Deutscher Gewerkschaftsbund

21.04.2011
klartext 15/2011

Derivategeschäfte - alter Wein in neuen Schläuchen

Die Zeit der öffentlichen Reue in der Bankenbranche ist vorbei. Nun machen die Geldinstitute dort weiter, wo sie vor der Krise aufgehört haben. Ein wiederentdecktes und beliebtes Spielfeld ist der Derivatemarkt – die gehandelten Vermögenswerte betragen das Zehnfache des Weltjahressozialproduktes.

Banken finden wieder Gefallen an ihrer Tätigkeit. Die Zeit der öffentlich beteuerten Reue ist vorbei. Nun machen sie dort weiter, wo sie vor der Krise aufgehört haben. Ein wiederentdecktes und beliebtes Spielfeld: Der Derivatemarkt. Doch Emittenten trauen sich nur mit neuer Maskerade aus der Deckung. Neue Markennamen dienen zur Verschleierung der eigentlichen Muttergesellschaft. Kein Wunder: So ist ihr Ruf in der Krise doch arg in Mitleidenschaft geraten. Neue Namen sollen einen Neuanfang symbolisieren. Mit der Vergangenheit hat man abgeschlossen, der Blick geht nun Richtung Zukunft - transparenter, kompetenter und erfolgreicher denn je. Doch nur weil das Kind einen neuen Namen trägt, ist noch lange kein Neues aus ihm geworden. Letztendlich ist dies nur alter Wein in neuen Schläuchen. Das birgt Gefahren für die globale Finanzmarktstabilität.

Grafik: Bestand außerbörslicher Derivate weltweit

Nominalwerte jeweils zum Ende des Halbjahres; in Billionen US-Dollar. GrafiK: DGB/Zahlen: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS)

Derivate sind Finanzprodukte, deren Wert sich vom Preis anderer Vermögensgegenstände (Basiswerte), wie Rohstoffe, Aktien oder Zinssätze, ableiten. Solche Geschäfte werden zur Absicherung gegen Wertverluste oder eben, wie so oft, zur Spekulation eingesetzt. Sie können über die Terminbörse laufen oder über außerbörslichen Plattformen stattfinden. Die meisten Akteure bevorzugen den außerbörslichen Handel, da dieser weitestgehend unreguliert und nicht standardisiert ist – der ideale Spielplatz für Spekulationen.

Bei der Namenfindung sind die Unternehmen durchaus kreativ. Die neuen Lieblingskinder der Finanzinstitute heißen beispielsweise Bmarkets, GSQuartix oder Eniteo, was soviel wie die „Erleuchtung“ heißt. Dahinter stecken die Muttergesellschaften Barclays, Goldman Sachs und die DZ Bank. Doch die Umbenennung hat ihren Preis. So müssen die Institute Millionen für Werbung und Marketing berappen. Denn der Markt ist umkämpft. So tummeln sich derzeit so viele Anbieter wie nie zuvor auf dem Derivatemarkt. Mehrere hunderttausend solcher Derivate werden den umworbenen Anlegern feilgeboten. Auf der anderen Seite können Finanzinstitute durch ihre neuen Marken zukünftige Geschäfte unbelasteter betreiben. Das senkt die Risikoaufschläge bei ihren Produkten.

Das Geschäft ist finanziell sehr einträglich. Den außerbörslichen Geschäften liegen Vermögenswerte von unvorstellbaren 600.000 Milliarden US-Dollar zugrunde. Das ist etwa das Zehnfache des jährlichen Weltsozialproduktes. In den letzten Jahren hat dieses Geschäftsfeld ein rasantes Wachstum hingelegt. So hat sich der zugrundeliegende Wert der Derivate seit der Jahrtausendwende mehr als versechsfacht (siehe Abbildung).

Derivatgeschäfte müssen eingedämmt werden. Sobald sie spekulativen Charakter haben, gehören sie generell verboten. Auch der Irreführung der Anleger durch die Verschleierung der Herkunft muss ein Riegel vorgeschoben werden. Institute müssen mit offenen Karten spielen, damit die „Erleuchtung“ keine neue Finanzkrise prophezeit.


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