder Tofu-Schnitte – ganz nach Geschmack. Vor dem Gang zur Wahlurne gucken wir in die Programme der politischen Parteien (zumindest idealerweise), um zu erfahren, was uns die Bewerber für die nächsten vier Jahren anbieten. Dumm nur, wenn sie uns das nicht verraten – so wie CDU/CSU beim Thema Rente.
Die Union sieht bis 2030 keinen Handlungsbedarf und will das Thema nach der Wahl erst einmal ein paar Jahre in einer Kommission diskutieren lassen. Bis sie ihre Vorschläge unterbreitet, liefe alles weiter wie bisher: der schleichende Wertverlust der gesetzlichen Rente, der finanzielle Rückzug der Arbeitgeber und die Privatisierung der Alterssicherung. Auch die Leistungen, die eigentlich von allen über Steuern bezahlt werden sollten, würden weiter nur von denen getragen, die in die Sozialkassen einzahlen - wie die 7 Milliarden Euro jährlich für die so genannte Mütterrente.
Viele Menschen haben aber keine Zeit, noch eine Rentenkommission abzuwarten (es wäre die vierte seit 2004). Ihnen droht in Zukunft sozialer Abstieg im Alter oder sogar Altersarmut. Das fallende Rentenniveau senkt nämlich nicht nur den Wert aller Renten, sondern steigert auch die Kosten der Beschäftigten. Sie müssen privat vorsorgen, damit die Rente später nicht allzu niedrig ausfällt. Und vier Prozent „riestern“ reicht nicht, um die Lücke zu schließen, die in der gesetzlichen Rente gerissen worden ist. Noch schlechter sind diejenigen dran, die so wenig verdienen, dass sie sich private Vorsorge gar nicht leisten können und sehenden Auges auf eine viel zu schmale Rente zusteuern.
Deshalb brauchen wir nach der Wahl schnell einen Kurswechsel zur Stärkung der gesetzlichen Rente - mit einem stabilen, höheren Rentenniveau, einer paritätischen Kostenbeteiligung der Arbeitgeber und einer Rente, die für ein Leben in Würde reicht. Dabei geht es vor allem um die Rentner von morgen und übermorgen. Wir müssen ihnen sehr bald beweisen, dass sie Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung haben können. Die hat nämlich mit Abstand die beste Rendite, ist vergleichsweise unkompliziert und vor allem solidarisch.
von Annelie Buntenbach