Der Betriebsrat des Klinikums Coburg erhält in diesem Jahr den Deutschen Betriebsrätepreis in Gold – für einen historischen Umbruch: In Coburg setzte der Betriebsrat durch, dass erstmals Rotkreuzschwestern an einem deutschen Klinikum den Betriebsrat mitwählen konnten und im Betriebsrat vertreten sind.
Dass die Rotkreuzschwestern jetzt den Betriebsrat mitwählen und im Betriebsrat vertreten sind, ist das Ergebnis einer etwa 15 Jahre langen Auseinandersetzung des Betriebsrats mit dem Arbeitgeber - auch vor diversen Gerichten.
Der Betriebsrat am Klinikum Coburg erreichte nach langen Auseinandersetzungen und Rechtsverfahren die Gleichstellung aller Rotkreuzschwestern - und das nicht nur bei den Betriebsratswahlen: Seit 2017 sind alle ehemaligen Rotkreuzschwestern zudem direkt beim Klinikum beschäftigt und werden nach TVöD, dem Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes, bezahlt.
DGB
Dieser Erfolg des Coburger Betriebsrats sei ein "bahnbrechender Erfolg für prekär Beschäftigte", sagt die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack in ihrer Laudatio. Der Betriebsrat habe es geschafft, eine über Jahrzehnte geltende arbeitnehmerfeindliche Rechtsprechung zu drehen und habe "Engagement weit über das übliche Maß hinaus" gezeigt.
Rotkreuzschwestern arbeiten in Deutschland seit über hundert Jahren in Krankenhäusern mit, gelten aber nicht als Arbeitnehmerinnen: Offiziell sind sie Vereinsmitglieder und werden in der Regel über sogenannte Gestellungsverträge an einem Arbeitsort eingesetzt. Das heißt: Es gibt kein Arbeits- oder sonstiges Vertragsverhältnis, die Rotkreuzschwestern erbringen ihre Leistung allein aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Schwesternschaft.
Das ist längst nicht mehr zeitgemäß, fand der Betriebsrat des Klinikums Coburg – die Jury des Deutschen Betriebsrätepreises gab ihm Recht und verlieh dem Betriebsratsgremium den Deutschen Betriebsrätepreis 2017 in Gold.
Bund-Verlag
Auf dem Deutschen BetriebsräteTag in Bonn wird traditionell auch der Deutsche Betriebsrätepreis verliehen, den die Zeitschrift "Arbeitsrecht im Betrieb" des Bund-Verlags vergibt. Mit der Auszeichnung werden innovative und besonders erfolgreiche Betriebsratsprojekte gewürdigt. Um den diesjährigen Betriebsrätepreis haben sich insgesamt 77 Betriebsratsgremien mit ihren Projekten beworben – zwölf Projekte wurden schließlich nominiert.
Vergeben wird der Preis in Gold, Silber und Bronze. Außerdem gibt es Sonderpreise in den Kategorien "Zukunftssicherung", Gute Arbeit" und "Innovative Betriebsratsarbeit".
In diesem Jahr fand die Preisverleihung am 14. Dezember 2017 statt.
Preisträger in Gold: Betriebsrat Klinikum Coburg - Rotkreuzschwestern werden gleichgestellte Kolleginnen
Preisträger in Silber: Betriebsrat der LEAR Corporation Wismar - Harter Kampf für neues Schichtsystem
Preisträger in Bronze: Betriebsrat von SYNLAB - Mitbestimmungsstrukturen im Konzern aufbauen
Sonderpreis "Zukunftssicherung": Betriebsrat von Berkenhoff: Mitbestimmung beim Verkauf des Unternehmens
Sonderpreis "Gute Arbeit": Betriebsrat der DB JobService - Veränderungsprozesse gemeinsam mit der Belegschaft gestalten
Sonderpreis "Innovative Betriebsratsarbeit": Betriebsrat der Huntsman P&A
Publikumspreis (verliehen per Abstimmung durch die Teilnehmer/innen des Deutschen BetriebsräteTags):
Betriebsrat der LEAR Corporation Wismar
Den Deutschen Betriebsrätepreis in Silber verlieh die Jury an den Betriebsrat der LEAR Corporation Wismar. "Sieben Tage am Stück machen krank" – das beschreibt das enorme Problem, das der Betriebsrat für die Belegschaft lösen musste: Beim Automobilzulieferer in Wismar arbeiteten die Beschäftigten in einem 7-Tage-Modell mit 21 Schichten. Das hatte nicht nur negative Auswirkungen auf die Gesundheit, sondern auch auf die Freizeitgestaltung.
Nach vielen Verhandlungsrunden und Gesprächen gab es 2016 endlich ein Ergebnis: Der Betriebsrat konnte durchsetzen, dass der Wert von bezahlten Pausen in Freizeit umgewandelt wird und den Beschäftigten damit bei gleicher Bezahlung mehr Freizeit zur Verfügung steht. Inzwischen gibt es keinen einzigen 7-Tage-Block mehr, die Beschäftigten arbeiten maximal 6 Tage am Stück und haben dann 2 bis 4 Tage frei.
Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, dankte den Kolleginnen und Kollegen des LEAR-Betriebsrats in seiner Laudatio für ihr Engagement und ihren Einsatz für Abeits- und Gesundheitsschutz und deutlich bessere Arbeitszeiten. Die Arbeitszeitgestaltung im Interesse der Beschäftigten sei eines der wichtigen Zukunftsthemen in der Arbeitswelt.
Der Betriebsrat von LEAR erhielt außerdem den Publikumspreis, über den die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Deutschen BetriebsräteTags abstimmten:
DGB
Den Deutschen Betriebsrätepreis in Bronze erhielten die Betriebsräte von SYNLAB - einem recht jungen aber stark wachsenden Unternehmen, das lange Zeit keine konzernweiten Mitbestimmungsstrukturen hatte.
Die über 4.000 Beschäftigten fühlten sich deshalb immer mehr der Willkür des Arbeitgebers ausgesetzt. Es gab zum Teil erhebliche Gehaltsunterschiede, verbindliche Regelungen zu Arbeitszeit, Urlaub und Weihnachtsgeld fehlten.
Mehrfach wurde versucht, einen Betriebsrat am Hauptsitz der Firma in Augsburg zu gründen, mehrfach scheiterte das Vorhaben. Mit Unterstützung der IG BCE gelang es aber schließlich doch - und dieser Erfolg wurde zur Initialzündung. Es bildeten sich Betriebsräte an verschiedenen Standorten, trotz der komplexen Konzernstruktur mit vielen GmbHs konnte Mitbestimmung schließlich auf Konzernebene etabliert werden.
Bis 2015 wurden in Deutschland bereits rund 2.800 Beschäftigte von Betriebsräten verteten. Zum ersten Mal überhaupt wurden Tarifverhandlungen geführt. Zu Arbeitszeit, Rufbereitschaft und anderen Themen gibt es jetzt Betriebsvereinbarungen.
Diese Arbeit der SYNLAB-Betriebsräte habe Vorbildfunktion und "Strahlkraft über das eigene Unternehmen hinaus", sagte Edeltraud Glänzer, stellvertretende Vorsitzende der IG BCE, in ihrer Laudatio.
Die Preise in den drei Sonderkategorien des Deutschen Betriebsrätepreises gingen an den Betriebsrat von Berkenhoff (Sonderpreis "Zukunftssicherung"), den Betriebsrat der DB JobService GmbH (Sonderpreis "Gute Arbeit") und den Betriebsrat der Huntsman P&A Uerdingen (Sonderpreis "Innovative Betriebsratsarbeit").
Vorstellung aller zwölf nominierten Betriebsrats-Projekte auf einen Blick