Der gesetzliche Mindestlohn ist wohl die bedeutendste, aber nicht die einzige Neuerung, die für Beschäftigte und Sozialversicherte zum Jahreswechsel ansteht. Wir fassen die wichtigsten Änderungen zum 1. Januar 2015 zusammen: von der Pflegereform 2015 bis zu den neuen Beitragsbemessungsgrenzen.
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Ab 1.1.2015 gilt der gesetzliche Mindestlohn nach dem "Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns" (MiLoG). Damit gilt ein bundesweiter gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Für einige Beschäftigftengruppen gelten allerdings Ausnahmen, für einige Branchen Übergangsfristen:
kann der gesetzliche Mindestlohn in einer Übergangsfrist bis zum 1.1.2017, beziehungsweise zum 1.1.2018 noch unterschritten werden – im Detail:
In mehreren Branchen steigen zum 1.1.2015 die tarifvertraglich vereinbarten und für allgemeinverbindlich erklärten Branchenmindestlöhne. Konkret sehen die Mindestlohn-Tarifverträge in folgenden Branchen steigende oder neue Mindestentgelte zum 1. Januar 2015 vor:
Download: Überblick über alle allgemeinverbindlichen Branchen-Mindestlöhne (WSI-Tarifarchiv)
DGB/Simone M. Neumann
DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach: "Die volle Lohnfortzahlung nimmt den Druck von den Beschäftigten."
Keine Änderung, aber ein Jubiläum zum 1.1.2015: Der volle Lohnfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall wird 45: Am 1.1.1970 trat mit dem Lohnfortzahlungsgesetz (heute Entgeltfortzahlungsgesetz) erstmals eine Regelung in Kraft, wonach alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Anspruch auf volle Fortzahlung des Gehalts bei Krankheit erhielten – eine historische Errungenschaft, für die die Gewerkschaften lange gekämpft hatten.
Damit galt eine solche weitgehende Regelung erstmals auch für Arbeiterinnen und Arbeiter, zuvor waren sie gegenüber den Angestellten bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall benachteiligt gewesen.
Heute können sich viele Arbeitnehmer kaum noch vorstellen, dass früher Krankheit gleichbedeutend mit Verdienstausfall sein konnte. "Die volle Lohnfortzahlung nimmt den Druck von den Beschäftigten, aus finanziellen Gründen auf eine Krankmeldung zu verzichten", erklärt DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach anlässlich des Jubiläums.
Heute ist die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ein Kernstück der sozialen Sicherung in Deutschland und wird von vielen Arbeitnehmern als selbstverständlich erachtet. "Allerdings wissen viele Teilzeitkräfte und viele geringfügig Beschäftigte nicht, dass auch sie einen Anspruch auf Vergütung der durch Krankheit ausgefallenen Arbeitszeit haben", so Buntenbach weiter. "Tatsächlich haben alle Beschäftigten, auch Minijobberinnen und Minijobber darauf Anspruch, wenn sie schon länger als einem Monat beschäftigt sind."
Für das Gesetz zur Lohnfortzahlung standen tarifliche Regelungen Pate. Mit einem sechzehnwöchigen Streik in der Metallindustrie in Schleswig-Holstein erkämpften die Arbeiter in den Jahren 1956 und 1957 eine tarifvertragliche Regelung, die den damaligen Gesetzgeber dazu veranlasste, die Frage der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gesetzlich zu regeln. Allerdings wurde das Gehalt in den ersten drei Tagen der Krankschreibung, den sogenannten "Karenztagen", nicht fortgezahlt. Erst die große Koalition führte 1969 die Lohnfortzahlung in ihrer heutigen Form (und damit die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten bei der Lohnfortzahlung) zum 1. Januar 1970 ein.
Geschichte der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in Deutschland
Ab 1.1.2015 gelten neue Beitragsbemessungsgrenzen in den gesetzlichen Sozialversicherungen. Bis zur Bemessungsgrenze in der jeweiligen Sozialversicherung werden Sozialversicherungsbeiträge auf das Gehalt erhoben. Die Teile des Gehalts, die über der Bemessungsgrenze liegen, sind beitragsfrei. Wer also beispielsweise in Westdeutschland 7.000 Euro monatlich verdient, muss nach den neuen Bemessungsgrenzen für 2015 zur allgemeinen Rentenversicherung nur auf 6.050 Euro monatlich Rentenversicherungsbeiträge zahlen, auf die übrigen 950 Euro nicht.
Infos der Bundesregierung zu den neuen Bemessungsgrenzen 2015
Infos des Arbeits- und Sozialministeriums zu den neuen Bemessungsgrenzen 2015
DGB/Simone M. Neumann
Das Pflegestärkungsgesetz I tritt zum 1.1.2015 in Kraft. Das Pflegestärkungsgesetz II soll im Laufe dieser Legislaturperiode folgen.
Mit dem Pflegestärkungsgesetz I wird 2015 der Beitragssatz zur gesetzlichen Pflegeversicherung um 0,3 Prozentpunkte auf 2,35 Prozent, beziehungsweise 2,6 Prozent für Kinderlose, steigen. Mit dem Pflegestärkungsgesetz II soll der Beitrag dann später um weitere 0,2 Prozentpunkte steigen, um die Einführung eines neuen, erweiterten Pflegebegriffs zu finanzieren. Die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung könnten durch die Reformen insgesamt um etwa 20 Prozent ausgeweitet werden, so das Bundesgesundheitsministerium.
"Wir unterstützen diese Beitragsanhebung, weil dadurch die Situation der pflegebedürftigen und der pflegenden Menschen verbessert wird", so DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. "Diese Beitragsentwicklung zeigt, dass auch der Gesetzgeber erkannt hat, wie wichtig es ist, eine leistungsfähige Pflegeversicherung zu haben, die den Herausforderungen wirklich gewachsen ist. Das ist eine gute Sache."
Das erste Pflegestärkungsgesetz wird unter anderem folgende Neuerungen und Verbesserungen bringen:
Alle Änderungen nach dem Pflegestärkungsgesetz I listet das Bundesgesundheitsministerium online auf.
Der DGB informiert in einer Broschüre über die Pflegereform 2015.
Zum 1.1.2015 werden die Regelsätze für die Grundsicherung erhöht. Das gilt
Die neuen Regelsätze:
Regelbedarfsstufe | neuer Regelsatz ab 1.1.2015 |
---|---|
Regelbedarfsstufe 1 Alleinlebende |
399 Euro |
Regelbedarfsstufe 2 Paare/Bedarfsgemeinschaften |
360 Euro |
Regelbedarfsstufe 3 Erwachsene im Haushalt anderer |
320 Euro |
Regelbedarfsstufe 4 Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahren |
302 Euro |
Regelbedarfsstufe 5 Kinder von 6 bis unter 14 Jahren |
267 Euro |
Regelbedarfsstufe 6 |
234 Euro |