Wer kann mit wem, bei wem laufen die Fäden zusammen? Und wer steht im Betrieb eher abseits? Mit jeder Mail, jedem Tweet und jedem Like fallen Kommunikationsdaten an, mit denen Arbeitgeber die sozialen Beziehungen der Angestellten analysieren können. Eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung hat untersucht, wozu das führen kann - und wie man sich dagegen wehrt.
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Durch elektronische Kommunikation fallen in Unternehmen immer mehr Daten an, die die Interaktionen unter Beschäftigten dokumentieren. Wer sie analysiert, erfährt eine Menge über die sozialen Strukturen im Betrieb, über Kooperation, Konflikte und Motivation unter den Beschäftigten: Bei wem laufen die Fäden zusammen? Wer ist ein gefragter Ansprechpartner und Ratgeber? Wer steht eher am Rande und bekommt selten Antworten auf seine Mails oder Beiträge im firmeninternen Social Network? Mit jeder Mail, jedem Chat und jedem Like wird der "soziale Graph" um eine Beziehung zwischen Kollegen und Kolleginnen ergänzt.
Noch haben Arbeitgeber keinen Einblick in diese Daten - doch technisch ist es bereits möglich, solche Beziehungsgeflechte zu konstruieren und für Personalentscheidungen zu nutzen. Das zeigt eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie. Die Forscher weisen darauf hin, dass bereits erste Softwareprodukte auf dem Markt sind, die persönliche Stellungen und soziale Beziehungen der Belegschaft analysieren können. Systeme wie „Workplace Analytics“ von Microsoft oder „Organisational Analytics“ von IBM etwa hätten dieses Potenzial.
In Zukunft könnten Unternehmen solche Programme verstärkt nutzen, "um in die Belegschaft hineinzuhorchen", so die Autoren der Studie. Arbeitgeber, die Entlassungen planen, könnten sich dann zum Beispiel an den Ergebnissen der Analysen orientieren: Wer nicht gut genug vernetzt ist, muss mit beruflichen Nachteilen rechnen oder riskiert sogar die Kündigung.
Noch sind solche Szenarien Zukunftsmusik. Damit es nicht soweit kommt, sind neben der Politik die Betriebsräte gefordert. Sie müssen den Arbeitgebern genau auf die Finger schauen, wenn es um das Sammeln und Auswerten von Daten mit „sozialen Graphen“ geht, so die Hans-Böckler-Stiftung. Rechtlich seien solchen Formen der Vorratsdatenspeicherung zwar relativ enge Grenzen gezogen - doch das geltende Recht müsse auch effektiv durchgesetzt werden.
Die komplette Studie zum Download: Heinz-Peter Höller, Peter Wedde: Die Vermessung der Belegschaft.