Deutscher Gewerkschaftsbund

Urteile: Arbeitswelt und digitale Technik

19.12.2016

Facebook-Hetze: Bei Fehlverhalten ist Abwägung nötig

einblick Januar 2017

Ein Bahn-Mitarbeiter hatte ein Foto auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht, welches das Eingangstor des Konzentrationslagers in Auschwitz mit dem Schriftzug „Arbeit macht frei“ zeigt. Darunter ist in polnischer Sprache zu lesen: „Polen ist bereit für die Flüchtlingsaufnahme“. Der auf Facebook eingestellte Text und das Foto seien nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt, urteilte das Arbeitsgericht Mannheim. Das Gericht beschied aber auch, dass die außerordentliche als auch die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Mitarbeiters unwirksam sind.

Teaser Justiz Gericht Urteil Recht

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Der Fall: Der Bahn-Mitarbeiter hatte ein Foto auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht, welches das Eingangstor des Konzentrationslagers in Auschwitz mit dem Schriftzug „Arbeit macht frei“ zeigt. Darunter ist in polnischer Sprache zu lesen: „Polen ist bereit für die Flüchtlingsaufnahme“. Dieser polnische Text war auf Anfrage eines Lesers vom Arbeitnehmer übersetzt worden. Weiter befindet sich auf der Seite auch ein Foto des Fahrzeugführers in Uniform vor einem Zug der Arbeitgeberin. Sein Steckbrief enthält überdies die ausdrückliche Angabe, dass er bei der DB Regio AG/ S-Bahn Rhein-Neckar und DB Bahn beschäftig sei. Der Arbeitgeber hatte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos (hilfsweise fristgerecht) gekündigt. Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich.

Das Arbeitsgericht: Das Verhalten des Bahn-Mitarbeiters stellt eine Pflichtverletzung dar. Bereits die Verwendung des Eingangstors von Auschwitz oder des Satzes „Arbeit macht frei“ ist in Deutschland „tabuüberschreitend“ und mute in Verbindung mit Flüchtlingen „menschenverachtend“ an. Dass es sich dabei um „Satire“ handele, worauf sich der Arbeitnehmer beruft, ist objektiv nicht erkennbar. Der auf Facebook eingestellte Text und das Foto sind deshalb auch nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt und außerdem geeignet, sich zu Lasten des Arbeitgebers „ruf- und geschäftsschädigend“ auszuwirken. Dennoch fällt eine abschließend vorzunehmende Abwägung der Interessen der Parteien insbesondere angesichts des ungestörten Verlaufs des Arbeitsverhältnisses über 14 Jahre hinweg auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich der Arbeitnehmer unmittelbar danach beim Arbeitgeber entschuldigt und das Foto auf seinem „Facebook-Account“ sofort gelöscht hat, zu seinen Gunsten aus.

Arbeitsgericht Mannheim, Urteil vom 19. Februar 2016 – 6 Ca 190/15


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