1994 wurde aus den Bundeseisenbahnen Deutsche Bundesbahn und Deutsche Reichsbahn die Deutsche Bahn AG. Diese betreibt die Strecken, Bahnhöfe und Züge seitdem als privatrechtlich organisiertes Staatsunternehmen. Der Personennahverkehr wurde regionalisiert und die Streckennetze wurden für andere privatwirtschaftliche Wettbewerber geöffnet. Die Beamtinnen und Beamten der früher als Bundesbehörden geführten Eisenbahnen gelten seit der Bahnreform als „geschlossener Bestand“. Das Bundeseisenbahnvermögen ist ihr Dienstherr. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) schildert für das Magazin für Beamtinnen und Beamte die Herausforderungen der Mitbestimmung im Unternehmen.
DGB
In diesem Jahr werden zum siebten Mal seit 1994 im Organisationsbereich der EVG bei der Deutschen Bahn AG (DB AG) die „Besonderen Personalräte“ gewählt. Ihr Job ist auch ein „besonderer“: Interessenvertretung von Beamtinnen und Beamten in einem privatwirtschaftlich organisierten Umfeld. Sie machen diesen Job mit hohem Engagement und mit viel Motivation – und mit großem Erfolg.
Die Personalvertretung ist schwächer ausgestattet als die betriebliche Mitbestimmung. Eine echte Mitbestimmung gibt es in diesem Bereich nicht. Sind Personalratswahlen also eigentlich egal? Ganz und gar nicht. Die „Besonderen Personalräte“ haben, unterstützt von ihrer Gewerkschaft, in den vergangenen Jahren einiges erreicht für die Beschäftigten, zum Beispiel:
Beamtinnen und Beamte bei der Bahn sind keine Altlast aus der Vergangenheit der Behördenbahn. Sie leisten ihren Dienst in allen Bereichen des Eisenbahnwesens, als Lokführer, Fahrdienstleiter, Zugbegleiter etc. Schicht- und Wechseldienst sind für viele von ihnen ganz normaler Arbeitsalltag. Beamtinnen und Beamte bei der Bahn sind Eisenbahnerinnen und Eisenbahner von heute. Sie haben die Umbrüche der vergangenen 20 Jahre genauso mitgemacht wie die Tarifkräfte und sie arbeiten mit diesen in vielen Betrieben Hand in Hand. Und diese Veränderungen werden weiter gehen. Das „Eisenbahn- Rad“ dreht sich rasant: Beispiel Schienenpersonennahverkehr. Immer schneller, immer kleinteiliger, immer komplexer wird hier derzeit der Ausschreibungswettbewerb. Allein in Baden-Württemberg sind aktuell drei Ausschreibungsverfahren anhängig. Und bei der Nürnberger S-Bahn haben die Beschäftigten auch mehr als ein Jahr nach der offiziellen Vergabeentscheidung immer noch keine Gewissheit darüber, ob und wie lange sie weiter arbeiten dürfen oder ob sie ein neuer Betreiber übernimmt (Das Beamtenmagazin berichtete). Vor diesem Hintergrund wird die Frage immer wichtiger, ob Beamtinnen und Beamte auch bei nichtbundeseigenen Bahnen bzw. Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) eingesetzt werden können. Auch Beamte sind vom Ausschreibungswettbewerb und damit möglicherweise von Arbeitsplatzverlusten betroffen. Rechtlich besteht diese Möglichkeit nach § 29 Bundesbeamtengesetz bereits und sie wird in einem gewissen Umfang auch genutzt – sofern die Beamtin oder der Beamte das wünscht.
Dies wird eines unserer Themen in den kommenden vier Jahren sein – für uns als EVG, für unsere Betriebs- und unsere Personalräte. Es werden aber für uns noch weitere Themen auf der Agenda stehen:
Darüber hinaus sind die generellen Themen der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft auch Themen für Beamtinnen und Beamte. Es geht um die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf; es geht um vernünftige Dienst- und Schichtpläne; es geht um gute Arbeit generell, um Arbeit, die nicht krank macht, um den Kampf gegen psychische Belastungen, um Wertschätzung.
EVG
Die Kandidatinnen und Kandidaten der EVG kommen aus allen Bereichen der Bahn und sie stehen für die Vertretung aller Beschäftigten. Und: Die EVG hat neue Kandidatinnen und Kandidaten gewinnen können. Mit Blick darauf, dass einige unserer erfahrenen Personalräte in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen, war der Generationswechsel nötig – und wir haben ihn trotz des „geschlossenen Bestandes“ bewältigt. Die Bewerber auf dem Wahlvorschlag weisen einen Altersdurchschnitt von 53,8 Jahren auf, der Anteil der Kandidatinnen liegt mit 20 Prozent knapp über dem Durchschnitt der Beamtinnen im Konzern. 49 Kandidatinnen und Kandidaten sind unter 50 Jahre und der Jüngste ist 43 Jahre alt. Unterstützt werden sie von einem kompetenten Fachbereich Beamtenpolitik und Behörden der EVG mit Vorstandsmitglied Martin Burkert an der Spitze. Wenn nicht wir, wer dann… vertritt die berechtigten Interessen der zugewiesenen Beamtinnen und Beamten gegenüber dem DB-Konzern und dem Bundeseisenbahnvermögen? Sie werden noch lange eine kompetente Interessenvertretung brauchen. Der letzte Beamte wird die DB AG erst im Jahr 2043 verlassen! Und so lange werden Dienstherr und Arbeitgeber mit den Personalräten der EVG rechnen müssen.
Ulrich Nölkenbockhoff, ist Sprecher des Beamtenpolitischen Ausschusses der EVG und Vorsitzender des Besonderen Hauptpersonalrats bei der Präsidentin des Bundeseisenbahnvermögens.