Deutscher Gewerkschaftsbund

14.06.2011
klartext 22/2011

Eurozone: Griechenland am Abgrund

Ein Jahr hat Griechenland gespart, Löhne, Renten und Sozialtransfers gekürzt und öffentliche Ausgaben massiv zurückgefahren. Laut OECD hat kein anderes Industrieland in den letzten 25 Jahren so viel in einem Jahr gespart.

Griechenland kommt nicht zur Ruhe. Es gilt nach wie vor als haushaltspolitisch unfähig, realwirtschaftlich am Ende, politisch unberechenbar. So das vermittelte Bild des ökonomisch unwichtigsten Landes der Eurozone.

Nun zu den Fakten: Ein ganzes Jahr hat Griechenland gespart, Löhne, Renten und Sozialtransfers gekürzt und öffentliche Ausgaben massiv zurückgefahren. Laut OECD hat kein anderes Industrieland in den letzten 25 Jahren so viel in einem Jahr gespart. Dennoch ist immer noch die Rede von den „Nichtskönnern“.

Griechenland war bis vor der Krise eine prosperierende Volkswirtschaft. Zwischen 2000 und 2007 wuchs die Wirtschaft um durchschnittlich 4,1 %. In Deutschland waren es durchschnittlich 1,5 %. Der Staat war wie in jedem Entwicklungsland der Wachstumstreiber, weshalb sich die Neuverschuldung von 3,7 % in 2000 auf 6,4 % des BIP in 2007 erhöhte. Dank robusten Wachstums gelang es der Regierung dennoch, ihre hohe Gesamtverschuldung von 103,4 % in 2000 auf 95,2 % des BIP in 2007 zu reduzieren. Das kräftige Wachstum sorgte auch für eine gute Entwicklung des Arbeitsmarktes. Zwischen 2000 und 2007 sank die Arbeitslosigkeit ähnlich wie in Spanien von 11,2 auf 8,3 %, die Jugendarbeitslosigkeit von 29,1 % auf 22,9 %. Es gelang also ein Rückgang der Arbeitslosigkeit um fast ein Viertel in nur sieben Jahren, während es in der Eurozone nur ein Zehntel war. Dann kam die Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Folgen: Das BIP schrumpfte 2009 um 2,3 und 2010 sogar um 4,3 %, die Arbeitslosigkeit stieg auf 12,6 %, die Jugendarbeitslosigkeit sogar auf 32,9 %. 20 % der Bevölkerung, 23 % der Jugendlichen unter 18 % und 22 % der über 65jährigen sind von Armut bedroht. Die Krise hinterlässt zudem fiskalische Spuren: Die Neuverschuldung ereichte 2009 15,4 % des schrumpfenden BIP. 2010 schaffte es die Regierung trotz konjunkturellen Absturzes, die Neuverschuldung um 4,9 % auf 10,5 % des BIP zu senken. Doch die Gesamtverschuldung stieg auf 142,8 %.

Obwohl der einjährige Sparkurs noch größere Schulden verursachte,  schreibt die „Troika“ aus IWF, EZB und EU-Kommission dem Land einen noch radikaleren Sparkurs und die Privatisierung des Tafelsilbers vor.  Die Folgen: Wachstum und Beschäftigung werden abgewürgt, die Wirtschaft verharrt im Abgrund, die Armut nimmt zu. Und mit jedem „Zwangsverkauf“ an ausländische Investoren entstehen Gefühle der Kolonialisierung und damit antieuropäische Ressentiments.

Die Griechen können der Schuldenfalle nicht entrinnen, weil die Zinslast drückt und die Wirtschaft nicht anspringt. Deshalb muss das Land zuallererst mit einer Stundung der Zinszahlungen in die Lage versetzt werden, haushaltspolitisch Luft zu bekommen. Denn gegenwärtig kann es mit den Steuereinnahmen seine Ausgaben finanzieren. Notwendig ist ein stabiler Wachstumspfad, den man mit einem europäischen Investitions- und Entwicklungsprogramm sowie einem Beschäftigungspakt für Jugendliche fördern kann.


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